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Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Titel: Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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Nächstes rief Rudolf Krobat bei der Agentin in London an, deren Nummer ihm Mark gegeben hatte. Von ihr erfuhr er, dass Mark gerade eine Produktion in Venedig beendet habe und wieder einmal – Marks Agentin kommentierte dies mit einem verzweifelten Seufzer – in der Versenkung verschwunden sei. Jedenfalls wisse sie auch nicht, wo Mark sich jetzt aufhalte. Das sei typisch für ihn, dass er immer wieder untertauche. Und gerade jetzt hätte sie eine Produktion für die
Vogue
. Ob er Mark nicht einmal ins Gewissen reden könne. Er nehme das Leben einfach viel zu leicht. Es fehle ihm an jeglicher Disziplin. Irgendwann war es Rudolf Krobat gelungen, die Agentin in ihrem Redefluss zu unterbrechen und ihr mitzuteilen, dass Marks Großmutter gestorben sei und dass sich Mark sofort bei ihm im Büro oder gleich im Haus am Gardasee melden solle. Die Agentin hatte ihm wenig Hoffnung gemacht, dass dies in den nächsten Tagen zu erwarten war.
    Eilig packte Rudolf Krobat einige Sachen in eine Reisetasche. Keine Viertelstunde später schloss sich das elektrische Tor der Garage hinter seinem silberfarbenen Mercedes.

8
    W ährend Mark von Tronchetto kommend den Schildern
Tutte le direzioni
folgte und über den Ponte della Libertà nach Mestre fuhr, eilte er in Gedanken bereits voraus. Er freute sich ungemein auf die bevorstehende Wanderung. Mehrfach schon hatte er Roberto kurzfristig absagen müssen. Diesmal endlich klappte es.
    Bleiche beziehungsweise blasse Berge werden sie genannt, die Dolomiten, die zu keinem geringen Teil zum Veneto gehören. Ein Zwergenvolk, so die Legende, hat die Berge einst mit Fäden aus Mondlicht eingesponnen, um eine Mondprinzessin auf der Erde zurückzuhalten. Und wenn die Sonne auf- oder untergeht, dann erröten die Gipfel wie das Gesicht eines unschuldigen Mädchens. Erst seit Ende des 18. Jahrhunderts tragen die Zauberberge den Namen Dolomiten. Benannt sind sie nach dem französischen Geologen Déodat de Dolomieu, der den wahren Grund für ihre optische Erscheinung erkannte. Die Mischung aus Kalziumkarbonat und Magnesium nämlich, aus der das Gestein der Berge besteht, ist sowohl für den fahlen Glanz der steilen Wände und bizarren Gipfel als auch für das in den Dolomiten unvergleichlich schöne Schauspiel des Alpenglühens verantwortlich.
    Mark freute sich auf das Treffen mit Roberto in Belluno, dem Ort am Zusammenfluss von Piave und Ardo, an der Grenze zwischen dem venezianischen Tiefland und den Bergen. Von dort würden sie morgen in aller Früh aufbrechen und an dem Fluss Piave entlang nach Norden fahren. Von Pieve di Cadore, dem Städtchen, das vor allem als Tizians Geburtsort bekannt ist, ging es dann noch einige Kilometer weiter Richtung Cortina d’Ampezzo, dem Austragungsort der Olympischen Winterspiele von 1956. Auf einem Parkplatz würden sie das Auto stehen lassen und losmarschieren. Roberto hatte eine Route ausgearbeitet, die sie über einige der schönsten Höhenwanderwege führen würde. Geschlafen würde in
rifugi
, einfachen Schutzhütten. Mark liebte die markanten Felstürme der Dolomiten, vor allem abends, wenn sie von der untergehenden Sonne in rotes Licht getaucht werden. Er hatte ein leistungsstarkes Teleobjektiv dabei, um Gämsen, Alpenschneehühner und Rotwild zu fotografieren. Enzian und Alpenrosen würden ihre Pfade säumen. Eine willkommene Abwechslung für sein geschundenes Fotografenauge. Keine neue, flippige Kollektion irgendeines wild gewordenen Modemachers, sondern die immer währende, unvergleichliche Schönheit der Natur.
     
    Mark folgte den Schildern Treviso SS 13. Noch eine Kreuzung, er schaltete runter, was der Roadster mit einer Fehlzündung beantwortete. Jetzt endlich war er auf der von Platanen gesäumten Straße, die schnurgerade nach Treviso ging. In früheren Jahrhunderten führte wie mit dem Lineal gezogen ein Kanal von Venedig nach Treviso, entlang prachtvoller Villen, die reichen Venezianern gehörten. Später wurde der Kanal zugeschüttet. Er kam durch Mogliano, wo ganz in der Nähe das Hotel Villa Condulmer liegt. Im letzten Jahr hatte er hier mal eine Fotoproduktion für eine deutsche Miederwarenmarke. Die attraktive Pressedame hatte er noch in guter Erinnerung. Leider war es ihm nicht gelungen, bei ihr zu landen. Künstlerpech!
    Mark ließ Treviso hinter sich, jene Stadt an den Flüssen Sile und Botteniga, deren sehenswerte Altstadt schon Dante gepriesen hat und die von Kanälen durchzogen wird. Er genoss die Fahrt über die Landstraße. Und er

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