Vereint
würde ich dabei sein und ihn moralisch unterstützen. »Ich komme mit. Gib mir nur noch eine Sekunde Zeit. Bin noch etwas außer Puste.«
Rush grinste. »Genau so hab ich’s gern!«
Ich hob mein Kleid auf und schleuderte es nach ihm. Dann ging ich zum Wandschrank, in den ich meine Sachen gehängt hatte, und nahm ein Kleid heraus, das schon knapp über den Knien endete und keinen tiefen Ausschnitt hatte. Wenn ich dazu meine kniehohen Stiefel trug, sähe ich immer noch ganz passabel aus.
Ich schlüpfte hinein, drehte mich um und wollte nach meinen Stiefeln greifen.
»Du ziehst Stiefel an? Diese Stiefel?«, fragte Rush, als ich mir den ersten anzog.
»Ja, was dagegen?«
Rush stöhnte auf und schüttelte den Kopf. »Bei diesen verflixten Stiefeln stellt sich jeder Mann unweigerlich vor, wie du wohl aussähst, wenn du nur die Stiefel tragen würdest!«
»Rush. Jetzt reicht’s aber! Wenn’s nach dir geht, will ja jeder mich nackt sehen. Für den Fall, dass es dir entgangen sein sollte: Mein Bauch hat inzwischen schon einen ganz schönen Umfang. Da will kein Mensch mich nackt sehen … außer dir!«
Rush riss beide Augenbrauen nach oben. »Das glaubst du wirklich, oder?«
»Das glaube ich nicht nur, das weiß ich!«
Rush seufzte ergeben auf. »Und genau das ist einer der Gründe, warum du so verdammt unwiderstehlich bist. Na komm, Süße. Gehen wir was essen.«
N un, da Blaire bei dem Dinner an meiner Seite saß, würde ich mich nicht auf Nan konzentrieren können. Schließlich musste ich Blaire beschützen.
Als Nan aus ihrem Koma erwacht war und das mit dem Baby herausgefunden hatte, hatte es fast so ausgesehen, als würde sie Blaire gegenüber ein wenig auftauen. Doch dann hatte sie erfahren, dass Abe nicht ihr Vater war. Sondern Kiro.
Seitdem drehte Nan komplett durch. Ich verstand ihren Wunsch ja, einen Vater zu haben, der sie liebte. Jahrelang hatte ich Abe Wynn gehasst, weil meine kleine Schwester seinetwegen so mies drauf war. Dabei war es gar nicht Abes Schuld gewesen. Meine Mutter hätte mit der Wahrheit herausrücken müssen, und dieser verfluchte Kiro hätte sich seiner Verantwortung stellen und etwas unternehmen müssen, so wie es mein Vater getan hatte.
Als wir das Esszimmer betraten, drückte Blaire mir fest die Hand. Ich ließ den Blick durch den Raum schweifen und entdeckte erleichtert, dass Nan noch nicht da war. Ich wollte, dass Blaire sich schon mal entspannte und Platz genommen hatte, bevor meine Schwester auftauchte.
»Erst forderst du diese Familienversammlung ein und kommst dann zu spät«, meinte Kiro in schleppendem Tonfall, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und ließ den Blick bedächtig über Blaire wandern. So allmählich hasste ich diesen Mann. Aus ganz verschiedenen Gründen.
»Nan ist doch auch noch nicht da. Also sind wir auch nicht zu spät«, erwiderte ich, ging mit Blaire ans andere Tischende, ließ sie neben Dean Platz nehmen und setzte mich an ihre andere Seite.
»Kiro ist ein bisschen neben der Spur. Hat heute schon früh angefangen, Rum zu kippen«, raunte Dean Blaire zu. Sein entschuldigender Blick erinnerte mich daran, dass er nicht so herzlos war wie sein Freund. Er hatte mich nicht einfach ignoriert. Allerdings hatte Kiro Harlow auch nicht ignoriert. Dennoch fragte ich mich, was wohl aus ihr geworden wäre, wenn die Mutter ihrer Mutter sie nicht zu sich genommen hätte. Kiro hat nur das Geld bereitgestellt. Aufgezogen aber hatte ihre Großmutter sie. Er war nur immer mal mit überzogenen Geschenken und Versprechungen aufgetaucht, die er dann niemals gehalten hatte.
»Ich bin einfach ich selbst«, rief Kiro vom anderen Tischende aus. »Rush, du hältst das Mädchen ja ganz schön auf Abstand zu mir, was?«, meinte er und lachte. »Dabei schaue ich sie mir doch nur an, Junge. Ist ja nicht so, als ob ich mich an ihr vergreifen würde. Schließlich kriegt sie ein Kind von dir. Von Schwangeren halte ich mich fern. Nicht, dass mir noch weitere Kinder untergejubelt werden!«
Ich merkte, wie Blaire sich verkrampfte, und ich legte ihr eine Hand aufs Bein. Deshalb musste sie sich wirklich nicht aufregen. War doch okay so. Allerdings konnte er endlich mal aufhören, sie so anzugaffen.
»Daddy, lass Rush und Blaire in Ruhe. Es fühlt sich doch jeder nur unbehaglich, wenn du so daherredest«, sagte Harlow. Sie hatte schweigend zu Kiros Linken gesessen. Harlow sprach nur selten, deshalb war ich an ihre leise und ruhige Stimme gar nicht gewöhnt. Es erstaunte mich noch
Weitere Kostenlose Bücher