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Vereint

Vereint

Titel: Vereint Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abbi Glines
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hinunterkommen. Sie hatte sich die langen blonden Haare hochgesteckt und trug einen hellblauen Badeanzug mit einer durchsichtigen weißen Tunika darüber. Sie wirkte entspannt, doch nach dem, was sie gerade mitgekriegt hatte, legte sie nun besorgt die Stirn in Falten.
    »Ja, das war brutal«, erwiderte ich, zog sie an mich und küsste sie auf die rosigen vollen Lippen. Mir gefiel es gar nicht, sie so oft die Stirn runzeln zu sehen. Sie schlang die Arme um mich und öffnete die Lippen für mich. Ich schmeckte den Pfefferminzgeschmack ihrer Zahnpasta und genoss ihren warmen Mund.
    Sie strich mit den Lippen über meine, und ihr entfuhr ein leises Stöhnen. Am liebsten wäre ich mit ihr auf der Stelle zurück in unser Zimmer gegangen. Sie löste sich ein wenig von mir, und ich sah in ihre halb geschlossenen Augen. Sie lächelte zufrieden. »Harlow sagte, heute sei es warm. Da dachte ich, ich lege mich mal ein bisschen in die Sonne. Ich war zu viel im Haus«, sagte sie.
    Sie brauchte frische Luft. »Eine gute Idee, finde ich. Wieso legst du dich nicht in einen von den Liegestühlen, und ich massiere dir die Füße?«
    Ihre Augen blitzten aufgeregt auf, und ich hätte beinahe losgelacht. In letzter Zeit liebte sie es, sich die Füße massieren zu lassen. Ich wusste, das lag daran, dass sie durch das Baby jetzt mehr Gewicht mit sich herumtrug, und daran war sie nicht gewöhnt. »Das klingt wunderbar«, stimmte sie zu und ließ sich eilig im nächsten Liegestuhl nieder.
    Mein Handy klingelte in meiner Tasche, aber ich ignorierte es. Blaire sah zu mir auf. »Gehst du denn nicht dran?«, fragte sie.
    Ich fischte das Handy aus der Tasche und entdeckte Nans Nummer auf dem Display. Den Anruf ignorierte ich mal besser. Ich wollte mit Blaire zusammen sein. Ihr die Füße reiben und dabei zusehen, wie sie lustvoll das Gesicht verzog.
    »Geh doch einfach dran, Rush. Wenn du’s nicht tust, machst du dir nur Sorgen«, sagte sie.
    Leise fluchend drückte ich auf »Annehmen« und hielt mir das Handy ans Ohr. Bevor ich überhaupt Hallo sagen konnte, begrüßten mich schon Nans laute Schluchzer.
    »Komm mir nicht hinterher, Rush. Ich habe dir gestern Abend gesagt, dass ich Schluss machen will, und so ist es auch. Das war’s. Keiner mag mich, und ich bin am Ende. Mach’s gut, Rush«, weinte sie ins Telefon und beendete das Gespräch dann.
    »Fuck«, knurrte ich und stopfte das Handy in die Hosentasche zurück. Ich musste zu ihr! Ich wollte ja glauben, dass Blaire recht hatte und Nan sich nichts antun würde, aber sicher davon ausgehen konnte ich nun mal nicht.
    »Sie droht wieder damit, sich das Leben zu nehmen«, sagte ich und sah in Blaires enttäuschtes Gesicht. Ich ließ sie mal wieder im Stich. Wie ich das hasste! Ich wünschte, wir wären nie hergekommen, andererseits hätte ich mir auch nie verzeihen können, wenn Nan etwas zugestoßen wäre.
    »Na, geh schon. Es ist okay. Sie braucht dich, also trägt sie dick auf, um deine Aufmerksamkeit zu gewinnen«, erwiderte Blaire. Das klang plausibel. Wahrscheinlich hatte sie recht.
    »Schon, trotzdem können wir auch nicht hundertprozentig davon ausgehen, dass es nur leere Drohungen sind.«
    »Ich weiß.«
    »Sie hat nur mich, Blaire«, schnauzte ich, obwohl ich es gar nicht wollte. Ich war ja überhaupt nicht auf Blaire sauer. Ich war sauer, weil sie so verdammt verständnisvoll war, obwohl sie das gar nicht sein musste. Ich war sauer, weil sie wegen meiner Familie hingehalten wurde. Ich fand es schrecklich, dass sie mich jedes Mal gehen ließ, ohne mir ein schlechtes Gewissen zu machen. Ich fand einfach alles daran schrecklich.
    »Ich weiß«, antwortete sie wieder. Diesmal hörte ich heraus, dass sie verletzt war, und mich quälte es, dass ich das verursacht hatte.
    »Es tut mir leid. Ich muss nur …«
    »Du musst nur schnell mal nach deiner Schwester sehen. Schon klar«, beendete Blaire meinen Satz spitz. Doch damit konnte ich mich jetzt nicht auseinandersetzen. Je länger ich hier stehen blieb, umso schlimmer würde es. Ich würde das später wiedergutmachen. Vielleicht würde ich mit der Drohung, Nan in einer Nervenklinik untersuchen zu lassen, wenn sie nicht mit ihren Selbstmorddrohungen aufhörte, ja etwas bei ihr bewirken können. Dann würden wir nach Rosemary zurückkehren. Ich wollte mein Leben zurück.

I n den nächsten Tagen entwickelten sich die Dinge von angespannt über schlimm zu schrecklich. Rush hielt sich kaum noch in der Villa auf. Und wenn doch, dann nur kurz.

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