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Vereist (German Edition)

Vereist (German Edition)

Titel: Vereist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendra Elliot
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hatte Alex gekontert. Ihrem Blick war er dabei ausgewichen.
    Beim Pokern hatte er die beiden lässig abgezockt. Ryan hatte sich danach zu einem Nickerchen im Frachtbereich ausgestreckt, und Alex hatte den Kopf an die Sessellehne gelegt und die Augen halb geschlossen. Drückendes Schweigen hatte sich über sie gesenkt. Alex hatte Müdigkeit vorgetäuscht. Aber Brynn war nicht entgangen, dass er mit einem Auge stets an der Tür hing. Das hatte er selbst während des Spiels getan und nebenher Kiana beobachtet.Wenn die Hündin ein Geräusch machte, fuhr Alex zusammen, was dann wiederum Ryan und Brynn erschreckte. Irgendwann hatte Alex’ Anspannung endlich ein bisschen nachgelassen. Er schien sich darauf zu verlassen, dass Kiana sie frühzeitig warnen würde, falls sich jemand näherte.
    Brynn verließ sich ebenfalls auf ihre Hündin. Kiana war zwar kein Wachhund, aber wenn sich draußen etwas tat, war sie hellwach. Vermutlich hörte sie trotz des Windes die meisten Geräusche. Brynn betastete Ryans Pistole in ihrer Jackentasche. Ein wenig beruhigend fühlte sich die Waffe tatsächlich an. Aber Alex’ Wachsamkeit gab ihr ein größeres Sicherheitsgefühl.
    Sie hatte versucht, Ryan die Waffe zurückzugeben. Das Ibuprofen hatte sein Fieber gesenkt, und er erschien ihr einigermaßen fit. Er meinte aber, er fühle sich ziemlich schwach. Als sie ihm die Pistole hinhielt, schüttelte er den Kopf. »Meine Reflexe sind tot, und ich will bloß schlafen. Bei dir ist sie besser aufgehoben.«
    Brynn bezweifelte das ernsthaft. Aber Alex teilte Ryans Meinung. Jetzt taten sie und Alex so, als dösten sie, und Ryan schnarchte. Brynn warf einen Blick auf die Uhr. Thomas und Jim waren seit zwei Stunden weg. Sobald das Wetter sich so weit besserte, dass ein Hubschrauber aufsteigen konnte, sollten sie draußen im Schnee eine blaue Plane ausbreiten. Aus der Luft konnte man das strahlende Blau im Schnee gut erkennen. Alex hatte den Notfunksender überprüft. Er war unbeschädigt, gab also ein Signal ab. Aber zwischen Sender und Empfänger durften keine größeren Hindernisse liegen. Der Empfänger musste sich über ihnen in der Luft oder auf einem nahe gelegenen Berggipfel befinden. Hoffentlich hielten die Batterien noch eine Weile durch.
    Es schneite nun wieder stärker, aber der Wind hatte sich ein wenig gelegt, und in der Kabine wurde es wärmer. Die improvisierte Wand, die das abgerissene Wrackende verschloss, wurde dicker, weil sich von draußen Schnee daran aufhäufte. An den Innenwänden des Wrackteils bildete sich Kondenswasser. Es war, als würden sie in einer Schneehöhle mit Luxussitzen, Metallwänden und einer Metalldecke campieren.
    Brynn wollte sich hinten bei Ryan ausstrecken. Aber irgendetwas hielt sie auf dem Sitz in Alex’ Nähe. In der winzigen Kabine breitete sich eine friedvolle Stimmung aus – ein Gefühl von Nähe, das sie nicht zerstören wollte. Sie saßen vor der Schneewand und hörten Ryan beim Schnarchen zu. Der schmale Gang zwischen ihren Sesseln schien noch schmaler zu werden. So ähnlich konnte man sich einen ruhigen Abend zu Hause auf dem Sofa vorstellen: Der Fernseher war aus, der Hund döste zu ihren Füßen.
    »Warum konntest du bei der Flussüberquerung plötzlich nicht mehr weiter?«, fragte Alex. »Ryan hat versucht, es mir zu erklären, aber ich wollte dich selbst fragen.«
    Brynn erstarrte. Die Gemütlichkeit war dahin. Jetzt klingelten ihr vor Anspannung fast die Ohren. Brynn drehte sich zu Alex. Sein Gesicht war ernst, in seinen Augen lag eine Mischung aus Unsicherheit und Besorgnis. Plötzlich wollte sie ihm alles erzählen. Wollte, dass er das Entsetzen verstand, das sie beim Anblick des tobenden Wassers gepackt hatte.
    »Als ich acht war, starb meine beste Freundin bei einem Sturz von einer Brücke in unserem Ort.«
    »Du warst dabei.« Das war keine Frage.
    Brynn schloss die Augen und spürte noch einmal den warmen Sonnenschein jenes Tages auf dem Gesicht. »Ich ging hinter ihr. Auf die andere Flussseite zu wechseln, war meine Idee gewesen. Die Brücke bestand aus einem Baumstamm und sah der, über die wir hier gegangen sind, ziemlich ähnlich. Es gab allerdings keine Halteseile. Ich war schon hundertmal hinübergelaufen. Alle Kinder aus der Gegend machten das, und normalerweise war der Fluss bloß ein ruhiges Rinnsal. Aber es hatte tagelang geregnet, und jetzt war es zum ersten Mal seit langem wieder sonnig und warm. Nach dem langen, heftigen Sommersturm wollten wir endlich wieder draußen

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