Vereist (German Edition)
und angefangen, Tasten zu drücken. »Vor zwei Monaten hatte ich schon mal einen ähnlichen Hinweis, aber ich bin damals ständig gegen Wände gerannt.«
»Wie bitte?« Patrick wollte seinen Ohren nicht trauen.
»Was Sie mir gesagt haben, ist etwas konkreter. Damit könnte ich weiterkommen.«
»Wer? Wer hat Ihnen damals den Hinweis gegeben?«
Sie hatte mit unschuldigem Augenaufschlag den Kopf geschüttelt. »Ich kann meine Quellen unmöglich preisgeben.« Mit dem Handy am Ohr machte sie sich auf den Weg zu ihrem Wagen und versprach, ihn in zwei Stunden auf den neuesten Stand zu bringen.
Er schaute zum fünfzigsten Mal auf die Uhr. Die Frau war grade mal fünfzehn Minuten weg.
Ein Klopfen an der Tür des Wohnmobils riss ihn aus seinen Gedanken. Er machte die Tür auf und wünschte sich sofort, er hätte es bleiben lassen. Paul Whittenhall stand draußen auf der Stufe und wischte nun den Schnee von seinen Ärmeln, damit er auf Patricks noch trockenem Boden schmelzen konnte. Patrick hatte ihn gerade dabei beobachtet, wie er die Fragen der Reporter für die Mittagssendungen beantwortet und dabei sechzig Sekunden lang absolut nichts von Bedeutung gesagt hatte. Wenn es darum ging, nur heiße Luft abzulassen, war Whittenhall unschlagbar.
»Irgendwas Neues?«, bellte Whittenhall.
Patrick schüttelte den Kopf. »Alles ruhig. Haben Sie von Ihren Marshals gehört?«
»Nein.«
Die Männer musterten einander stumm. Beide wussten, dass der andere nicht ganz aufrichtig war.
»Morgen soll der Sturm eine Weile nachlassen«, sagte Patrick schließlich.
»Ja, richtig. Fliegt dann ein Pave Hawk in die Berge?«
Patrick nickte. »Zwei.«
»Gut.« Whittenhall sah alles andere als glücklich aus. Tiefe Schatten lagen unter seinen Augen, seine Haut wirkte fahl. Er ging nervös auf und ab und strich mit den Händen über Patricks Funkausrüstung und die Karten.
Patrick sah den Marshal inzwischen mit anderen Augen. Seit er glaubte zu wissen, wie viel für den Mann auf dem Spiel stehen könnte, verstand er dessen Nervosität ganz gut. Whittenhall war schon seit seiner Ankunft im Camp ein Nervenbündel.
Und falls Kinton Recht behielt, hatte Whittenhall auch allen Grund dazu.
Whittenhall war Abschaum der übelsten Sorte – ein Mensch, der seine Machtstellung ausnutzte und möglicherweise sogar bereit war, einem Mörder zur Flucht zu verhelfen.
Patrick wollte dabei sein, wenn der arrogante Schnösel von seinem hohen Ross geholt wurde.
Paul Whittenhall knallte die Tür des Wohnmobils zu und stapfte die Metallstufen hinunter.
Verdammt noch mal.
Er ertrug den überheblichen Ausdruck in den Augen des Sheriffs nicht. Collins wusste etwas, rückte aber nicht damit heraus. Pauls Magen krampfte sich zusammen. Er zog die Magensäureblocker aus der Tasche.
Was weiß Collins? Was zum Teufel geht dort draußen im Wald vor?
Von seinen eigenen zwei Leuten hatte er kein Wort gehört. Gary hatte geschworen, Boyles nichts von seinem eigentlichen Einsatzbefehl zu sagen. Aber inzwischen kam es darauf nicht mehr an. Am Morgen hatte einer der Marshals aus dem Büro nebenbei erwähnt, dass Matt Boyles vor ein paar Jahren Kintons Trauzeuge gewesen war. Paul hatte idiotischerweise Kintons besten Freund losgeschickt, um den Exmarshal eliminieren zu lassen.
Das konnte nicht funktionieren. Im entscheidenden Augenblick würde Boyles aussteigen – ganz egal, wie Gary die Sachehindrehte. Er hatte Gary gesagt, er solle Kintons Nervenzusammenbruch ordentlich breittreten. Paul hatte den Tratsch im Büro mit Informationen befeuert, dass Kinton Selbstmordabsichten hätte, regelmäßig zum Psychiater ginge und tablettenabhängig sei.
An Kintons Ausraster in Whittenhalls Büro erinnerten sich sämtliche Agenten noch sehr gut. Die Schlussfolgerung, dass Kinton mental ziemlich labil war, lag also nahe.
Kinton
war
labil.
Paul wusste, dass der Mann sich zum einsamen Wolf entwickelt hatte. Sehr gesellig war Kinton zwar nie gewesen, aber seit er gefeuert worden war, lebte er wie ein Einsiedler. Die Geschichte mit dem Psychiater war nicht gelogen. Paul hatte den Exagenten immer im Auge behalten und war sicher, dass Alex verschreibungspflichtige Medikamente nahm. Psychiater waren bekannt dafür, dass sie gern zum Rezeptblock griffen.
Dass Kinton nun mit der Rettungsmannschaft unterwegs war, machte ihn fassungslos.
Wie hat Kinton von dem Flugzeugabsturz erfahren?
Paul hatte zu Hause auf den Anruf von Linus gewartet. Er wollte hören, dass Besand auf dem Weg
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