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Vereist (German Edition)

Vereist (German Edition)

Titel: Vereist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendra Elliot
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betrachtete er den Knochen neben Alex’ Fuß. Alex kämpfte gegen den Impuls, seinen Fund zu bedecken, ihn vor den Blicken der anderen zu schützen. Ryans Neugier erschien ihm irgendwie respektlos. Fast unanständig.
    Während die anderen näher kamen, ging Ryan in die Hocke und wischte mit der behandschuhten Hand den Schnee von dem Knochen. Wortlos sahen ihm alle zu. Ein angemessenes Verhalten in Gegenwart sterblicher Überreste. Als Ryan plötzlich auflachte, wollte Alex ihm am liebsten gegen den Kopf treten.
    »Das ist ein Ast.« Er nahm das Fundstück in die Hand und wedelte damit vor Alex’ Nase herum. »Du hast einen Ast entdeckt, Kumpel. Großartig.«
    Alex studierte das blasse Stück Holz, das Ryan Brynn zuwarf. Es war glatt, so lang wie sein Oberschenkel und hatte an einem Ende einen rundlichen Knubbel. Die ausgefranste Bruchstelle amanderen Ende zeigte deutlich, dass sein Fund von einem Baum abgebrochen war.
    Brynn sah Alex mit einem bedauernden Schulterzucken an. Sie versuchte, sich ihre Belustigung nicht anmerken zu lassen. »Das erinnert mich an den menschlichen Kieferknochen, den du irgendwann mal gefunden hast, Ryan.« Sie schlug mit dem Ast in ihre Handfläche und fixierte Ryan dabei. In ihren Mundwinkeln lauerte ein Grinsen.
    Jim warf lachend den Arm über Ryans Schulter. »Ja, das weiß ich noch. Steine haben manchmal sehr seltsame Formen. Aber Alex’ Ast sieht einem menschlichen Knochen ähnlicher als dein Steinkiefer damals.« Ryan lachte gutmütig auf und stieß Jim beiseite. Jim zwinkerte Brynn zu, die mit der behandschuhten Hand ihren Mund bedeckte.
    »Okay. Ich glaube, hier finden wir nichts. Oder zumindest nichts mehr.« Brynn warf Alex ein kleines Lächeln zu. »Wohin jetzt? Da lang, oder?« Sie deutete nach Westen.
    »Nur wenn du zum Strand willst, Baby.« Jim legte die Hände auf Brynns Schultern und drehte sie nach Osten. »Das ist unsere Marschrichtung. Ich dachte, du wolltest deshalb mal zum Arzt?«
    Thomas schnaubte.
    »Womit denn zum Arzt?« Alex sah zu, wie Jim Brynn freundschaftlich die Schulter tätschelte.
    »Brynn hat null Orientierungssinn. Selbst ein Kompass oder ein GPS helfen da nicht weiter.« Ryan umarmte sie und gab ihr einen Schmatzer auf die Wange. »Wir lieben sie trotzdem.«
    Brynn errötete und stieß Ryan energisch von sich weg. Einen kurzen Moment lang sah sie Alex in die Augen.
    Hatte sie in die falsche Richtung gezeigt, um die anderen von seinem peinlichen Knochenirrtum abzulenken?
    Brynn war die ausgleichende Kraft im Team. Sobald auch nur die kleinste Spannung zutage trat, vermittelte sie zwischen den Parteien. So als ertrüge sie keinerlei Missstimmungen zwischen Freunden. Gleichzeitig scheute sie sich nicht davor, zu sagen, was sie dachte. Bisher hatte sie ihre Meinung immer unumwunden zumAusdruck gebracht, aber aus irgendeinem Grund mochte sie es nicht, wenn die Männer sich stritten. Wusste sie denn nicht, dass das zur männlichen Kommunikation dazugehörte?
    »Wie viel Tageslicht haben wir noch?«, fragte sie Thomas. Thomas blinzelte schulterzuckend in den wolkigen Himmel. »Nicht mehr viel. Wir können noch ein Stück gehen, bevor wir uns einen Schlafplatz suchen.«
    Schlafen? Im Schnee? Alex sah sich erschaudernd um. Die Nacht würde ziemlich ungemütlich werden. »Ein Motel 6 gibt es hier wohl nicht, oder?«
    Thomas’ Auflachen klang wie ein Bellen. »Motel 6? Ha! Der ist gut.« Er grinste kurz. Das kam selten vor.
    »Motel 6 unter null«, grummelte Alex bei der nächsten Pause vor sich hin. Die Temperatur sank zusammen mit der Sonne. Seit einer Stunde wurde der Himmel immer dunkler, und er fragte sich, wo sie tatsächlich schlafen würden. Er nutzte die Rast, um sich den Inhalt seines geliehenen Rucksacks näher anzusehen. Während der Wanderung hatte er lediglich nach den Energieriegeln und dem Trinkwasser gesucht. Eine genauere Inspektion zeigte ihm, dass er ein wandelndes Sportfachgeschäft war.
    Danke, Sheriff Collins.
    Als er den Aspirin- und Ibuprofen-Vorrat des Sheriffs entdeckte, kam Alex sich vor wie ein Idiot. Er hatte die Erlösung von den Schmerzen die ganze Zeit mit sich herumgeschleppt und stumm gelitten. Kopfschüttelnd zog er etwas aus dem Rucksack, das aussah wie ein Kindergürtel mit einem merkwürdigen dreieckig angeordneten Muster auf der Schnalle. Seine Hände zitterten nun wieder schwach, aber er achtete nicht darauf. Er verstellte die Riemen. Wozu, zum Teufel, war dieses Ding zu gebrauchen?
    »Das ist eine Stirnlampe«,

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