Vereist (German Edition)
Tag unbedingt selbst in einen Suchtrupp wollte. Sie wollte Menschenleben retten, so wie sie selbst gerettet worden ist. Vielleicht ist sie deshalb auch Krankenschwester geworden.« Ryan betrachtete mit zusammengekniffenen Lippen den Kompass in seiner Hand.
Wie kommt sie damit klar, bei ihrer Arbeit immer wieder mit dem Tod konfrontiert zu werden?
Alex’ Herz schlug heftig. Er wischte sich die Stirn ab. Warum hatte er das Gefühl, zehn Minuten gerannt zu sein, anstatt zehn Minuten gerastet zu haben? Er atmete ein paarmal tief durch. Ryan sah ihn an.
»Hey, alles klar?« Ryan musterte ihn kritisch. »Du siehst irgendwie fertig aus.«
So
fühlte
Alex sich auch. Sein Herz schlug noch immer viel zu schnell, und er zitterte wieder stärker und häufiger. »Schlimme Geschichte.«
»Ja. Kann man wohl sagen.« Ryan musterte ihn kritisch. »Geht es dir wirklich gut? Soll ich Brynn holen?«
»Nein!« Alex tat sein barscher Ton sofort wieder leid. »Alles in Ordnung. Ich muss mich bloß ein bisschen ausruhen.«
Plötzlich wusste er, was mit ihm los war. Er hatte Entzugserscheinungen. Seit vierundzwanzig Stunden hatte er keine Medikamente gegen die Angst- und Spannungszustände eingenommen, und sein Körper protestierte. Eigentlich brauchte er das Zeug nur abends, damit er schlafen konnte. Aber anscheinend fehlte seinem Körper bereits die eine Dosis. Dass die winzigen Pillen eine so große Wirkung auf ihn hatten, erstaunte ihn. Er konnte nur hoffen, dass er das Schlimmste bald hinter sich hatte. Von den verdammten Dingern hatte er sowieso die Nase voll. Wenn er weiterhin Schlafprobleme hatte, würde er lieber in ein paar langweilige Bücher investieren. Er suchte nach einer Frage, mit der er Ryan ablenken konnte.
»Brynn teilt sich also ein Zelt mit Jim?« Die Worte kamen, bevor er darüber nachdenken konnte. Am liebsten hätte er sich in den Hintern getreten. Auf die Art würde er nicht mehr viel über Brynn erfahren. Er hatte sich auf eine ziemlich platte Weise in die Nesseln gesetzt. Glanzleistung.
Ryans Augen verengten sich ein wenig. »Es ist nicht so, wie du vielleicht denkst. Jims Frau und Brynn sind beinahe wie Schwestern, und Brynn ist so gut wie verheiratet.«
»
So gut
wie verheiratet?«
Was soll das denn heißen?
»Sie und Liam sind seit fast zwei Jahren zusammen.«
»Und warum lassen sie sich so viel Zeit?«
Alex sah die Verwirrung auf Ryans Gesicht. Ryan ließ sich mit der Antwort Zeit. »Brynn ist nicht unbedingt der Typ Frau, der es eilig hat, unter die Haube zu kommen«, sagte er schließlich.
Alex hob eine Braue und wartete.
Eigentlich geht mich das nichts an.
Aber er wollte mehr wissen.
Ryan hustete und runzelte die Stirn. »Vielleicht habe ich mich ein bisschen unglücklich ausgedrückt. Ihre Eltern … also … Zumindest ihr Dad …«
Alex wollte Ryan nicht noch mehr in Verlegenheit bringen und unterbrach ihn mit einer Geste. »Du brauchst mir nichts erklären. Dauerhafte Bindungen sind nun mal nicht jedermanns Sache.«
Ryan wirkte erleichtert. »Das wollte ich damit auch sagen. Und du? Bist du verheiratet?« Offenbar wechselte er das Thema nur zu gern.
Alex schüttelte den Kopf und grinste schief. »Geschieden. Für mich war eine dauerhafte Bindung auch nicht das Richtige.«
»Tut mir leid, Mann. Dumm gelaufen, oder?«
Alex nickte, sah geflissentlich zu Boden, und Ryan fing an, sich mit seinem Rucksack zu beschäftigen.
Alex atmete tief durch, schloss die Augen und versuchte, sein hämmerndes Herz zu beruhigen. Wie lang würden die Entzugserscheinungen dauern? Sie würden doch nicht noch schlimmer werden?
S ECHS
»Ich muss da raus.« Liams normalerweise so offenes Gesicht war zu einer Grimasse verzogen. Er fuhr sich durchs kurz geschnittene Haar und marschierte im Kreis.
»Bei diesem Wetter fliegst du nicht.« Patrick legte eine Hand auf die Schulter des Piloten, um ihn zu beruhigen.
»Du weißt ja noch nicht mal, wo sie sind. Sie konnten sich nicht melden. Vielleicht hat er etwas gemacht …«
Patrick packte Liams Schulter fester und starrte ihm in die Augen. »Was soll er denn gemacht haben? Wenn Whittenhall Recht hat und Kinton hinter Besand her ist, sind seine Chancen am größten, wenn er mit einer erfahrenen Crew unterwegs ist. Er braucht die Mannschaft fit und lebendig.«
»Und was ist mit Brynn? Vielleicht hält er sie für überflüssig?«
Patrick verdrehte innerlich die Augen.
»Kinton ist nicht dumm.« Patrick dachte an sein Gespräch mit dem Mann am Morgen. Vor ihm
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