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Vereist (German Edition)

Vereist (German Edition)

Titel: Vereist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendra Elliot
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kann, ist sie alles andere als naiv.«
    Jim fing an, etwas zu sagen, brach ab und nahm dann einen neuen Anlauf. »Sie kommt aus einer ziemlich kaputten Familie. Ihre Eltern haben sich so gut wie nicht um sie gekümmert. Die haben nicht mal Einspruch erhoben, als die Behörden Brynn wegen Verwahrlosung in eine Pflegestelle vermittelt haben. Bei den Eltern meiner Frau hat sie seit ihrem sechzehnten Lebensjahr gewohnt. Das sind gute Leute. Vorher wurde sie von einer Familie zur anderen weitergereicht. Ich und Anna waren damals seit etwa fünf Jahren verheiratet, und Anna mochte Brynn sehr. Anna wohnte zwar längst nicht mehr zu Hause, aber Brynn war die kleine Schwester, die sie sich immer gewünscht hatte. Ich glaube, für Brynn war es anfangs einfacher, zu Anna Vertrauen aufzubauen. Bei Annas Eltern dauerte das etwas länger.«
    »Das ist verständlich. Dann hatte sie also eine ziemlich üble Kindheit?«
    Jim schnaubte. »Was für eine Kindheit? Brynn war die einzige Erwachsene in ihrer Familie. Ihre Mom benahm sich wie ein verwöhnter Fratz. Beide Eltern waren Alkoholiker. Anna hat mir erzählt, dass Brynn sich immer selbst den Wecker gestellt und die Schulbrote geschmiert hat und dann zur Schule gegangen ist, weil ihre Mom ihren Rausch ausschlafen musste. Brynn bat manchmal die Nachbarn um Brot oder fragte, ob sie sich Äpfel vom Baum holen dürfte. Oft lebte sie wochenlang von dem, was sie im Garten dieser Nachbarn ergattern konnte. Aber glaubst du, die Leute wären auf die Idee gekommen, dass das Mädchen zu Hause nichts kriegt?«
    »Hatte sie keine anderen Verwandten, zu denen sie gehen konnte?«, fragte Alex bedächtig. Ihm war schon ganz übel. Er hatte seine Eltern verloren, als er Mitte zwanzig gewesen war. Aber vorher hatten sie ziemlich glückliche Zeiten erlebt.
    »Nein. Keiner wollte eine Dreizehnjährige aufnehmen. Ich weiß nicht, ob jemand aus ihrer Verwandtschaft sich je die Mühe gemacht hat, sie sich anzusehen. Vermutlich hatten sie Angst, sie wäre ein rebellischer, unerzogener Teenager. Aber damit lagen sie vollkommen falsch. Brynn bezahlte die Rechnungen und fuhr mit dem Fahrrad zum Einkaufen. Niemand kümmerte sich darum, dass sie einen Führerschein machte. Das übernahmen später ihre Pflegeltern. Sie sagten, Brynn sei vom ersten Tag an eine erstklassige Fahrerin gewesen.«
    »Wahrscheinlich ist sie eben doch nicht immer mit dem Rad zu den Läden gestrampelt«, sagte Alex trocken. Die Geschichte, die Jim ihm da erzählte, wollte ihm fast nicht in den Kopf. Seine mentale Festplatte hatte Probleme, die vielen Daten abzuspeichern. Wie konnte jemand seinem Kind so etwas antun?
    »In der Highschool war sie immer eine der Klassenbesten und durfte sogar die Abschlussrede halten. Kriegte ein Stipendium fürs College, hätte sich jede Schule aussuchen können, wollte aber in Oregon bleiben und Krankenschwester werden. Sie sagte, sie wollte nicht zu weit von Annas Eltern weg sein. Seit ihrem letzten Highschool-Jahr gehört sie komplett zur Familie. Anna hat dreiältere Brüder und eine ältere Schwester. Brynn fand bei ihnen die große Familie, die sie sich immer gewünscht hatte. Aber mit Männern hatte sie immer Pech. Ich glaube, sie hat wegen ihrer Kindheit einen Knacks, was die Ehe angeht. Die Freunde, die sie bisher hatte, haben sie ausgenutzt oder schlecht behandelt – und fast alle waren deutlich älter als sie. Anscheinend hat sie eine Schwäche für ältere Männer.« Jim sah Alex von der Seite an.
    Alex war ein klein wenig erleichtert. Vielleicht war er in Brynns Augen doch nicht zu alt. Aber eine Vaterfigur wollte er trotzdem nicht sein. Er verzog das Gesicht.
    »Liam ist nicht viel älter als sie und behandelt sie wie eine Prinzessin.«
    »Ich sehe keinen Ring.«
    »Liam sagt, das sei nur eine Frage der Zeit. Sie sprechen schon von einem Baby.«
    »Brynn ist schwanger?« Alex stolperte erneut und fing sich gerade noch.
    »Sie behauptet, sie ist es nicht.«
    »Wie bitte? Du hast sie gefragt? Du hast sie einfach so gefragt, ob sie schwanger ist? Wann?«
    Jim machte ein Gesicht, als wäre ihm nicht ganz wohl in seiner Haut. »Vorgestern. Eine Schwangere hätte ich nicht mitgenommen.«
    Alex musterte ihn. »Ich nehme an, das war ein richtig netter Plausch unter Freunden.«
    »Sie war kurz davor, mir an die Gurgel zu gehen. Zum ersten Mal war ich richtig froh, dass sie sich weigert, eine Waffe zu tragen.«
    Sie stapften unter dem Bäumen am Rand der Lichtung entlang und bewegten sich schnell von

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