Vereist (German Edition)
draußen vor der Tür stand und hin und wieder durch das kleine, rechteckige Guckloch spähte. Was sie miteinander sprachen, hörte der Cop nicht.
Die unbeholfene Art, wie Alex die Zigarette hielt, hatte Darrin verraten, dass er noch nicht lange rauchte. Seine Brust hatte sich vor Freude geweitet. Dass Alex jetzt rauchte, verdankte er ihm.
»Was hast du diese Woche gemacht?«
Ohne aufzublicken hatte Alex die Asche in den Aschenbecher geschnippt. »Nichts.« Er saß lässig auf dem Stuhl und wirkte in seinen Jeans und dem Jackett auf den ersten Blick ganz adrett. Aber sein flackernder Blick deutete auf schlaflose Nächte hin.
Darrin hatte das Gesicht verzogen und es noch einmal versucht. »Hast du dir
American Idol
angeschaut?«
Alex hatte schnaubend einen Mundwinkel gehoben. »Scheiße, nein.«
»Hättest du aber tun sollen. Es sind ein paar echte Talente dabei. Einige können sogar richtig singen. Und schöne Mädchen.«
Alex’ Blick war wacher geworden und hatte seinen gesucht.
Na also. Geht doch.
»Mir gefällt die Kleine von den Philippinen. Tolle Stimme.«
Alex inhalierte den Zigarettenrauch tief. Er ließ Darrin nicht aus den Augen.
Darrins Herzschlag hatte sich verlangsamt. Es war, als pulsierte Crystal Meth durch seine Adern, und er wollte das Gefühl auskosten. Er atmete ruhig und ließ das Hochgefühl durch seinen Körper rieseln. Wenn er ganz ruhig blieb, hielt es länger an.
»Diesmal mussten sie Countryschnulzen singen. Ich hasse Countrymusik. Aber sie hat was draus gemacht. Toller Auftritt, wirklich schönes Mädchen. Sie erinnert mich an Olivia.«
Alex’ Wimpern hatten kaum merklich gezuckt, aber Darrin hatte ihn genau beobachtet und es bemerkt. »Olivia?« Alex Stimme klang bemüht beiläufig. Darrin hatte tief eingeatmet und die Neugier gerochen, die die Luft zwischen ihnen durchdrang.
Dann hatte er geschluckt und gelächelt. »Ach ja, Olivia. Sie stammte eigentlich aus Hawaii, glaube ich. Richtig? Langes, schwarzes Haar, dunkle Augen, umwerfendes Lächeln. Sehr schön.«
Die Raumtemperatur war rasant angestiegen, obwohl Alex reglos dagesessen hatte. Ohne auch nur einen Muskel zu regen, brachte er die Luft zum Glühen. Darrin hatte gelangweilt zu dem kleinen Fenster in der Tür geschaut, wo er dunkel das Gesicht des Wachmanns sehen konnte.
Alex sollte ruhig eine Weile schmoren. Kinton wusste, dass er mit direkten Fragen bei Darrin nichts erreichte. Er musste warten, bis Darrin bereit war, über Olivia zu reden. Die Informationen über das Versteck von Megans Leiche hatte Darrin auf drei Sitzungen verteilt.
Er hatte Alex wieder angesehen. Alex hatte äußerlich gelangweilt eine Stelle an der kahlen Wand fixiert, aber die Finger mitder Zigarette hatten einen Sekundenbruchteil lang gezittert. Herrlich.
Darrin hatte das Kinn in die Hand gestützt und mit den Fingern auf den Tisch getrommelt. Diese Gespräche waren Kunstwerke und folgten eigenen Gesetzmäßigkeiten. Wenn er zu wenig sagte, würde Alex einfach gehen. Gab er zu viel preis, war es viel zu schnell vorbei. Dafür zu sorgen, dass Alex ihm möglichst lange gegenübersaß, erforderte viel Fingerspitzengefühl. Als er einmal nicht genug gesagt hatte, hatte Alex sich monatelang nicht mehr blicken lassen.
Und als er endlich wieder aufgetaucht war, hatte Darrin vor Erleichterung fast geweint. Um ein Haar hätte er aus lauter Dankbarkeit sämtliche Leichenverstecke auf einmal ausgeplaudert. Beherrschung. Er durfte nicht die Beherrschung verlieren. Er überlegte und plante immer stundenlang, wie er Alex hinhalten und mit welchen Worten und Andeutungen er seine emotionalen Knöpfe drücken konnte.
»Sieht aus, als würde dich das interessieren, A-Man.«
In Alex’ Augen war Zorn aufgeflackert, aber er wich Darrins Blick aus. Er legte einen Knöchel auf sein Knie. »Nenn mich nicht so«, hatte er gezischt.
Sie hatten beide gewusst, dass Alex einen Fehler gemacht hatte.
Eines der ungeschriebenen Gesetze ihrer Treffen lautete, dass Alex nicht aufbrausend wurde oder verbal reagierte, wenn Darrin ihn provozierte. Darrin befeuchtete seinen Zeigefinger und malte einen Strich für einen Treffer in die Luft.
Daraufhin war Alex aufgesprungen, hatte an die Tür geklopft und an der Klinke gerüttelt, damit der Wächter ihn hinausließ.
Darrin sprang ebenfalls auf. Er hatte es vermasselt.
»Alex. Bitte … Verdammt! Ich wollte nicht … Ich sage dir, wo Olivia ist.« Darrins Atem ging schnell. Kinton war nur einen Schritt davon entfernt,
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