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Vereister Sommer

Vereister Sommer

Titel: Vereister Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Schacht
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gesagt, falls ich sie liebe und heiraten möchte, soll ich in die Westzone fliehen und dort standesamtlich die Ehe schließen. Christa hat mir dann vorgeschlagen: »Laß uns in die englische Zone gehen und dort heiraten!« Auch diesen Plan habe ich abgelehnt und ihr gesagt, daß ich nirgendwo hingehe. Ein zweites Mal hat Christa über die Flucht in der ersten Augusthälfte 1950 mit mir gesprochen, ungefähr am 12. 08. An diesem Tag habe ich Christa und ihre Freundin Lisa nicht weit von meiner Dienststelle getroffen. Als ihre deutsche Freundin Lisa uns allein gelassen hatte, fing Christa an, mir Vorwürfe zu machen, daß ich Treffen mit ihr meide und daß ich sie vergessen habe. Ich habe ihr geantwortet, daß mir verboten wurde, sie zu sehen. Danach hat Christa mir zum zweiten Mal vorgeschlagen, in den Westen überzulaufen und dort zu heiraten. Ich habe ihren Vorschlag wieder abgelehnt. Ein drittes Mal hat die Christa mir Ende Juli diesen Jahres vorgeschlagen, in die Westzonen des besetzten Landes zu ziehen. Dieses Mal war sie bei mir, in meiner Wohnung, als sie zur Übernachtung kam. Wir haben über das gemeinsame Leben und über ihre Schwangerschaft geredet. Die Christa hat mich gebeten, sie zu heiraten und mir erzählt, daß sie schwanger ist. Als ich ihr gesagt hatte, daß eine Eheschließung in der Sowjetzone uns nicht genehmigt ist, war die Christa der Meinung, daß es für mich keinen Grund gäbe, nach Hause zu fahren, weil ich in der Sowjetunion keine Mutter und keinen Vater mehr hätte. Sofort hat sie mir deshalb nochmal vorgeschlagen, in die Westzonen zu fliehen, dort zu heiraten und zu wohnen. Auch dieses Mal habe ich ihre Ideen abgelehnt.
     
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Frage an die Angeklagte Schacht:
     
    Bestätigen Sie die Aussagen des Zeugen Leutnant Wolodja?
     
    Antwort:
     
    Ja, die Aussagen des Zeugen Leutnant Wolodja werden von mir bestätigt. In der Tat wollte ich ihn zur Flucht aus seiner Dienststelle in die Westzonen des besetzten Deutschland überreden. Dort beabsichtigte ich, ihn offiziell zu heiraten und wohnen zu bleiben. Allerdings erinnere ich mich genau nur in einem Fall, daß ich vorgeschlagen habe, mit dem Wolodja zu fliehen. Ende Juli diesen Jahres hatte ich ihn in der Nacht in seiner Wohnung aufgesucht und blieb bei ihm über Nacht. Wir haben uns über uns unterhalten. Dabei habe ich ihm mitgeteilt, daß ich schwanger bin. Mit diesem Gespräch hatte ich angefangen. Ich sagte Wolodja: »Du hast weder Mutter noch Vater, du hast keinen Grund, in die Sowjetunion zurückzukehren. Auf irgendetwas zwei bis drei Jahre zu warten, ist lange und ungewiß, sich heimlich zu treffen ist schwer. Deswegen sollten wir in den Westen gehen, offiziell heiraten und ganz normal wie Mann und Frau leben.« Der Wolodja hatte meinen Vorschlag abgelehnt. Ich erinnere mich nicht genau an die anderen Fälle, ob ich Wolodja vorgeschlagen hatte, mit mir in die Westzonen des besetzten Landes zu gehen. Momentan ist es für mich schwierig, daran zurückzudenken.
     
    Frage an den Zeugen Fedotow:
     
    Bestehen Sie auf Ihrer Aussage?
     
    Antwort:
     
    Ja, ich bestehe auf meinen Aussagen. Die deutsche Frau Christa hat mir drei Mal vorgeschlagen zu fliehen. Sie hat mir vorgeschlagen,
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in der Westzone offiziell zu heiraten und wohnen zu bleiben, worüber ich oben bereits ausgesagt habe. Als wir uns über die Heirat unterhielten, sagte ich Christa, daß in der Sowjetzone so etwas nicht möglich ist. Sie wollte aber mit mir diese Zone verlassen.
     
    Die Angeklagte Schacht und der Zeuge Fedotow haben zugestimmt, daß sie aneinander keine Fragen mehr haben.
     
    Das Protokoll wurde uns in Russisch und Deutsch vorgelesen, die Aussagen von uns wurden richtig erfaßt, darunter unterschreiben wir.
     
    Die Gegenüberstellung wurde um 01 Uhr, am 26.   10.   1950 beendet.
     
    Die Gegenüberstellung wurde vom Oberuntersuchungsrichter der U-Abteilung des Nachrichtendienstes MGB der Militärabteilung 44400, Kapitän Stupkow, durchgeführt.
     
    Hatte er bemerkt, während er das Protokoll unterzeichnete, fast ein Dutzend Mal, dass sie, seine
Christa
, gar nicht mit Christa unterschrieben hatte? Wo er ihren Namen doch immer voller Entzücken und Freude auszurufen wusste, wenn sie endlich da war und er sie in die Arme nehmen und sich mit ihr und unendlichem Schwung um die eigene Achse drehen konnte:
»Christa, meine Christa!«
Christa, sie mochte diesen Namen, sie mochte ihn viel lieber als den, den sie tatsächlich bekommen

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