Verfehlung: Thriller (German Edition)
das Fenster einen Spalt breit geöffnet und die frische Luft von draußen geatmet, hatte aber Angst, es zu tun, bevor sie mit ihrer Fluchtvorbereitung fertig war. Obwohl die Scheibe verzogen war und mehrere Sprünge hatte, konnte Ellie in dem heller werdenden Licht des Wintermorgens Bäume und den Abhang zum See erkennen, an den die Männer sie vorhin hingeschleppt hatten.
Sie drückte das Gesicht gegen die Scheibe und versuchte so viel wie möglich von ihrer Umgebung wahrzunehmen. Rechts war nichts Besonderes zu erkennen, doch zur Linken konnte sie einen kleinen Wald ausmachen und eine Straße, die durch ihn hindurch zu einer Weide dahinter führte. Am Ende dieser Weide glaubte sie ein paar Hütten zu sehen und hinter diesen ein etwas größeres Gebäude aus Holz.
Sie klemmte die ersten beiden Bretter wieder vor das Fenster und steckte die Nägel zurück, damit nichts herunterfiel. Dann machte sie sich an das dritte Brett.
Nur noch dies eine .
13
06:54 Uhr
Auf der Fahrt in den nördlich von Glasgow gelegenen, beschaulichen Vorort Bearsden, in dem Cahill wohnte, hatte Logan versucht, ein wenig Schlaf zu finden. Aber seine Gedanken kreisten um die verschiedensten Dinge, und so
beschied er sich schließlich damit, aus dem Seitenfenster zu starren und die Stadt an sich vorüberziehen zu lassen.
Sie bogen von der Hauptstraße in eine kleine, mit Häusern aus den 20er- und 30er-Jahren gesäumte Seitenstraße. Cahills eingeschossige Villa wirkte von der Straße recht bescheiden, aber Logan wusste, dass sie im hinteren Teil geräumig ausgebaut worden war und auf der Rückseite über einen ausgedehnten Garten verfügte.
Cahill bremste abrupt ab und steuerte den Wagen in die Einfahrt. Der unauffällige Ford Mondeo, der ihnen die ganze Zeit gefolgt war, fuhr am Haus vorbei, doch Cahill entging wieder nicht, dass die Bremslichter rot aufleuchteten und der Wagen seine Fahrt verlangsamte. Logan wollte gerade aussteigen, als Cahill rasch die Zündung ausschaltete.
»Wir haben da ein kleines Problem«, sagte er. »Diese Frau, diese Polizistin, sie folgt uns schon, seit wir zu dem Schießstand in der Scotland Street gefahren sind.« Logan drehte sich auf seinem Sitz, um instinktiv durch die Heckscheibe zu schauen.
»Nein«, sagte Cahill und schüttelte den Kopf. »Sie ist schon vorbeigefahren. Hat wahrscheinlich ein Stück weiter die Straße entlang gehalten.«
»Wie hast du das gemerkt?«, fragte Logan und sah Cahill an.
Cahill grinste. »Sie hat extra eine rote Ampel überfahren, als wir aus dem Büro kamen. Das war mehr als offensichtlich. Und vorher hat sie den Fehler gemacht, mit ausgeschalteten Scheinwerfern vor dem Gebäude in ihrem Wagen zu hocken und sie sofort wieder anzuschalten, als wir um die Ecke kamen. Das hat meine Aufmerksamkeit auf sie gelenkt. Außerdem hat sie scharf beschleunigt und ist
dann, wie schon gesagt, bei Rot über die Ampel. Reichlich amateurhaft, aber bei den Bullen kriegt man so etwas eben nicht beigebracht. Für mich gehört so was zum Alltag.«
»Und was unternehmen wir jetzt ihretwegen?«
»Im Zweifelsfall könnten wir sie einfach ignorieren und sie ihrem Treiben überlassen. Aber in Hinblick darauf, was wir vorhaben, wäre das wohl nicht wirklich praktisch.«
Das leuchtete Logan ein. Mit einem Mal wurde ihm bewusst, wie absurd es war, sich überhaupt auf eine solche generalstabsmäßige Operation eingelassen zu haben – und sie nicht einmal jetzt, angesichts der veränderten Situation, infrage zu stellen.
»Oder«, sagte Cahill, »wir machen mit ihr einen kleinen ziellosen Ausflug aufs Land und hängen sie unterwegs ab.«
»Oder wir weihen sie ein«, dachte Logan den Gedanken laut zu Ende.
»Richtig.«
Logans erster Impuls war, die letztere Möglichkeit zu favorisieren. Er konnte sich nicht ganz erklären, warum oder wie es dazu gekommen war, aber er hatte Vertrauen zu DC Irvine, und für gewöhnlich täuschten ihn seine Gefühle nicht.
»Letzteres wäre allerdings auch die riskanteste Alternative«, sagte Cahill, der Logans Gedanken an seiner Miene abgelesen hatte. »Aber wenn du meinst, dass sie die Sache nicht verpatzt, wäre ich bereit, meine Instinkte zu ignorieren und sie hinzuzuziehen. Möglicherweise könnte sie uns sogar von Nutzen sein.«
»Weil sie vielleicht eine erfahrene Schützin ist?«
»Quatsch, Logan. Ich meine doch nicht, dass sie bei der Operation dabei ist. Das kommt überhaupt nicht infrage. Aber es wäre nützlich, eine Polizeibeamtin auf unserer
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