Verfehlung: Thriller (German Edition)
Tage hinter mir, also kannst du es mir vielleicht nachsehen, wenn ich den Druck an jemandem auslasse.«
»Ich werd’s versuchen.«
Einige Minuten lang saßen sie schweigend da, bis Cahill
aufstand und erklärte, er wolle ein kleines Frühstück auftreiben.
»›Auftreiben‹. Das hast du schön gesagt.« Logan musste lachen.
»Ja und?«
»Wie im Wilden Westen.«
Auch Samantha lachte. Ihr Mann zeigte beiden den Stinkefinger und ging dann in die Küche. Logan leerte sein Wasserglas und lehnte sich auf der Couch zurück.
»Es muss ein höchst sonderbares Gefühl für dich sein, zu erfahren, dass du eine Tochter hast, die inzwischen elf Jahre alt ist«, sagte Samantha. »Weiß Gott, es ist schwierig genug, aus Kindern schlau zu werden, wenn man sie seit der Geburt um sich hat, aber das muss wirklich der Hammer sein.«
Logan nickte und betrachtete das Foto der beiden Töchter der Cahills, das auf dem Schreibtisch stand. Es zeigte sie an einem sonnigen Badestrand, und er fragte sich, ob das Bild wohl aus dem Urlaub stammte, in dem Jodie, die ältere der beiden, am Meer verloren gegangen war. Er fragte Samantha danach. Als sie das Bild ansah, bemerkte Logan, wie sich ihr Gesichtsausdruck veränderte. Sie schien die schmerzliche Erinnerung an diesen Tag noch immer nicht ganz verwunden zu haben.
»Nein, das wurde in einem anderen Jahr aufgenommen«, sagte sie. »Ich hoffe, dass dieser Tag für dich so endet wie jener Tag damals für uns – mit Ellie in deinen Armen.«
»Ja, aber selbst dann – wie soll ich eine Beziehung zu ihr aufbauen? Wir werden füreinander Fremde sein.«
»Ich kenne dich doch, Logan. Das schaffst du schon.«
»Immer vorausgesetzt, dass die Typen sie nicht umbringen.«
Samantha legte ihre Hände über die seinen und drückte sie fest. »Das wird Alex zu verhindern wissen, Logan. Gemeinsam mit dir. Du bekommst sie wieder.«
Logan wusste, dass sie sich bemühte, Optimismus zu verbreiten, doch er konnte ihn nicht teilen. An der ganzen Geschichte war bis jetzt nichts gut ausgegangen. Penny war tot, ebenso einer der Entführer, und er befürchtete, dass die beiden nicht die Einzigen sein würden, sobald der Staub sich erst einmal gelegt hatte.
Er stand auf, ging zum Schreibtisch, nahm das Foto in die Hand und betrachtete es noch eingehender. Er versuchte sich vorzustellen, wie es sein musste, eine Tochter zu haben. Dann stellte er das Bild wieder zurück und griff in seine Hosentasche, um das Bild von Ellie hervorzuholen. Samantha sah ihn stirnrunzelnd an; sie hatte keine Ahnung, was er in seiner Hand hielt. Er setzte sich wieder neben sie und gab ihr das zerknitterte Foto.
Sie musterte es einen Augenblick lang und sah ihn dann an. »Ist sie das?«, fragte sie.
Logan nickte. »Als sie gekommen sind, um mich einzuschüchtern, ist das Bild auf den Boden gefallen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, wen es darstellte, also habe ich es zunächst achtlos weggesteckt.«
Er nahm das Foto wieder an sich, legte es auf seinen Oberschenkel und wollte es glattstreichen. Samantha erkannte sehr wohl den Symbolgehalt seiner vergeblichen Bemühungen.
»Sie hat deine Augen«, sagte sie. »Kein Zweifel, sie ist deine Tochter.«
»Ich weiß. Ich hoffe, dass es das für uns leichter macht ... später, wenn ich sie bei mir habe. Gesund und munter.«
»Geh es langsam an, Logan. Wir werden dir dabei helfen.«
Er steckte das Bild zurück in die Hosentasche. Sie merkte, wie behutsam er dabei vorging, so als könnte es zerbrechen, wenn er zu grob damit umging. Wieder ließ er sich auf die Couch fallen und rieb sich die Augen, unter denen sich dunkle Schatten abzeichneten.
»Sei nicht so niedergeschlagen«, tröstete sie ihn. »Wenn alles vorüber ist, fängt ein neues Leben für dich an. Vor allem werden wir dir dann dringend eine Frau besorgen müssen.« Sie versetzte ihm einen zärtlichen Knuff mit dem Ellbogen, bevor sie aufstand und ebenfalls in die Küche ging. Logan blieb auf dem Sofa sitzen, dachte über Ellie nach, dachte auch an Rebecca Irvine und fragte sich, welchen Verlauf sein Leben nehmen würde, wenn dieser Tag vorbei wäre.
Immer vorausgesetzt, dass er das Ende dieses Tages erleben durfte.
14
08:03 Uhr
Rebecca Irvine drehte ihr Mobiltelefon zwischen ihren Fingern. Sie überlegte, ob sie sich jetzt bei Moore melden, möglicherweise sogar um Verstärkung ersuchen sollte. Sie war sich sicher, ihre Bitte gut begründen zu können, vor allem, indem sie Logan und diesen Amerikaner mit
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