Verfehlung: Thriller (German Edition)
überstürzen.
Er schwang in seinem Drehsessel herum und schaute auf den Park hinaus. Seine Gedanken waren bei dem Mädchen – seinem kleinen Mädchen –, sodass es ein paar Minuten dauerte, bis ihm auffiel, dass der Unbekannte schon wieder an seinem Platz auf der Mauer saß. Er las in einer Zeitschrift und wirkte gelangweilt. Einem plötzlichen Impuls folgend klopfte Logan lautstark gegen die Fensterscheibe und winkte dem Knaben zu, als der aufblickte. Danach kehrte er an seinen Schreibtisch zurück und der Fremde zu seiner Lektüre. Logan überlegte, ob er Bob aufsuchen sollte, wollte aber erst hören, was Josh für ihn herausgefunden hatte. Sobald er genügend in der Hand hatte, konnte man eine Entscheidung treffen. Er dachte auch daran, Cahill anzurufen, war sich aber immer noch nicht der Rolle sicher, die sein Freund in alldem spielte. Stattdessen ging Logan in den Flur hinaus, holte sich aus dem Automaten einen Kaffee und setzte sich wieder an seinen Schreibtisch.
Es dauerte fast eine Stunde, bis Josh sich endlich meldete. Logan hatte sämtliche eingehenden Anrufe ignoriert, bis er Joshs Namen auf dem Display sah.
»Warum hat es so lange gedauert, Josh?«
»Tut mir leid, Logan. Ich habe mich echt dahintergeklemmt. Hör mal, kann ich zu dir rüberkommen, damit wir alles gemeinsam durchgehen? Ich habe Tonnen von Material.«
»Klar. Hast du sofort Zeit?«
»Absolut. Bin in zwei Minuten da.«
Josh Darvey war dreiundzwanzig Jahre alt, groß und hatte
lockiges braunes Haar. Er sah älter aus, als er war, was seiner Karriere in einem Beruf, in dem Erfahrung eine Menge zählte, förderlich sein dürfte. Er legte einen Stapel Ausdrucke auf Logans Schreibtisch – sehr geräuschvoll, wie um zu sagen: »Sieh mal, wie sehr ich mich für dich ins Zeug gelegt habe.«
»Also, Josh, was ist herausgekommen?«
»Bevor ich dir deine Frage beantworte, zunächst zu dem Grund, aus dem ich dich persönlich sprechen wollte. Worum geht es hier eigentlich? Steckt jemand in Schwierigkeiten oder so was? Gibt’s mit der Firma ein Problem?«
Logan war einerseits gespannt, andererseits aber auch wegen Joshs Neugier verstimmt.
»Sag’s mir einfach, Josh.«
»Schon gut, schon gut. Also, dieser Brinksman hat ein ganz schön verwobenes Netz gesponnen, wie man so schön sagt.« Josh feixte verschwörerisch. Logan sah ihn erwartungsvoll an. Josh verstand den Wink.
»Brinksman ist ein Firmenkonglomerat. Sämtliche Anteile an Brinksman werden von einzelnen Unternehmen einer Firmengruppe gehalten, die sich«, er blätterte in seinem Papierstapel, »ja, hier haben wir es ... die sich Alter Ego Limited nennt. Toller Name. Die Aktien von Alter Ego werden wiederum allesamt von der Muttergesellschaft gehalten.«
»Okay«, sagte Logan, »das ist eigentlich nichts Besonderes. Was daran ist also so aufregend, Josh?«
»Dazu komme ich gleich. Ziemlich verstrickt, wie gesagt, also hab bitte etwas Geduld mit mir. Nun, ein paar Anteile der Muttergesellschaft gehören einem ins Gesellschaftsregister eingetragenen englischen Unternehmen, aber dessen einziger Anteilseigner ist eine Einzelperson. Merkst du, dass
es jetzt kompliziert wird? Dieser Einzelgesellschafter ist ein englischer Anwalt.«
»Okay, langsam wird’s tatsächlich interessant. Und was sagt uns das?«
»Siehst du, ich wusste doch, dass dich das nicht kaltlassen wird. Also dachte ich mir, wäre doch nicht schlecht zu wissen, ob dieser Bursche noch an anderen Firmen beteiligt ist oder war. Wir können zwar nicht herausfinden, wo er überall Anteile hat, aber immerhin, wo er im Aufsichtsrat sitzt.«
»Und ich schätze, genau das hast du getan, und es wurde immer spannender?« Logan hatte sich in seinem Sessel vorgebeugt.
»Korrekt. Dieser Anwalt unterhält Geschäftsbeziehungen mit fünf weiteren Einzelpersonen, die allesamt mit ihm in Aufsichtsräten anderer englischer Firmen sowie einer in Dubai sitzen.«
»Nun kommt die Sache ins Rollen«, kommentierte Logan.
Dubai gilt als ausgesprochen verschwiegen, was Einzelheiten über dort registrierte Unternehmen betrifft – was für gewöhnlich bedeutet, dass ein britischer Staatsbürger mit Aktien in Dubai etwas zu verbergen hat. Es muss sich dabei nicht notgedrungen um etwas Illegales handeln, aber interessant ist es in der Regel immer.
»Richtig«, bestätigte Josh. »Das Problem ist nur, dass wir von Dubai bis auf die Geschäftsanschrift des Unternehmens keine Informationen bekommen. Ich kenne allerdings einen Typen, der da
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