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Verflixte Hühnersuppe (German Edition)

Verflixte Hühnersuppe (German Edition)

Titel: Verflixte Hühnersuppe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Aretz
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als seien sie gerade erst geölt worden. In den Vitrinen entdecke ich rustikale Vasen und Krüge, daneben steht ein Schränkchen mit goldverzierten Bilderrahmen, in denen Fotos von Yannik stecken.
    Anna nimmt die Einladung zum Tee dankend an und wenig später stehen drei dampfende Tassen vor uns. Frau Siebert fragt direkt nach Annas Beruf.
    „Oh, ich bin Hauswirtschafterin“, sagt Anna stolz, obwohl sie sich sonst einfach als Putzfrau bezeichnet. „Aber ich habe Aussicht, in einer Schreinerei die Buchhaltung zu erledigen. In Bäckereien und Metzgereien habe ich ebenfalls schon ausgeholfen. Wissen Sie, ich bin zwar schon 66 Jahre alt, aber ich arbeite immer noch gern!“
    Ich werfe Anna einen erstaunten Blick zu. Von der Stelle in der Schreinerei weiß ich gar nichts … Bestimmt steckt wieder dieser Franz dahinter. (1)

    „Sie sehen noch sehr jung und rüstig aus.“ Frau Siebert scheint zufrieden zu sein, schließlich muss sie wissen, ob Anna auch die Miete zahlen kann. „Und – das ist Ihre Tochter?“
    „Nadine ist die Tochter meiner jüngeren Schwester, die vor drei Jahren leider verstorben ist. Ich habe sie aufgenommen, damit sie nicht in ein Heim muss. Oh! Sie haben vielleicht bezaubernde Gardinen! Und einen wunderschönen Garten!“
    Ich werfe Anna einen warnenden Blick zu, doch den ignoriert sie einfach. Die Geschichte mit der Schwester ist gegen unsere Abmachung. Anna erfindet plötzlich etwas, obwohl wir uns darin einig sind, dass es nur zu viele Verstrickungen geben wird.
    „Nun, dann werde ich Sie jetzt einmal herumführen.“ Frau Siebert erhebt sich, streicht die Hose glatt und geht voraus. „Die Wohnung hat einen eigenen Eingang, bestimmt haben Sie den Weg neben der alten Eiche gesehen.“
    Das haben wir.
    Frau Siebert führt uns durch eine Tür im Flur, die später verschlossen wird, wie sie uns versichert. Die Einliegerwohnung ist in rustikalem Stil gehalten und als ein Sonnenstrahl die Wolkendecke durchbricht und durch das Fenster scheint, wird alles in ein goldenes Licht getaucht. Ich muss zugeben, dass die Wohnung traumhaft ist, es gibt sogar ein kleines Zimmer nur für mich. Das ist mehr als ich erwartet habe.
    „Wir nehmen sie!“, ruft Anna mit glänzenden Augen. „Das heißt, wenn Sie einverstanden sind …“
    „Anna!“, zische ich durch die Zähne hindurch. „Isch musch mit dir reden!“
    Anna wendet sich mir überrascht zu. Ich bin so wütend, dass ich beim Sprechen die Zähne aufeinanderpresse. Ein bisschen quietsche ich auch, weil ich mir auf die Zunge gebissen habe.
    „Isch kann hier nischt wohnen! Wenn Schannik hier wohnt, gibt dasch nur Scherereien!“
    „Aber wir haben einen eigenen Eingang!“, flüstert Anna zurück. „Ihr werdet schon miteinander klarkommen, er sieht doch ganz nett aus. Sieh nur, wie herrlich es hier ist! Oder willst du in der Schreberstraße wohnen?“
    Meine Lippen sind nur noch ein schmaler Strich. Heute geht einfach alles schief. Ich hätte es ahnen müssen, als die ersten Nebelwolken meinen Weg zur Schule entlanggekrochen sind. Und das Schlimmste ist, der Tag ist noch längst nicht zu Ende.
    Anna unterschreibt einen Mietvertrag für zwei Jahre und Frau Siebert erlaubt uns sogar, den Garten mitzubenutzen. „Im Sommer kannst du mit Yannik dann Federball spielen“, sagt sie großzügig. Ich verkneife mir eine Antwort und balle nur die Fäuste in meiner Jackentasche. (2)

    Als ich eine halbe Stunde später mit einem Koffer an der Eiche vorbeigehe, höre ich es über mir rascheln. „Hab ich’s doch gewusst!“, flucht Yannik durch die Äste hindurch. „Meine Mutter lässt euch hier einziehen – aber auf eines kannst du gefasst sein: Hier in mein Baumhaus darfst du nicht rein!“
    „Deine Mutter hat uns erlaubt, den Garten zu benutzen“, rufe ich hinauf. „Also darf ich auch auf den Baum klettern!“
    „Das hat vielleicht meine Mutter gesagt, aber nicht ich!“ Seine Stimme zittert vor Wut und ein paar Äste knacken. „Außerdem kommst du hier sowieso nie hoch!“
    Ich lache laut. „Meinst du, ich wäre zu schwach?“
    „Nö, aber zu eingebildet! Du glaubst wohl, du könntest alles!“
    Dreck rieselt herunter, als Yannik höher klettert. Ich blinzle. Es reizt mich ungemein, das Baumhaus zu erobern. Es scheint ein wirklich gutes Versteck zu sein. Aber zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen. Ich schleppe meine Taschen und Koffer in die Wohnung und räume die Kleidung in den Schrank. Mehr als ein Bett und ein Kleiderschrank passt nicht in

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