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Verflixte Hühnersuppe (German Edition)

Verflixte Hühnersuppe (German Edition)

Titel: Verflixte Hühnersuppe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Aretz
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sehe an die Decke. „Aber hätte ich es gewusst, wäre ich trotzdem gekommen.“
    „Ach ja? Willst es wieder allen zeigen, was?“
    „Ich kann etwas Karate, aber die Haltung von Chan-Shaolin – oder wie das heißt – ist ganz anders, also bin ich eine blutige Anfängerin!“
    „Konzentriert euch auf die Dynamik in eurem Inneren!“, sagt Kathi, eine Kursleiterin, und sieht strafend zu uns herüber. „Zu zweit zusammen! Nehmt die Basishaltung ein und greift abwechselnd an!“
    Ich fixiere Yannik, der mich keine Sekunde aus den Augen gelassen hat.
    „Dann müssen wir wohl …“, grinst er. „Los, greif an!“
    „Das hättest du wohl gerne!“
    „Wozu bist du sonst hier? Große Klappe, aber sonst nichts dahinter, was?“
    Ich spüre, wie es in meinem Magen vor Hunger rumort. „Ich bin doch nicht lebensmüde. Wie lange machst du das schon?“
    Yannik zieht mit einem falschen Bedauern die Schultern hoch. „Och, vielleicht drei oder vier Jahre? Also gut, ich fange an!“ Und schon schießt sein linker Arm vor, ihm folgt der rechte Fuß und mit einem spitzen Schrei saust er auf mich zu. Ich weiche dem Schlag aus, indem ich mich ducke und zur Seite werfe.
    „Wir sollten doch was ganz anderes üben!“, protestiere ich, als ich wieder auf den Beinen stehe.
    „Na und? Das hier macht mehr Spaß!“
    Also gut, er will unbedingt ein blaues Auge haben! Ohne Vorwarnung drehe ich mich und kicke mein linkes Bein gegen Yanniks Schulter. In der gleichen Drehung ramme ich ihm meinen rechten Ellbogen in den Bauch. Yannik taumelt und fällt rückwärts zu Boden.
    „Was sollte das denn werden?“, keucht er, als er sich vom Boden erhebt. „Ein kleiner Tanz, was?“
    „Nee, nur eine kleine Abwehr!“
    Wir kämpfen, bis Kathi kopfschüttelnd zwischen uns tritt. „Yannik, du hast zu viel Energie, wie mir scheint! Setze sie in deinem Kopf ein und arbeite nicht aus dem Bauch heraus! Und du, Nadine, du musst besser aufpassen! Du vermischst Judo und Karate, wir üben hier aber erst einmal die Basisangriffe von Chan-Shaolin-Chuan-Fa! Also bitte von vorn.“
    Wir gehorchen, doch als Kathi uns nicht mehr beobachtet, kämpfen wir verbissen weiter, bis plötzlich das Ende der Stunde angesagt wird. Für mich war es der härteste Kampf seit Langem, denn ich habe Yannik grundlegend unterschätzt. Er ist unberechenbar und schnell, das verunsichert mich sehr. Wie soll ich mich gegen die Schwarze Seite wehren, wenn ich schon bei einem 14-jährigen Jungen versage?
    Wütend ziehe ich in der Umkleidekabine einen orientalischen Rock aus der Tasche und gehe zurück in die Halle. Nun ist die Bauchtanzgruppe an der Reihe. Das, was ich dort lernen kann, ist Beweglichkeit und Temperament. Und das werden Yannik und all die anderen nicht haben.
     

     
    Als ich nach Hause komme, fühle ich mich ausgelaugt. Kaum hat Anna die Tür geöffnet, stürze ich zum Wasserhahn der Küche.
    „Wie war’s?“, fragt sie auch gleich.
    „Selten so gelacht!“, keuche ich, als das Wasser mir den Hals hinunterläuft. „Am Anfang haben mir die Frauen nichts zugetraut, doch dann durfte ich den Wolf in der Mitte tanzen!“ (3) Von meinem Kampf gegen Yannik sage ich lieber nichts.

    „Aha. Dann kannst du deinen Bauch ja mal hier rüberschwingen, ich warte nämlich schon seit einer Stunde mit dem Abendbrot auf dich!“
    Ich klatsche die Hände über den Kopf zusammen und tanze mit kreisenden Hüftbewegungen zu Anna. „Gut so?“
    „Sehr gut. Der Junge von Sieberts war eben hier und hat nach dir gefragt.“
    Ich erstarre mitten in der Bewegung. „Yannik? Was wollte er?“
    „Das hat er nicht gesagt. Er war ganz schön verlegen und als ich sagte, du wärst noch beim Sport, sah er mich völlig entgeistert an.“
    „Heute geht aber auch alles schief!“, murmele ich. Nun weiß Yannik, dass ich beim Bauchtanz war. Erzählt er das morgen in der Schule, dann … Schweigend esse ich mein Brot und bin froh, dass Anna nicht weiter nachforscht.
    Danach verziehe ich mich in mein Zimmer. Dort hole ich vier tellergroße Spiegel aus dem Koffer und befestige sie mit Drähten und Klebeband nacheinander an einer Wand, dem Regal, dem Kleiderschrank und auf dem Boden. Dann lege ich mich aufs Bett und ziehe das erste Buch hervor. Nur ein Blick in den Spiegel am Schrank und ich kann sehen, wer durch das Tor im Vorgarten kommt. Genial, nicht? Diesen einfachen Trick habe ich schon bei einigen Wohnungen anwenden können. Ich drehe mich zur Seite – auch der zweite Spiegel steht

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