Verflixte Hühnersuppe (German Edition)
nicht daran glaubt.
Sie drückt auf den Klingelknopf. Es vergeht einige Zeit und gerade als wir uns zum Gehen wenden, hören wir Schritte.
„Eh-jaa?“, fragt eine unwirsche Stimme. Ein Mann in Unterhemd steht vor uns, seine Haare glänzen fettig und der Wind trägt eine kräftige Alkoholfahne zu uns herüber. Unwillkürlich trete ich einen Schritt zurück.
„Oh! Entschuldigen Sie!“, sagt Anna hastig. „Ich glaube, wir haben uns in der Adresse vertan.“ Sie dreht sich um und zieht mich mit sich.
„Hä? Haste heute Morschen an-erufen?“, schreit der Mann hinter uns her. „Willscht’e die Wohnung seh’n? Die is oben, sehr schöner Auschblick in den Gaten!“
„Nein, danke!“, ruft Anna und stürmt an den verdorrten Astern vorbei.
Ich drehe mich noch einmal um. Nenn es Eingebung, Intuition oder einfach nur Neugier – im oberen Fenster steht jedenfalls ein Mädchen. Diese grünen Augen! Ich bin mir fast sicher, dass es Katzenauge ist.
Kurz darauf nähern wir uns einem Haus, das aussieht wie aus dem Bilderbuch. Es strahlt in glänzendem Weiß und lässt sogar die grauen Wolken heller wirken. Der Garten ist mit hübschen Pflanzeninseln angelegt und eine stattliche Eiche steht im Vorgarten. In ihrer Krone verbirgt sich ein Baumhaus, das ich am liebsten sofort erobert hätte.
„Wunderschön!“ Anna öffnet ein hüfthohes Gartentor, in dem kunstvolle Schnörkel eingelassen sind. Der schmale Kiesweg führt an der Eiche vorbei auf eine Haustür zu, die von einem künstlichen Rosenkranz umgeben ist. Ein weiterer, jedoch etwas schmalerer Pfad schlängelt sich an den Rhododendren entlang, die mit unzähligen Knospen versehen an der Hauswand stehen. Es sieht so aus, als ende er direkt an einer Einliegerwohnung. Für uns wäre es optimal, einen eigenen Eingang zu haben, dann wären wir nicht gezwungen, ständig mit den Vermietern zu quatschen.
Als Anna auf die Klingel drückt, kündigt der Gong uns wie eine zwitschernde Amsel an. Augenblicklich sehen wir durch die geriffelten Glasscheiben der Haustür einen Schatten näher kommen. Die Tür öffnet sich und ein Junge in Jeans und einem blauem Hemd steht vor uns.
„Guten Tag, Sie müssen wohl … OH NEIN!“
Entsetzt starrt Yannik mich an und ich starre genauso entgeistert zurück.
„Verflixte …!“ (7)
Kapitel 5
oder
Achtung – die Hühner greifen an
Yanniks Augen glitzern streitsüchtig. „Verfolgst du mich jetzt auch noch bis nach Hause?“, knurrt er. Es ist ihm anzusehen, dass er mich in den Schlund der Hölle wünscht – oder er hat sich gerade auf die Zunge gebissen und versucht es zu vertuschen.
Ich verschränke unbeeindruckt die Arme vor der Brust. „Ihr vermietet eine möblierte Wohnung – ist das etwa falsch?“
„Nö“, brummt er und rückt ein Stück zur Seite. „Kommt rein!“
Ich trete in den Flur, doch Anna bleibt lächelnd vor Yannik stehen. „Wie ich sehe, kennt ihr euch bereits. Anna Leuchten ist mein Name, ich habe auf die Anzeige hin angerufen.“
„Ich weiß“, sagt Yannik ein wenig freundlicher. „Meine Mutter ist im Wohnzimmer. Kommen Sie bitte mit.“ Er geht an mir vorbei, ohne mich jedoch auch nur eines Blickes zu würdigen.
„Du hättest mir sagen sollen, dass du inzwischen Freunde gefunden hast“, schmunzelt Anna und folgt Yannik kopfschüttelnd.
„Nur die besten, das weißt du doch!“, sage ich so laut, dass auch Yannik es hören muss. Soll ich mir etwa von einem eingebildeten Mitschüler das Leben schwermachen lassen? Nee, will er Krieg haben, bitte, das soll sein Problem sein!
Im Wohnzimmer begrüßt uns eine Frau. Sie hat die schwarzen Haare hochgesteckt und ist komplett in Weiß gekleidet. „Herzlich willkommen!“, sagt sie und begutachtet Anna und mich von oben bis unten. „Waltraut Siebert. Sie sind Frau Leuchten und Tochter Nadine? Bitte setzen Sie sich! Wollen Sie nicht einen Tee mit mir trinken?“
Ihre Stimme ist ein wenig kindlich, aber ich weiß genau, dass sie nur verstellt ist. Vermutlich ist sie sehr penibel und fegt wie ein Drache durch die Bude. Selbst wenn du glaubst, alles richtig zu machen, sie wird immer noch etwas finden, worüber sie sich auslassen kann. Diese Menschen habe ich schon oft kennen gelernt und ich weiß mit ihnen umzugehen. Nur Yannik tut mir in diesem Moment echt leid.
Frau Siebert zeigt auf eine weiße Sitzgruppe mit Lederbezug, die um einen Kristallglastisch angeordnet ist. Auf den Fensterbrettern stehen unzählige Topfpflanzen, die Blätter glänzen,
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