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Verflixte Hühnersuppe (German Edition)

Verflixte Hühnersuppe (German Edition)

Titel: Verflixte Hühnersuppe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Aretz
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Entfernung.
    Dulack spurtet wirklich los und springt mit einem Satz hinüber. Ich warte, bis er sich umdreht, dann stoße ich mich ab – und lande mit beiden Füßen mitten im Wasser. Mit einem Phschlasch! spritzt der Schlamm in alle Richtungen.
    „Oh, Entschuldigung! Da hab ich mich wohl verschätzt!“, rufe ich und unterdrücke ein Lachen. Es ist einfach zu schön, ihn so besprenkelt zu sehen! Der Sud rinnt ihm sogar von seinen Haarspitzen herunter.
    „Ich hätte gedacht, du schaffst das locker!“ Dulack wischt sich übers Gesicht. „Vorhin hast du doch auch …“
    Da spurte ich los. Ich laufe so schnell, dass ich ihn weit hinter mir lasse, und schon an der zweiten Biegung verschmilzt er mit den Schatten der Bäume. Ich lache in mich hinein, verlangsame mein Tempo aber trotzdem nicht.
    Dem habe ich es gegeben! Er mag zwar mein Lehrer sein, aber dass ausgerechnet er mit mir joggen will, ist so aussichtslos wie ich jemals ein Huhn rupfen werde! Er wird keine Ruhe geben, bis er alles aus mir herausgequetscht hat. Ich brauche mich nur ein Mal zu verhaspeln, dann kennt er mein Geheimnis. Grad eben wäre es auch beinahe geschehen. Das Risiko kann ich einfach nicht eingehen. Außerdem will ich keinen Joggingpartner haben, der auf mich aufpasst.
    Das Morgenlicht fließt wie Sahne durch die Bäume, die Geräusche der Stadt wallen auf und die Lichter in den Fenstern vertreiben die Nacht. Am Horizont ist ein hellgrauer Streifen zu erkennen, der sich mühsam vorwärtsschiebt. Eigentlich will ich noch im Dunkeln heimkehren, damit mich niemand erkennen kann. Vor allem sollen mich Yannik und seine Eltern so nicht sehen.
    Plötzlich knackt es im Gehölz und eine dunkle Gestalt löst sich aus dem Schatten der Bäume. Blitzschnell springe ich zur Seite, rolle über den Boden und packe einen armdicken Ast. Einen Moment später stehe ich schon wieder auf beiden Füßen und drehe mich den Angreifern zu.
    Als hätte ich es geahnt! Irgendwann müssen meine Feinde ja auftauchen, das kann gar nicht anders sein! Und dass sie es gerade dann tun, wenn ich nicht mit ihnen rechne, war auch klar. Mein Herz hämmert wie ein Maschinengewehr.
    „Was sollte denn das werden?“, fragt Dulack und verkneift sich mühsam ein Lachen.
    Ich starre ihn an. Wieso ist er hier? Das kann doch gar nicht sein! Er hat mich nicht überholt! Oh, verflixte Hühnersuppe! Hat er vielleicht eine Abkürzung genommen? Warum ist mir das nicht früher eingefallen?
    Dulack betrachtet mich deutlich amüsiert von oben bis unten. „Ich glaube, jetzt sind wir quitt!“
    Ich fühle mich furchtbar schleimig, selbst meine Haare sind vom Dreck verklebt. „Wunderbar!“, brumme ich und spucke etwas Schlamm aus. „Dann stell ich mich gleich im Jogginganzug unter die Dusche. Ich brauch nur noch eine Entschuldigung: Konnte leider nicht zur Schule kommen, weil ich noch auf der Leine trocknen musste! “
    Er lacht – genau so wie früher. Zögernd stimme ich mit ein. Kannst du mir mal sagen, wie ich einen Lehrer ernst nehmen soll, mit dem ich einst Pferde stehlen war? (4)

    „Nun sag mir mal, warum du vor mir weggerannt bist! Hast du Angst?“, fragt er.
    Ich falle in ein trotziges Schweigen. Vor Dulack brauche ich sicher keine Angst zu haben, aber hätte einer meiner Feinde mich so überrascht … Viele grausame Gerüchte über die gewisse Schwarze Seite gingen auf meiner Heimatwelt umher, die ich mir lieber nicht deutlicher vor Augen halten will. Meistens wurden die Opfer auf brutalste Weise gejagt oder lebenslang eingesperrt und misshandelt. Einige aber fand man verstümmelt oder bis zur Unkenntlichkeit entstellt in einem See oder Fluss. Und gerade ich werde sicher keine Schonung erhalten.
    „Du solltest nicht allein im Wald herumlaufen – schon gar nicht zu dieser Zeit! Wissen deine Eltern davon?“
    „Meine Oma weiß Bescheid, aber sie wollte nicht mitlaufen“, schmolle ich.
    „Das kann ich mir denken …“, schmunzelt Dulack. „Ich kann nicht zulassen, dass du alleine durch den Wald joggst. Weißt du was? Wir treffen uns das nächste Mal am Eingang des Parks und laufen dann gemeinsam.“ Er zögert einen Moment und setzt dann hinzu: „Aber bitte ohne eine Schlammschlacht, wenn es irgendwie geht …“
    Meine Freude über diesen Entschluss kannst du dir sicher vorstellen. Ich will nicht mit ihm joggen! Oder doch – ich will es schon, wäre da nicht dieses komische Wirrwarr meiner Gefühle. Er hat noch immer denselben kindlichen Charme von damals, nur seine

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