Verflixte Hühnersuppe (German Edition)
laufen. „Du läufst, als würdest du vor etwas flüchten. Sind es deine Gedanken? Hast du vor etwas Angst? Morgen werden wir einmal so joggen, wie ich es für richtig halte.“
„Ich flüchte nicht!“, widerspreche ich ein wenig zu heftig, dass sogar mir der bittere Unterton in meiner Stimme auffällt. Dann räuspere ich mich, damit der nächste Satz wieder normal klingt. „Ich laufe, um mich fit zu halten, das ist doch nichts …“
„Du spürst deine Verbissenheit nicht einmal mehr!“ Dulack schüttelt den Kopf. „Ich kann mich täuschen, aber du schleppst ein dickes Problem mit dir herum. Warum kämpfst du nicht? Stell dich deinem Problem! Rede mit jemandem darüber, aber flüchte nicht vor dir selbst!“
In meiner Kehle sitzt plötzlich ein dicker Kloß. Ärgerlich ziehe ich den leeren Zeitungswagen aus dem Gebüsch. Verflixte Hühnersuppe, da ist wieder das Gefühl, das alles schiefgehen wird! Was weiß Dulack schon von meinen Problemen?! Gar nichts! Ohne ein weiteres Wort drehe ich mich um und renne nach Hause. Aber jeder Schritt pocht mit voller Wucht gegen mein Gewissen.
Ja, Lennon, du hast Recht! Stell dich deinem Problem! Auch Superman – oder wie diese Superhelden alle heißen – lebte nach dieser Regel. Nur ich scheine es nicht zu können! Rede mit jemandem, sagst du. Rede, aber flüchte nicht vor dir selbst! Das gilt für dich, für alle anderen auf dieser Welt, aber nicht für eine Person, die seit unendlich vielen Jahren herumirrt. Ich habe mein Zuhause verloren. Vor genau 37 Jahren.
Ich kann meine Gedanken kaum beherrschen. Soll ich einfach die Schule schwänzen? Doch dann denke ich an Yannik, der im Unterricht vielleicht Hilfe braucht, denke an Ricky und ihre Clique, denen ich mich widersetzen will. Und dass ich mich wieder feige verkriechen werde.
Stell dich deinem Problem , schießt es mir immer wieder durch den Kopf.
Na gut! Jetzt habe ich lange genug auf meine Eltern gewartet, ich weiß nicht, ob der Krieg in meiner Heimat zu Ende ist oder nicht, ich weiß noch nicht einmal, ob meine Eltern noch leben. Mir reicht’s! Die Hühnersuppe steht mir bis zum Hals, wenn du’s genau wissen willst. Ich kann nicht mehr warten. Ich muss es tun, ich muss meine Feinde herauslocken! Ich werde das Zeichen benutzen und sie zu mir führen!
Vielleicht werde ich den Kampf gegen die Schwarze Seite verlieren – aber zumindest hätte ich es versucht.
Kapitel 7
oder
Der perfekte Moment zur perfekten Zeit
Es hat noch nicht zum Unterricht geschellt, als ich mit starrem Blick auf Ricky zustapfe. Ich weiß, dass mich alle Schüler wieder aufmerksam beobachten. So langsam gewöhne ich mich ja daran. Das, was ich nun im Schilde führe, habe ich mir gründlich überlegt. Die Zeit ist reif für eine neue Hühnersuppenmischung!
Ricky entdeckt mich erst, als ich nur noch zehn Schritte von ihr entfernt bin. Sie warnt ihre Freunde, die sich umdrehen und wie Gorillas grinsen. Und ihr Blick ist ebenso treudoof.
„Ah!“, ruft Ricky aus. „Da kommt ja unser kleiner Dummkopf! Oder soll ich lieber Pausbäckchen sagen?“
Ich zucke nicht ein einziges Mal mit der Wimper. „Gib den Weg frei, Katzenauge!“, sage ich laut und deutlich. Meine Hand vergrabe ich in der Jackentasche und umklammere das Zeichen. Der Stein vibriert, so, als wolle er mich in seinen Bann ziehen, als wolle er mich einladen, eine Dummheit zu begehen.
„ Gebrauche es nur, wenn es unbedingt nötig ist! “, hatte mir die Magd Amarelia vor langer Zeit gesagt – und für einen Augenblick zögere ich, meinen Plan auszuführen. Aber jetzt ist es zu spät. Mache ich kehrt, sehe ich aus wie ein Affe, der Gänseblümchenblütenblätter ausreißt. (1)
Ricky quiekt hell und schrill und ihre vier Freunde umstellen mich. „Aber bitte doch, kleiner Dummkopf! Niemand steht dir im Weg!“ Sie tritt zur Seite, damit ich ungehindert an ihr vorbeigehen kann.
„Gebt den Weg für alle frei!“, sage ich ohne mich zu rühren.
„Du verlangst etwas zu viel!“, zischt Ricky und ihre Stimme klingt gefährlich und kalt. „Wir können doch unsere Barrikade nicht einfach weglassen! Die armen Schüler würden sie vermissen, wo sie sich doch sooo daran gewöhnt haben!“
„Das glaubst aber auch nur du!“, entgegne ich zornig. „ Ihr werdet beiseitetreten und alle an euch vorbeiziehen lassen! Und ihr werdet dabei brav zu Boden sehen! “ Und in Gedanken füge ich hinzu: Im Zeichen des Friedens, das ist mein Wille!
Als Ricky schon wie elektrisiert auf
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