Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verflixte Hühnersuppe (German Edition)

Verflixte Hühnersuppe (German Edition)

Titel: Verflixte Hühnersuppe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Aretz
Vom Netzwerk:
Adresse meines Schulleiters!
     

     
    Ich jage durch die Straßen und spüre, wie sich wieder die Angst in meinen Kopf frisst und mich zwingen will, alles aufzugeben. Sie hält mir auch noch haargenau meine Niederlage in der Schreinerei vor Augen – so gerissen ist dieses Wesen, dass ich beinahe meinen ganzen Mut in den Wind schießen will. Aber da gibt es zum Glück die neue Aufgabe. Ich dränge das Monster mit dem Namen Angst beiseite und denke an Steinkaul. Der Schulleiter ist ein zu netter Mann, um ihn in irgendeiner Gefahr schmoren zu lassen. Ich male mir die schlimmsten Gemeinheiten aus, die der Wolf sich erdacht haben könnte. Sicher, das ist nicht gerade die beste Alternative, denn nun hat die gemeine Angst ihren Platz mit der schrecklichen Sorge getauscht.
    Als ich in den Rosenweg einbiege, gibt es jedoch nichts, was den Frieden stört.
    Ich stoppe dennoch erst vor der Tür eines Hauses am Ende der besagten Straße. Dort klingle ich Sturm, wieder und wieder. Doch nichts regt sich. Vorsichtig spähe ich durch das Fenster. Drinnen herrscht Stille.
    Sollte ich mich getäuscht haben? (5)

    Ich vergewissere mich, ob ich noch jemanden kenne, der auf den zwei Telefonbuchseiten aufgeführt wird, dann schüttle ich nachdenklich den Kopf. Was bezweckt der Wolf? Er hat gewusst, dass ich nach Hause laufe. Dann hat er mich zu Franz geschickt und dort den Hinweis auf Steinkaul gegeben. Ist ihm etwas misslungen? Ich sehe mich noch einmal prüfend um, aber es ist keine Menschenseele zu sehen.
    „Er macht keine halben Sachen!“, zische ich.
    Entschlossen wie nie zuvor dringe ich durch das Gebüsch, um in den Garten zu kommen. Vielleicht ist eines der Fenster angekippt … Aber leider muss ich feststellen, dass sogar die Terrassentür verschlossen ist. Einen Moment lang zögere ich, dann nehme ich einen Blumentopf und schmettere ihn gegen die Scheibe.
    Zum dritten Mal wirbelt Glas um mich herum. Als ich durch die Tür steige, rutsche ich aus und krache auf meinen Po. Ich stütze mich ab, doch die Splitter schneiden mir Wunden in die Haut. Manchmal ist eben der Wurm drin! Geht einmal etwas schief, jubelt die Pechsträhne und schlägt einen dreifachen Salto.
    „Hallo?“, rufe ich laut, als ich die Glasscherben von mir abschüttle. Ich lausche in die Wohnung hinein, aber außer dem Vogelgezwitscher, das durch die nun offene Tür dringt, bleibt alles still. Für einen Moment überfallen mich Zweifel und ich sehe schon, wie mich Polizisten in Handschellen abführen. Wie lange muss ich wohl arbeiten, um die Fensterscheibe zu bezahlen? Habe ich es nicht schon schwer genug?
    In der Diele am Garderobenschrank verharre ich wie angewurzelt. Ich darf nicht in Selbstmitleid verfallen, das lenkt viel zu sehr von meiner eigentlichen Absicht ab! Diese altkluge Bemerkung stammt übrigens nicht von mir. Amarelia war es, die das manchmal zu mir gesagt hat. Hockte ich nachts über den Büchern und kamen mir die Tränen, weil ich glaubte, nie wieder nach Hause zurückzukehren, hat sie mich in den Arm genommen und genau das gesagt.
    Irgendwo rauscht Wasser! Ich höre es deutlich, es muss also doch jemand im Haus sein.
    „Hallo?“, rufe ich noch einmal, dann öffne ich die erste Tür. Es ist ein Arbeitszimmer. Als ich den leeren Schreibtisch sehe, atme ich erleichtert auf. Zum Glück sitzt Steinkaul nicht auf seinem Stuhl und sieht mich mit vor Schreck verzerrtem Gesicht an. Und trotzdem stimmt etwas nicht. Ich spüre es so deutlich, als habe die Angst eine zweite Haut bekommen – und diese Haut spannt so straff, dass ich mich kaum bewegen kann. Mühsam laufe ich von Tür zu Tür, haste die Treppe hinauf und höre es aus einem der Zimmer gluckern. Duscht der Schulleiter vielleicht gerade? Was macht er wohl für Augen, wenn plötzlich eine Schülerin vor ihm steht? (6)

    „Ist hier jemand?“, rufe ich unsicher, dann poche ich gegen die Tür. Das Gluckern hört nicht auf, aber es mischt sich ein helles Quieken dazu. Jemand versucht, mit verschlossenem Mund zu sprechen!
    Mir stockt der Atem, als mein Blick auf das Schlüsselloch fällt. Ein dicker Wulst aus Wachs oder aus etwas ähnlich Formbarem ist in das Loch gestopft worden – und nun sehe ich auch, dass die Tür rundherum damit abgedichtet ist. Ich kratze in der Kante, bis sich das Material herauslöst, dann ziehe ich es vorsichtig ab.
    Aus dem Spalt zwischen Tür und Zarge spritzt Wasser, der Strahl wird immer heftiger, je weiter ich die Dichtung herausreiße. Das Badezimmer muss

Weitere Kostenlose Bücher