Verflixte Hühnersuppe (German Edition)

sein Knie auf Dulacks Rücken und würgt seine Worte ab. Ich will zu ihm, aber der Roboter-Wolfs-Junge hebt warnend eine Hand. Und als habe eine höhere Macht Besitz von mir ergriffen, bleibe ich augenblicklich stehen. Wahrscheinlich aber ist es lediglich die Furcht, die ich vor diesem Blechjungen habe.
    „Du hast mit ihm gesprochen!“, zischt dieser mir jetzt zu. Ihn scheint Annas und Dulacks Schicksal nicht zu berühren, sondern nur diese Sache zu interessieren. Sogar Steinkauls Warnung beachtet er nicht. „Gib es zu, du hast dich dem Zeichen anvertraut! Du bist wirklich das absolut dümmste Kind, das mir je untergekommen ist! “
    „W… was meinst du?“, stottere ich.
    „Das Zeichen hat ein Eigenleben entwickelt! Du hast es wie einen Freund behandelt, hast ihm deine Sorgen und Gedanken anvertraut – und du fragst noch, warum? Kein Erwachsener tut das! Niemand redet mit einem Stein!“
    „Als Amarelia starb, fühlte ich mich sehr allein“, murmele ich. „Und ich wusste ja noch nicht, ob ich Anna vertrauen konnte. Für mich war das eine sehr schwere Zeit …“
    Der Wolf bellt verächtlich. „Die wahren Träger des Friedenskristalls geben sich nicht ihren Gefühlen hin! Deine Eltern haben einen sehr schwerwiegenden Fehler begangen! Vielleicht ist der Kristall jetzt nie mehr zu gebrauchen.“
    „Aber …“
    „Nichts aber!“, fährt der Wolf harsch dazwischen. „Ich bin der erste Hüter des Zeichens und mich hat er abgelehnt! Das ist allein deine Schuld! Alle Menschen des Sieben-Welten-Zentrums werden nie mehr in Frieden leben können!“
    Ich starre ihn verständnislos an. Habe ich dem Kristall unbewusst Kraft verliehen, weil ich mich ihm anvertraut habe? Ich denke an die vielen Stunden – vor allem nachts –, in denen ich allein auf meinem Bett lag und nachdachte. Oft hatte ich ihn hervorgezogen und an meine Wange gehalten. Dann hat er mir Geschichten zugeflüstert. Ich habe sie vor meinen Augen gesehen, als sei ich selbst dabei gewesen. Natürlich habe ich ihm auch von meinen Erlebnissen berichtet. Ist das denn falsch? Kann ein Stein wirklich Gefühle entwickeln?
    Die Schlangenfrau erhebt sich mühsam und humpelt mit schmerzverzerrtem Gesicht auf den Wolf zu. „Noch ist nichts verloren“, sagt sie gequält. „Der Kristall hat ein Eigenleben entwickelt, das steht fest. Er hat sich auch den Greis als zweiten Hüter gewählt – oder hast du ihn dazu gebracht, Kleine?“
    „ Du hast mich als Hüter ausgewählt!“, flüstert Steinkaul mir ins Ohr. „Erinnerst du dich, als du dir die Bilder in der Halle angesehen hast? Ich habe dir meine Hand auf die Schulter gelegt, da sagtest du gerade: , Du sollst auch noch einen Schutz in dir tragen, der dich unzerstörbar macht! ‘ Ich glaube zwar nicht, dass du mich in dem Moment gemeint hast, aber als ich dich berührte, durchzog mich eine seltsame Energie. Wahrscheinlich hast du mich unabsichtlich mit einem Schutz belegt.“ (2)

    Endlich begreife ich und sehe den Schulleiter ernst an. „Ich war das nicht. Der Kristall hat es getan!“
    Der Wolf hebt überrascht den Kopf und schlagartig verfinstert sich sein Gesicht. Die Schlangenfrau hat von der Unterhaltung scheinbar nichts gehört und schüttelt nun ärgerlich den Kopf. „Anna hat wahrscheinlich nur einen äußerlichen Schutz von Amarelia bekommen, damit sie so lange wie möglich durchhält und bei dem Kind bleibt. Wir haben gedacht, sie stünde mit dem Zeichen in Verbindung, aber offenbar ist das nicht der Fall. Für uns ist sie nutzlos.“ Ihr Blick versprüht unverkennbare Boshaftigkeit.
    „Ihr rührt Anna nicht an!“, schreie ich.
    In einem Anflug von Panik sehe ich meine jahrelange Begleiterin tot auf dem Boden liegen – mit einer Schlange als Symbol in die Haut geritzt. Gleichzeitig wird mir bewusst, dass Anna nicht freiwillig mit mir von Ort zu Ort gezogen ist. Amarelia hat sie beeinflusst, wie auch immer das geschehen konnte.
    „Krümmt ihr Anna auch nur ein Haar, bekommt ihr niemals den Friedenskristall!“ Ich drücke meinen kleinen Freund an mich und starre die Frau finster an.
    Steinkaul legt mir eine Hand auf die Schulter. „Und ich unterstütze dich, Nadine!“
    Als der Schulleiter mich berührt, kribbelt es mir plötzlich unter der Haut und ein Energieschub geht von uns aus, der wie eine unsichtbare Welle davonschießt. Die Schlangenfrau und der Wolf taumeln zurück, die Frau rudert sogar mit den Armen und stürzt zu Boden. (3)

    „Sie haben die Macht in sich vereinigt!“,