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Verflixtes Blau!

Verflixtes Blau!

Titel: Verflixtes Blau! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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ihn waren es mehrere Stunden. Der Farbenmann sagte ihm voraus, was an jenem Tag geschehen würde. Doch davor und danach bekam er die Farbe stets von seiner Frau Camille.«
    » Aber sie ist gestorben, nicht?«, sagte Henri.
    » Monet sagt, sie sterben alle, Henri. Es gibt da immer eine Frau, und immer stirbt sie.«
    Henri drehte seine Zigarre im kristallenen Aschenbecher, trennte die schneeweiße Asche ab und erstickte die Glut. Er sah Lucien über sein pince-nez hinweg an, betrachtete den Bäcker, als sei dieser ein Gemälde, und analysierte die Pinselstriche, die seine Wimpern darstellten. Lucien täuschte Husten vor und starrte den Tisch an, wich dem Blick seines Freundes aus.
    » Nicht immer«, sagte Henri mit sanfter Stimme, der Stimme eines Freundes, nicht der des impertinenten Malers Toulouse-Lautrec. » Sie sterben nicht immer. Carmen ging fort. Ihr geht es gut. Juliette ging fort, damals, und sie kam zurück. Vielleicht kommt sie wieder.«
    » Aber du hast selbst gesagt, dass Carmen fast gestorben wäre. Was ist, wenn Juliette irgendwo krank daniederliegt? Was ist, wenn der Farbenmann sie eingesperrt hat? Wer weiß, was er mit ihnen anstellt?«
    » Carmen weiß es«, sagte Henri. » Wir könnten sie fragen, was der Farbenmann so treibt.«
    » Aber sie kann sich nicht erinnern.«
    » Das konntest du auch nicht, bis der Professeur seinen Zaubertrick mit der blauen Uhr angewendet hat.«
    » Wir haben kein Blau mehr.«
    » Doch, Lucien, haben wir. Wir haben deinen Blauen Akt. Weißt du noch, wie Renoir reagiert hat, als er das Bild sah? Es war, als führte es ihn zurück zu seiner Margot. Wir werden Carmen bitten, sich zu erinnern, während sie dein Bild betrachtet.«
    » Ich würde alles versuchen, Henri, aber wird es denn nicht schmerzvoll für dich sein, wenn du Carmen siehst?«
    » Wenn sie sich an mich erinnert wie ich mich an sie, dann keineswegs. Wenn nicht, wird es mir das Herz brechen, aber sie ist ein Rotschopf. Da ist nichts anderes zu erwarten. Morgen früh kannst du dein Bild von Bruant holen und in mein Atelier bringen. Bis dahin werde ich ein paar Skizzen für Salis anfertigen und zwecks abendlicher Vergnügung kurz im Bordell an der Rue d’Amboise vorbeischauen. Morgen früh gehe ich ins Marais und hole Carmen ab, um sie im Angesicht deines Blauen Aktes zu befragen. Vielleicht hilft uns Le Professeur.«
    » Er ist unterwegs, um irgendeine neu entdeckte Höhle in Spanien zu erkunden.«
    » Weißt du, ob er meine mechanischen Stelzen fertig hat?«
    » Ich weiß, dass er damit beschäftigt war. Er meinte, er wollte sie bei dir im Atelier abgeben. Sind sie nicht gekommen?«
    » Ich weiß nicht. Ich war noch nicht da. Ich wollte erst frühstücken, bevor ich an die Arbeit gehe.«

    Der Farbenmann schloss die Tür auf und manövrierte den Manet seitwärts in die Wohnung. Es war dunkel, keine einzige Gaslampe brannte, und doch konnte er Juliette im Mondlicht sehen, das durchs Fenster hereinfiel. Sie stand am Herd, rührte etwas in einem Topf. Es roch nach Eintopf, Lamm vielleicht.
    » Chérie, wieso stehst du im Dunkeln wie eine dumme Trine? Komm, sieh dir an, was ich mitgebracht habe. Ich wette, daran erinnerst du dich nicht.« Er lehnte das Gemälde an die Wand, dann nahm er Streichhölzer vom Kaminsims, stieg auf einen Stuhl unter einem der Gasleuchter, drehte das Ventil auf und riss ein Streichholz an. Nicht einmal vom Stuhl aus konnte er den Leuchter erreichen. Irgendwo lag das Verlängerungsrohr, aber im Dunkeln würde er es nicht finden.
    » Komm, hilf mir.«
    Sie ließ den Löffel sinken und bewegte sich mit unbeholfenen, mechanischen Schritten durch den Raum. Sie nahm das Streichholz und hielt es an den Leuchter, der zischend aufflammte.
    Dann trat sie zurück und stand da, hielt das brennende Streichholz in der Hand. Der Farbenmann blies es aus, bevor es ihr die Finger verbrannte. Sie trug das veilchenblaue Kleid. Von den Rüschen an ihrem Busen hing ein Zettel. Darauf stand: NICHT JULIETTE POPPEN , in Blockbuchstaben und doch elegant.
    Der Farbenmann seufzte und stieg von seinem Stuhl. Also war Bleu in einen anderen Körper umgezogen.
    Der Farbenmann sagte: » Die Concierge wollte Etienne nicht mit raufkommen lassen, das Biest. Aber ich habe ihm ein paar Möhren im Stall gelassen. Und ich habe eine neue Waffe.« Er zog den kleinen Revolver aus seinem Hosenbund und schwenkte ihn wie ein kleiner, abgebrochener Cowboy.
    Juliette sagte nichts, drehte sich jedoch zu ihm um, als er die Pistole

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