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Verflixtes Blau!

Verflixtes Blau!

Titel: Verflixtes Blau! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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wegsteckte und an den Herd trat, um den Eintopf zu kosten.
    » Erinnerst du dich an diesen Manet?« Er schob das Bild ins Licht. » Berthe ist fast so hübsch wie du. Nur mit dunkleren Augen.«
    Juliette blinzelte, mehr nicht. Er wusste, dass sie ihm nicht antworten würde. Ihresgleichen sprach nie, was ihm, wenn er ehrlich sein sollte, besser gefiel, als wenn Bleu darin wohnte. Obwohl das selten vorkam, nur wenn sie ein Modell von Grund auf neu erschuf. Die meiste Zeit sprang sie einfach von einem Körper in den nächsten, manchmal sogar hin und her, und ließ die Person, deren Körper sie benutzt hatte, oft genug verwirrt zurück, sodass diese sich nicht erinnern konnte, wo sie gewesen war, während Bleu das Kommando gehabt hatte. Manchmal jedoch– wie bei Juliette– suchte Bleu nur einen Körper, einen Leichnam (in diesem Fall eine Ertrunkene in der Leichenkammer auf der Île de la Cité), und dann formte sie diesen zu einem völlig neuen, lebendigen Wesen. Juliette hatte nie existiert, bis Bleu sie erschuf, und als Bleu dann weiterzog, war Juliettes Hülle kaum mehr als eine Puppe. Sie konnte sich bewegen und nahm Anweisungen entgegen, erledigte einfache Aufgaben, aß, trank und ging selbstständig zur Toilette, besaß jedoch keinen eigenen Willen.
    » Der Zettel wäre nicht nötig gewesen«, sagte der Farbenmann. Er trat an den Herd und schöpfte Eintopf in zwei flache Schalen. Die Schalen stellte er auf den Tisch und ging wieder in die Küche, um Löffel und ein Baguette zu holen. » Komm, setz dich zu mir. Iss was«, sagte er.
    Juliette kam an den Tisch, setzte sich und fing an zu essen.
    » Langsam«, sagte der Farbenmann. » Es ist heiß. Du musst pusten.« Er zeigte ihr, wie man auf einen Löffel Eintopf pustete, bevor man ihn in den Mund nahm, und sie ahmte seine Geste nach, pustete viermal darauf, genau wie er, bevor sie den Löffel in den Mund nahm. Ein brauner Tropfen rann an ihrem Kinn herab und fiel auf das Tischtuch.
    Der Farbenmann kletterte von seinem Stuhl, schnappte sich ihre Serviette vom Tisch und stopfte sie in den hohen Kragen ihres Kleides, wobei er darauf achtete, dass er das Lätzchen vor ihren Brüsten mehrmals glatt strich, um sicherzugehen, dass es auch richtig saß.
    » Nur damit du dir dein Kleid nicht ruinierst. Siehst du, ich brauchte den Zettel gar nicht.«
    Leeren Blickes starrte sie eine Stelle mitten auf dem Tisch an, lächelte jedoch sanft nach jedem Bissen, den sie nahm. Sie war wirklich süß. Eine angenehme Gesellschaft, wenn Bleu nicht in ihr steckte, sarkastische Bemerkungen machte und Befehle bellte. Allerdings wusste er, dass er Bleus Wünsche respektieren musste. Einige Male hatte er das nicht getan, und als sie es herausfand, wachte er brennend auf, was eher unangenehm war. Aber sie brauchten doch ein Dienstmädchen, oder nicht?
    » Nach dem Essen könntest du vielleicht ein wenig putzen«, sagte er. Er brach ein Stück Brot ab und warf es in ihre Schale. Sie nahm es und nagte daran herum wie ein Eichhörnchen, das an einer Eichel knabbert.
    Auf dem Zettel stand nur, dass er Juliette nicht poppen sollte. Kein Wort davon, dass sie nicht die Wohnung putzen durfte. Und da stand auch nicht, dass sie beim Putzen bekleidet sein musste, oder? Nein, davon stand da nichts.
    » Du kannst putzen, und dann wollen wir doch mal sehen, ob ich dich nicht doch erschrecken kann«, sagte der Farbenmann. » Falls Bleu bis morgen früh nicht wieder da ist, kannst du mit zum Montmartre kommen, um den Bäcker und den Zwerg zu erschießen. Das wird lustig.«
    Er hatte schon ganz vergessen, wie gut es ihm gefiel, wenn Bleu eine ihrer leeren Hüllen im Haus herumspazieren ließ. Nur dem Angezündetwerden konnte er nichts abgewinnen.
    Wie sich herausstellte, war es gar nicht so schwierig gewesen, einen anderen Maler zu finden. Sie hatte genau den richtigen gefunden– einen, den sie schon länger kannte und dessen Vorlieben ihr vertraut waren. Doch damit er von Wert war, brauchte sie das Blau, und um das zu bekommen, musste sie zum Montmartre, und wie sich herausstellte, war es problematisch, im Quartier Latin um Mitternacht eine Droschke zu bekommen, besonders, wenn man ein vierzehnjähriges, polynesisches Mädchen war, als welches Bleu momentan auftrat.
    Der Droschkenkutscher schnarchte auf seinem Sitz, und das Pferd döste in seinem Geschirr.
    » Entschuldigen Sie, Monsieur«, sagte sie und zupfte vorsichtig an seiner Hose. » Entschuldigung.«
    Der Kopf des Kutschers rollte einmal im Kreis

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