Verflixtes Blau!
mischen.
Er verrührte die Mixtur mit einem Stöckchen, bis daraus eine weiche, glänzende Paste geworden war, dann lenkte er das Mädchen mit einem weiteren Apfel und noch einem Silberstück ab und trug das Blau auf ihren Körper auf, während sie sich kichernd wand und ihren Apfel kaute.
» Sie wird sehr böse sein, wenn sie dich sieht«, sagte der Farbenmann, trat von dem Mädchen zurück und prüfte sein Werk. » Sehr böse, glaube ich.«
Am Ende des hölzernen Kranes war ein großer, flacher Stein befestigt, etwa auf Brusthöhe des Farbenmannes, und er drückte ihn herunter, so gut es ging, doch der Arm des Krans blieb im Wasser und rührte sich nicht. Er ächzte und hüpfte und baumelte hin und her, aber dennoch hob sich der Kran nur um ein paar Daumenbreit.
» Mädchen, komm her!«, sagte er zu dem schlichten Mädchen, das ihn fasziniert beobachtete wie ein Kätzchen ein Uhrwerk.
Er stapfte zu ihr hinüber, nahm sie bei der Hand, dann führte er sie zu dem großen Stein.
» Hilf mir drücken.« Er mimte die Bewegung auf dem Stein. Das Mädchen sah ihn an, schob sich den Apfel mit beiden Händen in den Mund. Nichts.
Er wollte sie dazu bringen, dass sie auf den Stein sprang, doch es fand sich keine strategisch vernünftige Positionierung des Apfels, und als sie schließlich nicht einmal begreifen wollte, dass sie ihm auf den Stein hinaufhelfen sollte, band er sie mit dem Seil daran fest, dann kletterte er an ihr hoch, kniete auf den Stein und benutzte das Mädchen als Hebel, wobei sie ein gequältes Muhen von sich gab wie ein Kalb, das sich in einem Dornenbusch verfangen hatte.
Da bewegte sich der hölzerne Kran, und sein langes Ende hob eine verkohlte Masse aus dem Wasser, die aussah wie das Denkmal eines leidenden Heiligen, aus Pech geformt. Rußiges Wasser troff in den Fluss. Hier in Chartres war es Tradition, die Hexen sowohl zu verbrennen als auch zu ertränken, also musste er heute wenigstens keine Knochen aus einem Aschehaufen sieben, wie es in der Vergangenheit der Fall gewesen war.
Der Farbenmann wand sich, dann raunte er etwas vor sich hin, das eher wie ein Grunzen klang, weniger wie ein Gebet, und er wiederholte es, bis die schwarze Masse aufbrach und unter der Oberfläche rosiges, verbranntes Fleisch zu sehen war.
Das schlichte Mädchen hörte auf zu muhen und keuchte, streifte das Seil ab und trat einen Schritt zurück. Der Farbenmann wurde aufwärtskatapultiert, sodass seine verwachsene Gestalt im hohen Bogen durch die Luft flog, bevor er mit dem Arsch voran am schlammigen Flussufer landete.
» Das kann ja wohl nicht wahr sein«, sagte das unbedarfte Mädchen und wich zurück.
» Ich wusste, dass du sauer sein würdest«, sagte der Farbenmann.
» Selbstverständlich bin ich sauer«, sagte das Mädchen. » Man hat mich verbrannt.« Die Augen des Mädchens leuchteten, der Stumpfsinn war verflogen. Sie wischte den Speichel von ihren Lippen und spuckte das blaue Pigment aus.
» Ich habe dir einen Apfel mitgebracht«, sagte der Farbenmann und holte das letzte Exemplar aus seiner Tasche.
Das Mädchen sah ihn an, der mit öligem Blau beschmiert war, dann sich selbst, blau von Kopf bis Fuß, dann wieder ihn. » Wieso bist du so blau? Ich will nur hoffen, dass du dich nicht eben noch an mir vergriffen hast.«
» Ein Versehen«, sagte der Farbenmann. » Ließ sich nicht vermeiden.«
» Bäh, was ist das?« Sie rümpfte die Nase und hob die Arme seitlich an wie fremde, faulige Dinger, als könnte sie ihnen entkommen, wenn sie nur genügend Abscheu zeigte. » Ich rieche nach Scheiße? Wieso rieche ich nach Scheiße?«
» Ich habe dich unter einer Kuh gefunden.«
» Unter einer Kuh? Was hatte sie unter einer Kuh zu suchen?«
» Sie ist etwas langsam.«
» Du meinst, ich bin schwachsinnig?«
» Nicht mehr«, sagte der Farbenmann fröhlich und hielt ihr einen Apfel hin, in der Hoffnung, dieser würde bei Bleu eine ebensolche Wirkung zeigen wie bei dem schlichten Mädchen. Doch nein.
» Du hast die Dorftrine blau bemalt und durchgevögelt und mich dann erst rausgezogen?«
» Scheiterhaufen machen dich zickig.«
Das verdreckte, nackte, blaue Mädchen stapfte knurrend in den schlammigen Fluss. Als sie bis auf Hüfthöhe im Wasser stand, fing sie an, sich abzuschrubben, umschwommen von einem blauen Farbteppich. » Warum verbrennen sie dich eigentlich nie? Du steckst doch auch mit drin. Du hast deinen Anteil daran. Schließlich bist du derjenige, der die verfluchte Farbe herstellt.« Sie
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