Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)
uns da blicken lassen.“
„Und gerade deshalb müssen wir ihnen helfen!“, rufe ich hysterisch. Ich will aufspringen, doch Rido drückt mich zurück. Seine Kraft ist enorm, ich kann mich nicht aus seiner krallenden Hand herauswinden.
„Es ist zu spät. Gegen zwölf bewaffnete Menschen komme ich nicht an.“
„He! Ich bin auch noch da!“, protestiere ich. „Was meinst du, warum ich mich bei den Schlangenmenschen so herumgequält habe?“
Doch dafür hat Rido nur ein müdes Lächeln übrig.
Ich verziehe mein Gesicht zum Schmollen. Das kann ich ganz gut, denn ich habe es oft vor dem Spiegel geübt, um meine Bedürfnisse gegenüber Lehrern, Klassenkameraden oder Anna durchzusetzen.(2) Aber diesmal brauche ich mein Gesicht nicht absichtlich zu verziehen, denn ich bin auch so ziemlich sauer auf Rido. Aber der starrt nur zu der Gruppe von Männern. Einer drückt Tora die Waffe in den Rücken, ein anderer packt ihn am Arm und zieht ihn brutal mit sich. Benar wird ebenfalls fortgezerrt und ich hocke da und kann alles nur mit ansehen.
„Sie werden sie töten!“, flüstere ich.
Der Schmerz in meiner Brust schwillt an und ich presse meine Lippen aufeinander. Ich erinnere mich an Toras ernstes Gesicht, sehe in seinen Augen die Hoffnung, diesen Krieg in einen Frieden zu verwandeln, ohne Gewalt und ohne Friedenskristall. Ich sehe Benar, wie er neben mir steht und mit mir versonnen Lisan-lihé betrachtet. Sein Blick, der tiefe Freundschaft bedeutet. Werde ich sie jetzt zum letzten Mal sehen? Kann ich wirklich nichts für sie tun?
„Sie können froh sein, wenn es schnell geht“, sagt Rido trocken. „Das Volk ist zu einer Bestie geworden, seit es unterdrückt wird.“
„Dann … dann ist das Volk der Böse im Krieg?“
Rido zuckt mit den Schultern. „Vielleicht. Vielleicht müssen sie aber auch nur die Launen der Großen ausbaden. So ein Krieg ist tief verwurzelt, da weiß niemand so genau, wer wem zuerst die Äpfel vom Baum geklaut hat.“(3)
Ich denke einige Zeit über den Sinn des Apfelbaumes nach und das lenkt mich sogar ein bisschen ab. Trotzdem habe ich unweigerlich Toras letzten Blick vor Augen, Benars verzweifelte Abwehr und die Waffen der Feinde.
Sind das wirklich unsere Feinde? Ist es Krista’roff mit seinen Schlangenmenschen? Oder ist es mein Vater mit seiner Regierung? Ich weiß auf all das keine Antwort, aber ich weiß eines: Ich darf meine Freunde nicht im Stich lassen!
„Wir warten, bis es dunkel wird!“, flüstert Rido mir zu. „Sie werden die Wachen verstärken, trotzdem ist es die einzige Möglichkeit, nahe genug an die Superjäger heranzukommen. Das Überraschungsmoment müssen wir ausnutzen, um dann zu verschwinden. Am besten legst du dich hin und schläfst etwas.“
Ich sage nichts darauf. Rido hat mich sowieso im Griff und nicht die geringste Ahnung, was in mir vorgeht. Zum Glück kann er auch nicht die zornigen Rauchwolken sehen, die über meinem Kopf schweben. Ich ersinne nämlich einen Befreiungsplan, auch wenn ich keinen blassen Schimmer habe, wie ich das bewerkstelligen soll. Aber eines weiß ich genau: Ich werde versuchen, Tora und Benar zu befreien, und deshalb muss ich ebenfalls auf die Nacht warten!
Als die Dämmerung beginnt, den Tag vor sich her zu treiben, schlummere ich dummerweise ein. Klamme Finger und taube Füße wecken mich, die Kälte hat sich wie ein furchtloses Wesen unter meine Haut gesetzt. Es muss schon weit nach Mitternacht sein. Der Mond Ay scheint verräterisch vom Himmel, der Platz ist ruhig, nicht einmal Wachen sind zu sehen.
Rido hat sich ein paar Schritte nach vorn gewagt, für mich nur gut, denn so kann ich leichter von ihm fort.
Vorsichtig rutsche ich zur Seite, taste den Boden mit den Fingern ab und schiebe Stöckchen und Laub beiseite, damit ich keinen Lärm verursache. Ich wage nicht einmal zu atmen, so leise bin ich. Als ich weit genug entfernt bin, klettere ich den Hang hinab und nähere mich der Stadt von der anderen Seite.
So – und genau bis zu diesem Punkt habe ich immerhin alles planen können. Das furchtlose Gefühl verwandelt sich leider viel zu schnell in rasende Angst, ich schwitze und atme hastig. Jetzt brauche ich einfach nur Glück, um Tora und Benar zu finden!
Die grobe Richtung kenne ich, die Männer sind mit ihren Geiseln zwischen den Baracken und einem Wasserturm verschwunden. Ich husche von einer beschatteten Hauswand zur nächsten, suche Schutz hinter Tonnen und Büschen.
Die Stadt Ullillah ist in einem ziemlich
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