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Verflucht, gehängt und doch lebendig

Verflucht, gehängt und doch lebendig

Titel: Verflucht, gehängt und doch lebendig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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war nicht mehr vorhanden. Er konnte ungehindert den Innenhof betreten.
    Viel war nicht zu sehen. Es brannte kein Licht mehr. Das Zuchthaus aber strömte noch immer diese Aura von Tod und Gewalt aus, die er aus vergangenen Jahren kannte. Als hätten sich die Seelen der Getöteten im Mauerwerk verfangen, weil ihnen der Weg in die Glückseligkeit versperrt worden war.
    Das Rad lehnte er gegen die Mauer. Den Rest des Wegs würde er zu Fuß zurücklegen.
    Eine einsame Gestalt wanderte über den alten Hof, wo das Gras das Kopfsteinpflaster längst überwuchert hatte. Es roch feucht, und auch die alten Mauern stanken. Von den Fenstern war kaum etwas zu sehen.
    Natürlich waren die Gitter noch vorhanden, aber viele Scheiben hingen nicht mehr in den Rahmen. Wer das alte Zuchthaus betrat, mußte sich auf einen gepflegten Durchzug gefaßt machen.
    Nicht alle, die hinter den Mauern eines natürlichen oder unnatürlichen Todes gestorben waren, wurden auch auf dem Friedhof begraben. Oft sorgten Angehörige dafür, daß sie ein ordentliches Begräbnis erhielten, was dem Pfarrer auch am liebsten war. Aber es gab viele Menschen, die nicht nur während ihres Lebens einsam gewesen waren, die fanden auch auf dem Zuchthausfriedhof ihren Platz.
    Dort wollte Hancock hin.
    Er fragte sich noch jetzt, ob der Plan wirklich gut gewesen war.
    Eigentlich wäre er ausgelacht worden, hätte er einem anderen davon erzählt, deshalb hatte er ihn für sich behalten. Auch Fletcher sollte davon nichts wissen.
    Warum ist dieser Darkman gerade mir und ihm erschienen? fragte sich der Pfarrer.
    Er kannte die Antwort nicht, aber er erinnerte sich daran, als Darkman damals gehängt worden war. Sie waren beide dabeigewesen. Sogar in unmittelbarer Nähe, und sie hatten das Genick des Mannes brechen hören.
    Die Luft war feucht. Sie kam ihm schwer vor. Sie roch nach Erde, nach Lehm, vielleicht auch nach verfaulten Blättern. Das alles gehörte zu dieser Gegend. Er nahm es am Rande wahr, ohne näher darüber nachzudenken.
    Den großen Komplex hatte er umrundet und gelangte in die Nähe des Totenackers. Er lag in einem Winkel der hohen Steinmauer versteckt, war aber selbst nicht durch eine Mauer geschützt. Wer wollte, konnte einen freien Blick auf den Bereich erhaschen, in dem er seine letzte Ruhestätte fand.
    George Hancock blieb vor den Gräbern stehen. Er war lange nicht mehr an diesem Ort gewesen und mußte erst darüber nachdenken, wo der Mörder damals verscharrt worden war.
    Niemand hatte sich großartig um die Gräber gekümmert. Als das Zuchthaus noch belegt gewesen war, hatte es den einen oder anderen Gefangenen gegeben, der sich der Grabpflege gewidmet hatte. Jetzt allerdings war dieser Ort tabu. Man hatte ihn der Natur überlassen. Hohe Gräser und Unkraut hatten die meisten Steine überwuchert, und Kreuze waren nicht zu sehen.
    Der Pfarrer ging über den kleinen Friedhof, der von keinem Weg durchschnitten wurde. Namen konnte er nicht lesen, das war auch nicht wichtig, die meisten hatte er sowieso bald wieder vergessen. Aber er hatte eine Taschenlampe mitgenommen. Die schaltete er ein und schaute zunächst zu, wie der Lichtarm einen vergeblichen Kampf gegen den Nebel führte, denn er kam gegen den grauen Dunst kaum an.
    Hancock richtete den Strahl schräg nach unten. Das Unkraut schimmerte an seinen Rändern silbrig auf, wenn das Licht es traf. Darunter sah er die dunkleren Stellen, die sich leicht vom Erdboden abhoben – die alten Grabsteine.
    Er leuchtete im Kreis. Die Umgebung war still. Sie kam ihm auch so fremd und zugleich kalt vor. Das erinnerte ihn wieder an den eisigen Hauch, den er gespürt hatte. Der Gedanke daran ließ bei ihm eine Gänsehaut entstehen.
    Hier, auf dem Totenacker, spürte er ihn nicht. Ein Hauch war schon vorhanden. Der kühle Nebel drehte sich wie ein nicht enden wollender Schal um seine Gestalt. Er streifte auch das Gesicht des Mannes, er machte die Haare feucht. Das Leder des hochgestellten Kragens klebte an seinem Nacken.
    Es waren keine normalen Grabsteine, die hier lagen. Wer hätte sie auch bezahlen sollen? Man hatte Steine genommen, die es in dieser Gegend zu finden gab, und so waren an manchen Stellen die unmöglichsten Formen zu sehen.
    Einige flach, andere höher, rund oder oval, und dann gab es wieder welche, die tief in den weichen Boden gesackt waren, weil die Erde unter ihnen im Laufe der Zeit nachgegeben hatte.
    Welchen Stein hatte Darkman bekommen? Hatte es für ihn überhaupt einen gegeben?
    Der Pfarrer

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