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Verflucht himmlisch

Verflucht himmlisch

Titel: Verflucht himmlisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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zischelnd. Es war höllisch schwer, so leise zu streiten, dass meine Eltern nichts mitbekamen. Aber ein zweites Mal würde ich Mama nicht weismachen können, dass ich für ein Theaterstück probte. »Und was ist mit den Körperwächtern von meinen Eltern? Sehen die dich etwa nicht?«
    »Deine Eltern haben keinen Sky Patrol.«
    »Wie bitte?« Mühsam senkte ich meine Stimme. Mein »Wie bitte?« war viel zu laut geraten – beinahe schrill. »Mama und Papa haben keinen Schutzengel?«
    Leander fuhr zusammen und funkelte mich böse an.
    »Okay, Körperwächter. Habt ihr uns alle drei alleingelassen oder was? Waren meine Eltern euch etwa auch zu nervig? Na, ihr seid mir eine tolle Sippschaft …«
    »Luzie – das ist von der Zentrale so vorgesehen und war nie anders. Erwachsene haben kein Anrecht mehr auf Sky Patrol – zumindest stinknormale Erwachsene wie deine Eltern. Irgendwann müsst ihr ja lernen, selbst auf euch aufzupassen. Ist dir denn gar nichts aufgefallen heute? Denk mal nach: Wann hab ich mit dir geredet und wann nicht?« Leander war in einen unerträglichen Lehrerton verfallen.
    »Sag du es mir«, fauchte ich.
    »Als wir zur S-Bahn gegangen sind, waren nur Erwachsene um uns herum. Ergo: keine Kollegen. Aber in der S-Bahn und in der Schule – hm? Klingelt’s? Also habe ich so getan, als hätte ich keinen Körper, und hab das gemacht, was ich früher gemacht habe, nur mit dem Unterschied, dass ich es eigentlich gar nicht mehr kann. Und es hat funktioniert! Sie sind drauf reingefallen.«
    Leander rieb sich die Hände und grinste vergnügt. Ja, er hatte tatsächlich ein Grübchen in der linken Wange und für ein paar Sekunden blieben meine Augen fasziniert daran hängen.
    »Pass auf, es ist so«, dozierte Leander weiter. »Meine Familie meidet mich. Schließlich hab ich Scheiße gebaut. Im Moment würden sie niemals eine Konferenz mit mir einberufen und auch die Zentrale straft mich mit Missachtung. Außerdem müssten Vater und Mutter switchen und dafür bräuchte es einen guten Grund – sie dienen in den USA und auf Mallorca, nicht hier. Die anderen Wächter da draußen kenne ich nicht. Interessieren mich auch nicht. Gesocks.« Leander machte eine abwertende Handbewegung und verzog seine Mundwinkel.
    »Aber dein Körper – das muss denen doch auffallen, dass du einen hast und sie nicht.«
    »Ja, das wäre möglich gewesen. Mann, ich hab echt Glück gehabt. Ich hatte gehofft, dass Vater den Fluch nur für die Truppe sichtbar gemacht hat.«
    »Truppe? Meinst du damit Familie?«, vergewisserte ich mich.
    »Vater, Mutter, Onkel, Tanten, meine Geschwister – ja, ihr nennt das Familie. Flüche werden generell erst einmal innerhalb der Truppe verhängt … Aber ich trau Vater alles zu, weißt du. Wenn Vater wütend ist, weiß er manchmal nicht mehr, was er tut. Und er will ja unbedingt in die Zentrale aufsteigen.« Leander beugte sich vor und sah mich warnend an. »Ich darf auf keinen Fall mit dir reden, wenn wir draußen sind, solange Kinder und Jugendliche in der Nähe sind. Und du nicht mit mir. Sonst werden sie misstrauisch.«
    »Kein Thema«, sagte ich kurz angebunden. Ich hatte keine Lust, als Verrückte dazustehen. Und so prickelnd war es nun auch nicht, sich mit Leander zu unterhalten. Ich konnte gut darauf verzichten.
    »Tja, Luzie. Das ist schon seltsam. Ich spüre meinen Körper so deutlich. Ich kann ihn keine Sekunde vergessen. Und doch siehst nur du mich so, wie ich mich sehe. Und keiner sonst.«
    Er musterte seine schmalen, muskulösen Unterarme und strich über seine glatte Haut. Dann bewegte er spielerisch die Finger auf und ab.
    »Ich muss sagen, langsam gefällt es mir so besser als transparent. Irgendwie wirkt es stärker. Oder?« Er ballte die Finger zu einer Faust und sein Bizeps trat leicht hervor.
    »Wie redet ihr miteinander? Habt ihr eine Sprache?«, ignorierte ich sein eitles Gegacker.
    »Hmmm«, überlegte Leander. »Schwierig zu erklären. Wir haben einen Klang. Jeder hat einen unverwechselbaren Klang, eine Art Erkennungsmelodie. Wir kommunizieren über Musik, über Akkorde und Melodienfolgen. Töne sind unsichtbar … Es sind Schallwellen in einer Frequenz, die ihr Menschen nicht wahrnehmen könnt. Nur Hunde hören uns manchmal. Wir setzen sie als Transmitter ein – so warnen sie Herrchen und Frauchen, wenn etwas nicht stimmt. Deshalb wäre jedem Menschen zu raten, sich für seine Kinder einen Hund anzuschaffen. – Nein, Luzie, bitte tu du es nicht, dein Hund würde

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