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Verflucht himmlisch

Verflucht himmlisch

Titel: Verflucht himmlisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Fehlen zu verbergen.
    »Hi, Katz«, erwiderte Billy grinsend. »Wieder fit?«
    Serdan sagte nichts. Er nickte mir nur knapp zu. Seine Kopfhörer dröhnten und sein Knie wippte im Takt.
    »Klar doch.«
    Ich setzte mich in die Nische zwischen Serdans wackelnde Knie und das beschmierte Fenster und machte das, was ich fast immer mit Serdan und Billy tat. Nicht viel reden und vor allem nicht lachen. Das war eine der Jungsregeln, die ich schon lange verinnerlicht hatte. Bloß nicht quasseln, bloß nicht zu fröhlich sein, bloß nicht zu sehr über etwas freuen oder ärgern. Immer schön lässig.
    Leander blieb eine Weile unschlüssig im Gang stehen. Ich sah die Katastrophe kommen. Ja, er hatte Fortschritte gemacht, große Fortschritte sogar, aber ab und zu kämpfte er immer noch mit dem Gleichgewicht und der Erdanziehungskraft. Spätestens wenn die S-Bahn an der nächsten Station halten würde, würde er die Balance verlieren und entweder gegen uns oder gegen die zwei alten Tanten auf der anderen Seite des Gangs krachen. Und die Menschen außer mir konnten ihn zwar nicht hören und sehen, aber sehr wohl spüren. Das hatte seine Hinternzwickaktion bei Mama eindeutig bewiesen. Ich wollte mir nicht ausmalen, welche Wirkung es hätte, wenn ein unsichtbares Gewicht die zwei Tanten aus ihren Sitzen schleuderte.
    Ich warf Leander einen warnenden Blick zu, doch seine Augen hefteten sich suchend an die Decke des Abteils. Was hatte er vor? Gebannt beobachtete ich ihn. In der nächsten Kurve griff er entschlossen mit beiden Händen nach zwei baumelnden Halteschlaufen, stieß sich vom Boden ab, machte eine erstklassige Rolle nach oben und verfrachtete seine Beine mit Schwung in die Gepäckablage. Seinen Oberkörper hielt er lediglich mit der Kraft seiner Arme und den beiden Lederschlaufen in der Waagerechten. Ich verfolgte seine Aktion ungläubig, doch Leander hatte seine Lider schon wieder gesenkt und sein Gesicht in Eis verwandelt.
    Na, mal sehen, wie lange er sich da oben halten kann, dachte ich schadenfroh und wusste nicht, was ich mir lieber wünschen sollte: dass seine Kraft bis zur Schule ausreichte oder dass er in der nächsten Minute mit Karacho auf uns hinunterdonnerte.
    »Fast wie ein echter Engel«, flüsterte ich gehässig.
    »Hä? Haste was gesagt, Luzie?«, fragte Billy gähnend und folgte irritiert meinem Blick, der immer noch an der Wagendecke klebte.
    »Nee. Alles okay. Bin nur müde und hab grad nachgedacht. Über das Video von meinem Run im Schulhof.«
    Leander zuckte zusammen und öffnete misstrauisch ein Auge, hing aber immer noch völlig entspannt in der Gepäckablage. Unglaublich. Selbst Seppo hätte nach einigen Minuten in dieser Haltung dort oben Probleme bekommen.
    Doch viel wichtiger: Leander wusste offensichtlich nichts von dem Video. Anders konnte ich sein Zusammenzucken und den misstrauischen Blick nicht deuten. Dann war es so, wie ich geahnt hatte: Als Seppo mich im Krankenhaus besucht und von dem Film erzählt hatte, war Leander draußen herumgeschwirrt und hatte versucht, seinen Körper loszuwerden. Sehr gut. Jetzt musste nur noch Billy seine Klappe halten, wie meistens, und …
    »Jaaa, das Video – Mann, das ist so cool, oder?«, plapperte Billy los. »Stell dir vor, der David findet es gut und will uns kennenlernen – und trainiert mit uns! Das ist der Hammer! Ich meine, er ist der Meister des Parkour, der Godfather, der kann uns Sachen zeigen, die wir nirgendwo sonst lernen können – du kennst doch den Film, wo er von einem Hochhaus aufs andere springt …«
    »Ich kenne alle Filme und jetzt warte erst mal ab«, stoppte ich Billys Redeschwall. Verdammter Mist! Nun wusste es auch Leander. Billys Wortschwall hatte man kaum überhören können. Sogar die Tanten blickten interessiert zu uns herüber.
    »Wahrscheinlich reagiert David ja noch nicht mal darauf. Warum sollte er auch? Wir sind nur ein paar Ludwigshafener Hobby-Traceure. Nix im Vergleich zu Paris.«
    »Stimmt«, seufzte Billy. »Nix im Vergleich zu Paris.« Serdan seufzte ebenfalls und drehte seine Musik noch lauter. Leander ließ seinen Kopf ein Stück weiter nach unten gleiten, als wolle er mithören. Dann begann auch er, mit dem Knie zu wippen.
    Und er hielt tatsächlich durch, bis wir die Schule erreicht hatten.

Sichtbar unsichtbar
    Als die S-Bahn vor der Schule hielt, sah Leander nicht mehr ganz so entspannt aus. Auf seiner Stirn hatten sich kleine, bläulich schillernde Schweißperlen gebildet und unter seinen gestreckten Armen

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