Verfluchte Seelen
lesen.
Natürlich lese ich deine Gedanken
, sagte Seth.
Genauso wie David. Und höchstwahrscheinlich Étienne und Lisette. Wie sollten wir den anderen gegenüber sonst gewährleisten, dass du kein falsches Spiel treibst?
»Diese Männer … die Soldaten … sie wollten uns nicht töten«, sprach Richart weiter. »Sie wollten uns gefangen nehmen, und das hätten sie auch getan, wenn Bastien nicht gegen sie gekämpft hätte. Wenn ich früher zurückgekommen wäre, wäre es uns vielleicht gelungen, einen oder mehrere von ihnen zu verschonen. Aber allein hatte Bastien keine Wahl, wenn er sich schützen wollte.«
»Das alles ist ganz schön übel«, brummte Darnell.
Mehrere der Anwesenden nickten.
»Chris«, sagte David, »ist es dir inzwischen gelungen, deine vermissten Kontaktpersonen aufzuspüren?«
Er schüttelte den Kopf. »Leider nicht. Ich habe keine einzige Spur, weder von ihnen noch von ihren Familien. Ich weiß nicht, wohin sie gegangen oder wohin sie gebracht worden sind. Ich weiß nicht einmal, ob sie überhaupt noch leben. Langsam zweifle ich daran, dass es sie jemals gegeben hat. Es ist, als hätten sie nie existiert.«
Auch wenn sich Bastien gelegentlich gern ausmalte, wie er Chris in Stücke riss, tat er ihm leid, was diese Sache anging. Reordon hatte Jahre damit verbracht, in verschiedenen streng geheimen Regierungsbehörden Kontakte aufzubauen. Viele Jahre hatten sie ihn mit Informationen versorgt, und er hatte immer auf ihre Hilfe zählen können, wenn die Unsterblichen Wächter sie brauchten. Und dann waren diese Kontaktpersonen vor ein paar Wochen auf geheimnisvolle Art verschwunden …
Es brauchte nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, was mit ihnen passiert war. Der neue Feind der Unsterblichen Wächter hatte sie in die Finger bekommen. Und daran – und an all den anderen merkwürdigen Zwischenfällen, mit denen sie es zurzeit zu tun hatten – hatte niemand anderes Schuld als Bastien. Er hatte alll das unbeabsichtigt ausgelöst, als er vor langer Zeit seinen Rachefeldzug gegen die Unsterblichen Wächter begonnen hatte.
»Ist es dir gelungen, neue Kontakte anzuwerben?«, wollte Seth wissen.
Die Antwort war ein Kopfschütteln. »Nur ein paar. Diese Dinge nehmen sehr viel Zeit in Anspruch. Ich weiß nicht, mit wem wir es zu tun haben, gegen wen wir überhaupt kämpfen. Ich frage mich, wer über so viel Macht und Einfluss verfügt, um mehrere Menschen vollständig verschwinden zu lassen – als hätte es sie nie gegeben. Aus diesem Grund bin ich jetzt noch vorsichtiger, wenn ich mich möglichen Helfern nähere. Ein paar von ihnen sind dem aufmerksamen Blick unseres Feinds entgangen, was daran liegt, dass ich ihre Hilfe bislang noch nicht in Anspruch genommen habe. Ich habe sie bisher nicht um ihre Mitarbeit gebeten und werde es auch jetzt nicht tun, weil sie noch damit beschäftigt sind, sich hochzuarbeiten, und noch nicht die Positionen innehaben, die ihnen erlauben, an sensible Informationen zu kommen.«
»Weißt du inzwischen mehr über diesen Emrys?«, wollte Marcus wissen. Bei der Erwähnung des verhassten Namens schwang Feindseligkeit mit.
Diese Feindseligkeit wurde von allen geteilt, die über Amis Vergangenheit Bescheid wussten: Bastien, David, Darnell, Chris und Seth. Melanie wusste es vermutlich auch; schließlich hatte man ihr erlaubt, an diesem Treffen teilzunehmen.
Dieser Emrys war einer von den Schweinehunden gewesen, die für Amis Gefangennahme verantwortlich waren. Das war ein paar Jahre her, und Ami war mehrere Monate grausam gefoltert worden, als sie sich in der Gewalt dieser Leute befunden hatte. Bastien wusste nicht, wie Emrys bei Amis Rettung Seth’ und Davids Zorn entkommen war, und er hoffte sehr, dass er nicht noch einmal so viel Glück haben würde.
Wenn
es jemanden gab, der für die Sünden seiner Vergangenheit zahlen musste, dann war das Emrys. Vorzugsweise mit Blut.
»Ich mache Fortschritte, kann aber noch nichts Konkretes sagen.«
»Hast du herausgefunden, woher er Keegan kennt?«, fragte Bastien.
Dieser verdammte Montrose Keegan. Wie sehr sich Bastien wünschte, nie mit ihm zusammengearbeitet zu haben. Woher zum Henker hatte Montrose Emrys nur gekannt?
»Sie sind zusammen aufs College gegangen und waren in derselben Studentenverbindung, aber es sieht so aus, als hätten sich ihre Wege nach ihrem Abschluss getrennt«, erklärte Chris und deutete auf den Aktenordner, der vor Bastien lag. »Keegan hatte vor, in die Lehre zu gehen, während Emrys im
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