Verfluchte Seelen
enge Zusammenarbeit mit den Vampiren gelehrt, dass jeder starke Geruch – egal, wie wohlriechend er sein mochte – sie eher abschreckte.
Die Stimmen, die aus dem Haus drangen, vereinten sich zu einem konstanten Hintergrundgeräusch. Das Treffen konnte noch nicht angefangen haben, denn die Gesprächsfetzen, die Bastien auffing, klangen, als würden die Anwesenden miteinander herumalbern. Das Wohnzimmer direkt vor ihnen war leer, aber im Esszimmer zu ihrer Linken summte es vor Geschäftigkeit.
Ein langer Tisch, an dem vierundzwanzig Personen Platz finden konnten, beherrschte das Zimmer. David saß am Kopf der Tafel, seine dünnen Rastazöpfe, die ihm bis zur Hüfte reichten, hatte er nach hinten gebunden. Neben ihm saß Darnell und sprach leise auf ihn ein. Bastien hörte, dass er David fragte, ob sie nicht noch einmal versuchen wollten, Ami davon zu überzeugen, das Land zu verlassen.
Auch wenn Bastien Darnell nicht mochte und den glatt geschorenen Kopf des Sekundanten gern ein- oder zweimal gegen die Wand geschlagen hätte, zollte er ihm Anerkennung dafür, dass er Ami im Auge behielt und ihre Sicherheit über alles andere stellte.
Ami und Marcus waren gerade dabei, auf Davids anderer Seite Platz zu nehmen. Ami schien nicht mitzubekommen, worüber Darnell sprach, aber Marcus hörte genau zu und zog seine Frau fester an sich, wobei er besitzergreifend den Arm um ihre schmalen Schultern legte.
Neben Darnell saßen Roland und Sarah. Bastien empfand immer noch Ablehnung für den fast eintausend Jahre alten Unsterblichen. Mit alten Gewohnheiten brach es sich nicht leicht, und der Hass, den Bastien für Roland in seinem Herzen genährt hatte, war beinahe zweihundert Jahre alt.
Sarah lächelte Ami an und verwickelte sie in ein Gespräch. Wenn Bastien die frisch verwandelte Unsterbliche nicht schon vorher gemocht hätte, dann hätte er jetzt damit angefangen, weil sie sich mit Ami anfreundete. Ami hatte so viele Schmerzen ertragen müssen, so viel Leid, seit sie auf die Erde gekommen war … Sie verdiente jede freundliche Seele, die sie finden konnte.
Die übrigen Unsterblichen aus der Umgebung hatten die noch freien Plätze eingenommen, zum Beispiel Lisette d’Alençon und ihre Brüder, die Zwillinge Richart und Étienne. Die Geschwister waren so alt wie Bastien, also ungefähr zwei Jahrhunderte. Dann waren da ihre Sekundanten: Tracy, Sheldon und Cameron. Außerdem Yuri und Stanislav. Bastien wusste nur wenig über die beiden Unsterblichen und auch nichts über ihre Sekundanten, die ebenfalls anwesend waren. Außerdem gab es da noch Ethan, einen amerikanischen Unsterblichen, kaum ein Jahrhundert alt, und Edward, der – wie er selbst – Engländer war. Die beiden saßen ebenfalls mit am Tisch.
Chris Reordon war gerade dabei, den Tisch zu umrunden, wobei er wieder einmal seine kostbaren Aktenordner austeilte und mit jedem ein paar freundliche Worte wechselte.
Melanie marschierte zielstrebig auf den Tisch zu. Bastien folgte ihr.
Mit Ausnahme von Ami – der alle Ärzte und Wissenschaftler eine Angst einjagten, die an blankes Entsetzen grenzte –, begrüßten die Anwesenden Melanie mit einem Lächeln. Allerdings verwandelte es sich in finstere Blicke und schmallippige Ablehnung, als ihre Blicke zu Bastien wanderten.
Ihr könnt mich auch mal.
Ihm entging nicht, dass sich die Furchen auf Lisettes und Étiennes Stirn vertieften. Vermutlich spionierten sie wieder in seinen Gedanken herum, und was sie sahen, schien ihnen nicht zu gefallen.
Aber was scherte ihn das? Er brauchte weder ihre Freundschaft noch ihre Akzeptanz. Sollten sie ihm doch alle den Buckel runterrutschen.
»Was zur Hölle hast
du
hier zu suchen?«, wollte Chris wissen.
»Ich begleite ihn gern nach draußen«, sagte Roland, wobei sich ein bösartiges Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete. Er stand auf.
Schnell legte Sarah ihm die Hand auf den Arm. »Nein, das wirst du nicht. Heute Abend wird es ausnahmsweise mal
keinen
Streit zwischen euch beiden geben.«
Roland zögerte. Normalerweise brachte Sarah den mürrischen Unsterblichen dazu, alles für sie zu tun, aber seinem Drang, Bastien zu töten, hatte möglicherweise selbst sie wenig entgegenzusetzen. Roland würde niemals vergessen, dass Bastien ihr einst eine Schädelverletzung beigebracht hatte.
Bastien bedachte Sarah mit einem Lächeln. »Hallo Süße. Wie geht’s dem Kopf?«
Melanie warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu.
Verdammt
. Offenbar konnte er es einfach nicht
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