Verfluchte Seelen
Leben und Tod. Wenn die anderen Sekundanten dich nicht akzeptieren, dann kannst du dich auch nicht auf sie verlassen, falls du ihre Hilfe brauchst.« Er sah Seth an. »Sag’s ihm.«
Aber Seth schüttelte den Kopf. »Entweder sie arbeiten mit ihm zusammen, oder sie müssen sich vor Chris Reordon verantworten.«
»Dem es große Freude bereiten dürfte, mir dabei zuzusehen, wie ich auf die Schnauze falle. Und ich bin mir sicher, dass das für jeden gilt, den er als meinen Verbündeten betrachtet.«
Jetzt ergriff Melanie das Wort. »Wenn das stimmen würde, hätte ich keinen Job.«
Bastien starrte sie an. »Wie bitte?«
»Wer hat Mr Reordon wohl dazu überredet, Ihnen die regelmäßigen Besuche bei Cliff und Joe zu erlauben?«
»Seth.«
»Eigentlich«, bemerkte Seth, »war es Dr. Lipton. Ich habe nur zugestimmt.«
»Außerdem haben Richart und ich dafür gesorgt, dass Mr Reordon Sie nicht in der Arrestzelle angekettet hat«, erklärte sie. »Und auch wenn ihm das nicht gefallen hat, hat er mich deswegen nicht gleich rausgeworfen.«
Tatsächlich begriff Bastien immer noch nicht, warum sich Richart für ihn eingesetzt hatte, und was Dr. Lipton dazu getrieben hatte, verstand er ebenso wenig.
Bei Tanner hingegen …
Bastien warf Melanie einen unbehaglichen Blick zu. Er hätte es vorgezogen, das nicht direkt vor ihr zu tun, sah aber keine andere Möglichkeit. Seth würde diese Sache nicht einfach auf sich beruhen lassen.
»Hör zu«, sagte Bastien zu dem einzigen Mann, den er in den vergangenen Jahren als echten Freund betrachtet hatte. »Das letzte Jahrzehnt ist für dich ziemlich beschissen gelaufen. Schlimm genug, was mit deinem Sohn passiert ist.« Tanners Sohn war von einem Pädophilen entführt und ermordet worden, und Bastien hatte den Mann aufgespürt und bestraft … genüsslich und ausgiebig. »Als Nächstes habe ich dich in meinen aberwitzigen Feldzug gegen die Unsterblichen Wächter verwickelt, und du hast dein Leben in der Gesellschaft von Vampiren verbringen müssen, die dir anscheinend am liebsten jedes Mal den Hals umgedreht hätten, wenn ich gerade nicht da war.«
»Vampire, die mir dabei geholfen haben, die Straßen von Pädophilenschweinen zu befreien.«
»Was ich sagen will, ist, dass du jetzt die Chance auf ein besseres Leben hast. Wenn du mein Sekundant wirst, werden die Leute dich mit Scheiße bewerfen, sobald du ihnen den Rücken zuwendest. Das musst du dir wirklich nicht antun.«
»Aber sicher muss ich das«, erwiderte Tanner grinsend. »Dadurch wird das Leben doch erst so richtig interessant, findest du nicht?«
Bastien starrte ihn eine Sekunde lang wortlos an und schüttelte dann den Kopf. »Also gut, du Spinner. Ich wollte dich ja nur vor einem Fehler bewahren, aber wenn du so fest entschlossen bist, dir das Leben zu versauen …«
»Geteiltes Leid ist halbes Leid«, erwiderte Tanner unbeirrt.
Bastien, Seth und Melanie verdrehten die Augen.
»Da wir das jetzt geklärt haben, kann Tanner bei David einziehen.« Seth legte den Kopf auf die Seite und lauschte. »Ich werde ihn dorthin bringen, damit er sich in einem der Gästezimmer einrichten kann.«
Ihn?
»Kehren wir nicht alle zu Davids Haus zurück?«
»Nein. Ich halte es für besser zu warten, bis die anderen gegangen sind, ehe du zu David zurückkehrst.«
»Weil du ihnen meine Anwesenheit nicht zumuten willst?«
»Nein. Weil ich Davids neue Möbel retten will. Abgesehen davon ist die neue Wandfarbe noch nicht ganz trocken – die nach der Prügelei, die du beim letzten Treffen angezettelt hast, nötig war. Und die neuen Möbel stehen noch nicht lange genug, um auch nur eine leichte Staubschicht anzusammeln. Ich will nicht riskieren, dass du wieder den Mund aufmachst und irgendetwas Dämliches sagst, das den anderen einen Vorwand liefert, dich grün und blau zu schlagen.«
»Es ist nicht mein Problem, wenn sie zwar austeilen, aber nicht einstecken können«, kommentierte Bastien schnippisch.
»Ich sag dir jetzt mal was«, sagte Seth. »Niemand
zwingt
David dazu, sein Haus den Unsterblichen, ihren Sekundanten und den Netzwerkmitarbeitern zu öffnen. Er tut das, weil er weiß, wie einsam das Leben eines Unsterblichen sein kann, und weil er uns eine Familie bieten möchte, an die wir uns wenden können, wenn wir uns einsam fühlen. Eine Familie, bei der man sich wohlfühlt und mit der man – nun ja – auch einfach mal Spaß haben kann. Eine Familie, der wir nicht dabei zusehen müssen, wie die einzelnen Mitglieder älter
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