Verfolgt im Mondlicht
ihm, stimmt’s? Hast du wenigstens die Infobroschüren über Sex gelesen, die du mir immer mitgebracht hast?«
Ihre Mom machte große Augen, und ihre Wangen röteten sich. Also, daher hatte Kylie das mit dem Rotwerden. Ihre Mom öffnete den Mund, wahrscheinlich um mit Kylie zu schimpfen, aber sie brachte kein Wort heraus.
John räusperte sich vorwurfsvoll. Was zur Hölle gab ihm denn das Recht, sich zu räuspern? »Also wirklich, Kylie, das war nicht sehr nett.«
»Sie meinen den Kuss?«, fragte Kylie. »Denn eigentlich hab ich nicht gesagt, dass er nett war. Er war total peinlich.«
Jetzt war es an Holiday, sich zu räuspern. Von ihr konnte Kylie das akzeptieren, nur nicht von diesem Depp, der es mit ihrer Mom trieb.
»Ich finde, wir sollten besser rausgehen«, schlug Holiday vor.
»Ich finde, diesem Mädchen gehören mal ordentlich die Leviten gelesen«, meinte John.
Kylie richtete sich kerzengerade auf. Und sie hätte schwören können, dass ihre Eckzähne ein bisschen länger wurden. In ihr tobte ein Sturm an Emotionen, so dass es ihr unmöglich war zu sagen, was sie fühlte. Außer, dass sie hungrig war. Nach Blut. Wie kam er nur dazu, so was zu ihr zu sagen?
»Ich hoffe, du bist wenigstens reich, denn das wäre der einzige Grund, der mir einfallen würde, wieso meine Mom auf dich stehen könnte.«
Ihre Mom riss entsetzt die Augen auf – genau wie Kylie. Warum nur sagte sie solche Sachen? O Mist, sie musste endlich die Klappe halten. Was war nur kaputt mit ihr? Hatte das Unsichtbarsein ihr Gehirn verfaulen lassen? Oder war sie als Vampir genauso vorlaut wie Della?
»Du bist ganz schön unhöflich, junge Dame.« John sah Kylies Mom an.
»Sie ist nicht unhöflich!«, mischte sich eine tiefe Stimme hinter Kylie ein.
Kylie erkannte die Stimme, sie war nur gerade viel zu verwirrt, um sie sofort zuordnen zu können. Also drehte sie sich um.
O Mann! Konnte die Situation eigentlich noch skurriler werden?
»Ich hab es zufällig auch gesehen. Und ehrlich gesagt, stimme ich meiner Tochter zu. Es war unangemessen.« Ihr Stiefvater warf ihrer Mom einen vorwurfsvollen Blick zu.
Ihre Mutter wurde wieder rot, doch Kylie kannte den Gesichtsausdruck nur zu gut. Ihre Mom schämte sich nicht – sie war sauer!
»Wie kommst ausgerechnet du dazu, mir zu sagen, was unangemessen ist!«, fuhr ihre Mom ihren Stiefvater an.
Ihr Stiefvater schaute beschämt zu Boden. Dann sah er Kylie an. »Ich wusste nicht, dass Kylie es gesehen hat. Ich hätte mich sonst nie so verhalten. Ich hab mich ungefähr hundert Mal entschuldigt. Aber nur weil ich einen Fehler gemacht habe, heißt das noch nicht …«
»Wir sollten alle mal ein bisschen an die frische Luft gehen.« Holiday unternahm einen weiteren Versuch, die Situation zu entspannen. Doch keiner bewegte sich von der Stelle.
Kylie brauchte einen Moment, um zu verstehen, was ihr Stiefvater meinte. Sie öffnete den Mund, wusste aber nicht, was sie sagen sollte. Keine Sorge, Dad, Mom weiß nicht, dass ich gesehen habe, wie sich deine blutjunge Geliebte auf offener Straße an dir gerieben und es dir fast mit der Hand besorgt hat.
Nein, das sollte sie sich lieber verkneifen. Also schloss sie demonstrativ den Mund wieder und betete, dass ein Wunder geschehen würde, denn das brauchte es, um dieses Chaos wieder in Ordnung zu bringen.
»Wie hättest du dich nie verhalten?«, fragte ihre Mom mit schneidender Stimme. Als ihr Stiefvater nicht antwortete, richtete sich ihr Zorn auf Kylie.
»Was hast du gesehen?«, fragte sie in ihrem Rausdamit-oder-du-bekommst-Hausarrest-Tonfall. Hausarrest klang allerdings grade gar nicht so verkehrt.
Kylie fühlte sich schuldig. Aber warum nur? Es ihrer Mom nicht zu erzählen war doch die richtige Entscheidung gewesen, oder?
»Warum gehen wir nicht kurz nach draußen«, meldete sich Holiday wieder und legte Kylies Mom eine Hand auf die Schulter.
Die Gesichtszüge ihrer Mutter entspannten sich. Kylie war noch nie so dankbar für Holidays beruhigende Berührung gewesen. Die Panik in ihrem Bauch ebbte etwas ab. Vielleicht konnte Holiday den Tag doch noch retten.
Aber als Kylie sah, wie John ihren Stiefvater anstarrte, bezweifelte sie, dass Holiday ein Wunder bewirken könnte.
Es half auch nicht wirklich, dass Lucas gerade in dem Moment neben Kylie auftauchte – seine Augen glühten in einem angriffslustigen Orange. Natürlich freute es sie, dass er sie beschützen wollte, aber das Letzte, was sie jetzt noch gebrauchen konnte, war, dass sie seine
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