Verfolgt im Mondlicht
richtig essen zu können. Ihre verbesserte Laune verdankte sie aber nicht der leckeren Pepperoni-Pizza und auch nicht der Party-Atmosphäre, sondern dem, was nach der Party passieren sollte.
Sie schaute schnell auf die Uhr – noch zwei Stunden.
In dem Moment kam Steve zu ihnen an den Tisch und setzte sich auf den leeren Stuhl neben Della. Kylie grinste in sich hinein, als Della rot wurde – zumindest für ihre Verhältnisse.
»Was geht?«, fragte Steve.
»Hi Steve«, grüßte Kylie, der daran lag, dass er sich willkommen fühlte. Vor dem Abendessen hatte Della ihr noch gestanden, dass Steve sie begleiten würde, wenn sie die Sache für die FRU erledigte. Della tat natürlich so, als nervte sie das total. Aber vor Kylie mit ihren Feen-Fähigkeiten hatte sie ihre Aufregung nicht verbergen können.
Jonathon und Steve unterhielten sich über die neuen Klassen. Della schien sich zu entspannen, und Kylie tat es auch. Miranda stieß sie mit dem Ellenbogen an und flüsterte ihr dann zu: »Ich glaub, er steht auf sie.« Doch Della und ihrem Supergehör entging natürlich kein Wort, und sie warf Miranda einen warnenden Blick zu.
»Auf ein tolles Jahr«, prostete jemand über den Saal. Alle schienen in Feierlaune zu sein, und zumindest für den Moment interessierte sich niemand mehr für Kylies wandlungsfähiges Gehirnmuster. Was bestimmt auch zur Steigerung von Kylies Laune beitrug.
Doch die Freude währte nicht lange, denn plötzlich stellten sich Kylie aus unerfindlichen Gründen die Nackenhaare auf. Sie fuhr herum, und im selben Moment drehte Hayden Yates den Kopf in ihre Richtung. Ihr stockte der Atem, als sie sah, dass Holiday neben ihm stand. Sie redete nicht mit ihm, sondern mit seinem Kollegen, dem schüchternen Lehrer Collin Warren.
Kylie gefiel es gar nicht, dass Hayden so nah bei Holiday stand. Sie fixierte ihn mit einem bösen Blick, und als er sich wieder zu ihr umschaute – wahrscheinlich, weil sich ihm auch die Nackenhaare aufgestellt hatten –, trafen sich ihre Blicke. Ich schwöre dir, wenn du ihr etwas antust, wirst du es bitter bereuen.
Er schaute wieder weg. Kylie hielt ihren Blick noch einen Moment auf ihn gerichtet und hoffte, dass er ihre Nachricht bekommen hatte. Und es war keine Drohung. Es war ein Versprechen.
Allein beim Gedanken daran, dass jemand Holiday etwas antun könnte, gefror Kylie das Blut in den Adern. Außerdem spürte sie dieses innerliche Kribbeln, was ihr sagte, dass sie immer noch ein Protector war – egal, was ihr Muster gerade machte.
Eines Tages würde sie vielleicht stolz darauf sein können, doch im Moment war es nur ein weiterer Punkt, der sie von den anderen unterschied.
Kylie hatte sich kaum wieder zu den anderen umgedreht, als sie wieder ein Augenpaar auf sich spürte. Sogar aus zehn Meter Entfernung fühlte sich Lucas’ Blick wie eine Liebkosung an. Er zwinkerte ihr zu. Dann schaute er demonstrativ auf die Uhr, und sie wusste, dass er genau wie sie die Minuten bis zu ihrem Date zählte.
»Verdammt!«, rief Jonathon aus und riss Kylie aus ihren Träumereien. »Du hast dich geschnitten.« Jonathon hielt Helens Hand in die Luft; Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor.
Helen war ziemlich blass um die Nase. In der anderen Hand hielt sie ein Messer, und in ihrem Schoß lag ein blutiger Apfel. »Schon okay.« Ihre Worte klangen wenig überzeugend. »Es ist nicht schlimm. Oder?«
Jonathon lockerte seinen Griff, um sich die Wunde anzuschauen. Seine Augen wurden heller, höchstwahrscheinlich vom Anblick des vielen Blutes, aber seine Sorge um Helen war stärker. »Das muss genäht werden«, stellte er fest.
Helen sah Kylie hilfesuchend an. »Kannst du das machen?«
Kylie schluckte. Es war eine Weile her, dass sie an ihre Heilkräfte gedacht hatte. Und wenn sie daran dachte, dann nur im Zusammenhang mit Ellie, als ihre Kräfte versagt hatten. Kylie hatte Ellie nicht retten können.
»Ich … weiß nicht, ob ich das kann.« Sie sah den Schmerz in Helens Augen, und sie spürte, wie sich Angst in ihrem Bauch breitmachte – gleich neben den zwei Stücken Pizza. »Ich konnte als Vampir nicht traumwandeln; als Fee kann ich wahrscheinlich nicht heilen.«
»Aber Feen sind für ihre Heilkräfte bekannt«, erinnerte sie Helen.
»Oh, stimmt.« Kylie atmete aus, und ihre Stimme zitterte leicht. »Was, wenn ich es vermassele?« Sie konnte sich noch zu genau erinnern, wie am Boden zerstört sie gewesen war, als sie Ellie nicht wieder zum Leben hatte erwecken können.
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