Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verfolgt

Verfolgt

Titel: Verfolgt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
Vom Netzwerk:
bekleidet, in eine Decke gewickelt wieder aufgewacht bin. Ich finde das ganz schön heftig, aber Ella amüsiert sich darüber.
    »Bist du sicher, dass der Typ dich nicht   … du weißt schon   …«
    Ich weiß sehr gut, worauf sie anspielt, aber sie soll es ruhig aussprechen. Jak ist noch stiller als sonst. Wahrscheinlich ist ihm das Thema peinlich.
    Ella lässt nicht locker. »Glaubst du, er hat dich vergewaltigt?« Jak hüstelt und blättert raschelnd in seinem Comicheft. Angeblich liest er Comics, um sein Englisch zu verbessern.
    »Nein«, sage ich. Wenigstens in dem Punkt bin ich ganz sicher. Wer der Typ auch war, er hat mir das Leben gerettet, mir mit der Strickleiter aus dem Wasser geholfen und mich in Sicherheit gebracht. Er hat mir sogar etwas zu essen hingelegt.
    »Ich wüsste wahnsinnig gern, wer er ist«, sage ich mit vollem Mund. Ich esse gerade ein übrig gebliebenes Brötchen. »Alle, denen ich davon erzähle, meinen, es war bestimmt ein Landstreicher.« Jak blickt von seinem Teller mit kalten Pommes auf. Ich weiß nie, wie viel er eigentlich versteht. Vielleicht ist er ja auf Ella oder mich scharf, oder auf uns beide. Egal. Er ist harmlos. Manchmal kann er total witzig sein. Wahrscheinlich langweilt er sich die meiste Zeit zu Tode. Wenn ich so lange hier im Hotel wohnen müsste, würde ich durchdrehen.
    |111| »Wir können gehen und ihn suchen«, meint er jetzt. »Ich mag Bäume.«
    Ella schielt zu mir herüber und grinst. »Schon klar«, sagt sie. »Du hast es auf einen romantischen Waldspaziergang mit unserer Küchenfee hier angelegt.«
    Jak läuft knallrot an. »Nein, nein! Ich dachte bloß   … also   …«
    Ich verpasse Ella einen Knuff. »Lass ihn in Ruhe.« Manchmal nervt sie, aber ich mag sie total gern. Ich kenne sie zwar erst drei Wochen, aber wir haben uns schon richtig angefreundet. Allerdings habe ich ihr nicht viel über mich erzählt, bloß, dass ich vorübergehend bei meiner Mutter wohne. Sie hat mich ein paar Sachen gefragt, aber dann hat sie geschnallt, dass ich nicht mehr erzählen will, und hat nicht weiter nachgebohrt. Sie ist größer und viel kräftiger als ich, aber nicht dick, sondern einfach nur groß, mit langen Armen und Beinen, und gut gepolstert. Neben ihr komme ich mir schlank und zierlich vor, was mir gefällt, aber mir gefällt auch, wie ihre Arme aussehen. Sie hat goldbraune Haut und ihre Arme sind ein bisschen drall, aber nicht schlimm. Man möchte am liebsten reinbeißen. Meine Arme sind brauner und dünner, man könnte auch mager sagen. Schon spannend. Sie hat viel mehr auf den Rippen als ich, aber sie sieht trotzdem gut aus. Hätte ich nie gedacht, dass ich so was mal sage. Sie will demnächst studieren und verdient sich im Hotel was dazu. Sie freut sich schon drauf, sich auf der Uni einen neuen Freund oder gleich |112| mehrere zu angeln. Ich hab ihr gesagt, wenn sie die Typen satthat, soll sie sie zu mir schicken. Man merkt, dass sie aus gutem Hause kommt, aber sie ist kein bisschen eingebildet.
    Sie ist ein echter Glücksfund!

|113| DIE HOCHZEITSTAFEL
    Das Dorf befindet sich im Belagerungszustand. Es hat eine Einbruchsserie gegeben. Auf der Arbeit gibt es kein anderes Thema mehr. Gestern Nacht wurde im Laden eingebrochen. Angeblich hat die Überwachungskamera eine vermummte Gestalt dabei gefilmt, wie sie Hundefutterpackungen in einen Sack gestopft hat.
    »So was gibt’s.« Ella und ich haben uns einen Stapel fettiger Bratpfannen vorgenommen. Sie lehnt sich zu mir rüber und wischt mir einen Tupfer Spülmittelschaum von der Nasenspitze. »Alle paar Jahre passieren lauter Straftaten auf einmal, dann ist es wieder ewig ruhig. Manche glauben ja, dass es irgendwelche Landstreicher waren, aber manche sind auch davon überzeugt, dass der Dieb hier aus Bewlea kommt.«
    Die Küchentür fliegt auf und Mr Middleton rauscht rein. Unser lieber Chef trägt heute einen quietschgelben Schlips und sieht total bescheuert aus. O nein, er steuert auf uns zu. Ich beuge mich tief über meinen Abwasch.
    »Bist du schon achtzehn?«, wendet sich Mr Middleton an Ella. Sie nickt. »Dann komm mit und hilf an der Bar aus. Ihr Mädels könnt ruhig mal ein bisschen mehr Einsatz |114| zeigen. In der Bar ist heute der Teufel los.« Dann sieht er mich an. »Und du kannst die Gläser abräumen und spülen.«
    Wir trocknen uns die Hände ab und werfen einen kurzen Blick auf unsere Spiegelbilder in den riesigen blitzblanken Pfannenböden. Ich könnte etwas Lipgloss vertragen, aber leider

Weitere Kostenlose Bücher