Verfolgt
machen wenigstens nicht mehr solchen Krach. Ein dickes, behaartes Bein schwingt sich über den Gartenzaun und die Typen johlen wieder, als Owen sich über den Zaun wälzt und ins Blumenbeet plumpst. Jemand wirft ihm seine Hose zu. Die Hose landet auf seinem Kopf. Er braucht ewig, um sie wieder anzuziehen, weil er dauernd vornüberkippt.
Nach diesem Ereignis verabschieden sich wieder einige. »War ’n toller Abend!«, rufen sie.
|240| Ich kann ihnen nicht zustimmen.
Wenn sie doch endlich alle nach Hause gehen und Owen am besten gleich mitnehmen würden. Es wird relativ ruhig. Die Männer liegen Bier trinkend und lachend im Gras. Ich glaube, es sind nur noch Owen und die Drillinge übrig. Ich überlege eben, ob ich mich wieder schlafen legen soll, da hebt Owen plötzlich den Kopf und schaut zu meinem Fenster hoch. Ich ducke mich sofort, aber er hat mich schon gesehen. Sein Blick gefällt mir gar nicht.
Ich höre die Küchentür zuschlagen und fahre zusammen. Ich sehe mich panisch im Zimmer um. Jetzt bin ich dran.
»Lexi!«, säuselt jemand auf der Treppe. »Hey, Süße!«
Es ist Owen. Er ist sternhagelvoll. Aus dem Garten höre ich mehrstimmiges Gelächter, also ist Owen wohl allein. Ich müsste etwas unternehmen, aber ich kann nicht mehr klar denken. Ich habe einen Kloß im Hals. Ich habe Angst.
»Lexi … Scheiße!« Es kracht. Hört sich an, als wäre er ausgerutscht. Ich schaue zum Fenster. Vergiss es. Wenn ich rausspringe, breche ich mir bloß ein Bein und kann nicht mehr weglaufen. Mein Blick fällt auf den Schreibtisch. Dort liegt mein Handy. Ich wähle die Nummer meiner Mutter. Owen kommt die Treppe hochgetrampelt und das Handy macht Wahltöne.
Lautes Gejohle im Garten. Die Typen sind so besoffen, dass sie wahrscheinlich gar nicht mitkriegen, dass ihr Gastgeber nicht mehr da ist.
|241| Meine Mutter geht nicht ran.
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Owen kommt ins Zimmer getorkelt.
»Raus!«, brülle ich.
»Bloß ’n bisschen schmusen, Lexi!«, bettelt er. Er steht in der Tür und hat eine halb volle Schnapsflasche in der Hand.
»Nein«, sage ich. »Du bist betrunken, Owen. Geh raus.«
»Aber es ist mein letzter Abend als freier Mann!«, jammert er und kommt näher. »Hab dich nicht so, Lexi! Du hast mich doch auch gern.« Seine Hose ist nass, das Bettjäckchen unter den Armen aufgeplatzt. Seine Augen sind glasig.
»Ich hasse dich!«, sage ich. »Ich wünschte, du wärst tot. Verzieh dich!« Ich schätze klare Worte. Aber ich fürchte mich auch. Er ist groß und schwer und betrunken. Sein käsiges Gesicht hat lauter rote Flecken, Speichel läuft ihm übers Kinn.
»Bloß ein Küsschen!« Er will mich packen, aber ich ducke mich weg. »Kleine Kratzbürste!«, sagt er.
»HAU AB!«, schreie ich ihn an. »Hilfe!« Einer von den Arschlöchern unten muss mich doch hören, aber die Musik ist immer noch voll aufgedreht und die Kerle lachen laut. Ans Fenster kann ich nicht, Owen steht davor. O Gott. Ich muss zum letzten Mittel greifen. Das wird wehtun. Und zwar ihm. Und zwar sehr weh. Meine Mutter wird mir das nie verzeihen. Denn das versaut ihr garantiert die Hochzeitsnacht.
|242| Owen wird allmählich wütend. Er beschimpft mich und kommt immer näher. Es ist fast wie im Slapstickfilm. Er will mich packen und ich springe weg. Aber er ist stark, das weiß ich. Ich muss ihn überrumpeln.
»Sexy Lexi!«, lallt er und bekommt mich an der Schulter zu fassen. Ganz schön gelenkig für so einen alten Knacker. Dann wollen wir mal … erst ausholen, dann …
»He, Oh-wen!«, sagt da jemand. »Wa… was machst du da?« Johnny Neasdon steht in der Tür. Er kann kaum noch sprechen, so blau ist er. Ist das nun gut oder schlecht für mich, dass er gekommen ist? Er kommt hereingetorkelt, legt Owen die Pranken auf die Schultern und will ihn von mir wegziehen, aber Owen schüttelt ihn ab.
»Das ist doch Pau-lahs Tochter!«, nuschelt Johnny. »Was willst du von ihr?«
»Dasselbe wie du«, antwortet Owen. »Gib’s ruhig zu.« Er dreht mich herum und küsst mich. Er stinkt aus dem Mund, sein Atem riecht nach einer Mischung aus faulen Eiern, abgestandenem Bier und Blähungen.
»So gut wie deine Mutter siehst du nicht aus«, sagt er. »Aber wir können trotzdem ein bisschen schmusen.«
Schwere Schritte auf der Treppe. Lucas und Matty erscheinen auf der Schwelle.
»BRINGT IHN RAUS!«, kreische ich und entwinde mich Owens Griff. Unter lautem Gelächter schleifen die Brüder Owen mit
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