Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verfolgt

Verfolgt

Titel: Verfolgt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
Vom Netzwerk:
vereinten Kräften aus dem Zimmer.
    »Sie will mich nicht ranlassen, weil sie in den Karnickeljungen verknallt ist«, höre ich Owen noch lallen, als |243| sie ihn die Treppe hinunterzerren. Lucas und Matty scheinen das Ganze ungeheuer komisch zu finden. Ich nicht. Ich zittere. Johnny steht noch in der Tür. Er ist so groß, dass sein Kopf fast den Türrahmen streift.
    »Alles okay?«, fragt er rülpsend und setzt eine besorgte Miene auf. Dann will er sich die Augen reiben, greift daneben und verliert beinahe das Gleichgewicht.
    »Verzieh dich«, sage ich.
    »Ist klar«, lautet die Antwort. Johnny macht kehrt, stolpert aber und landet der Länge nach auf dem Fußboden. »Bin gleich weg   …«, nuschelt er. Ich atme tief durch. Das war knapp.
    Unten wird die Musik ausgestellt, aber man hört immer noch Gelächter. Oder reden sie so laut? Ich horche und überlege gleichzeitig, was ich jetzt machen soll. Aber ich bin zu durcheinander und verängstigt, als dass mir etwas einfällt. Dumpfes Schnarchen. Johnny ist auf dem Teppich in Tiefschlaf gefallen.
    »Los, kommt!«
    »Jetzt oder nie.«
    »Auf geht’s!«
    »Auf geht’s zur Karnickeljagd.«
    Die Männer werden immer aufgeregter. Kröte dreht durch und übertönt alle drei mit ihrem Gekläff. Ich sitze reglos da und lausche. Was haben sie vor? Am liebsten würde ich mich näher ranschleichen, aber ich habe zu viel Schiss. Ich sitze hier oben fest.
    Jetzt grölen sie im Chor:
»Auf, auf zumfröhlichen Jagen!«
    |244| Was meine Mutter wohl gerade macht? Bestimmt ist sie mit ihren Freundinnen in der Disco und tanzt ausgelassen. Wieder einmal kann ich nicht begreifen, warum sie sich gerade diesen Mann zum Heiraten ausgesucht hat.
    »Häschen in der Grube saß und schlief   …«,
singt Owen aus voller Kehle.
»Häschen hüpf, Häschen hüpf!«
    Ich höre, wie der Gewehrschrank in der Diele aufgeschlossen wird.

|245| KARNICKELJUNGE
    »Wir gehen ein dickes, fettes Karnickel fangen!«, grölt jemand draußen im Garten. »Und dann drehen wir ihm den Hals um. Wir haben nämlich eine neue Geheimwaffe!« Ich stürze ans Fenster. Owen steht unter meinem Fenster im Blumenbeet und schaut zu mir hoch. In einer Hand hat er eine große Tasche, in der anderen ein Gewehr.
    »Tschüss, kleine Lexi – dein lieber Stiefvater fängt dir ein Häschen! Dem ziehen wir das Fell über die Ohren und machen dir Handschuhe draus.« Er hustet und rülpst. Dann hebt er den Gewehrlauf und ich lasse mich zu Tode erschrocken fallen, wobei ich mir das Knie am Fensterbrett anschlage. Aber Owen lacht bloß und stapft zum Gartentor hinaus. Ich reibe mir das Knie, spähe über das Fensterbrett und verrenke mir den Hals, um die Vorderseite des Hauses erkennen zu können. Sie steigen allesamt in Lucas’ Kleinbus. Wollen die allen Ernstes Auto fahren, so besoffen wie die sind? Obwohl   … wahrscheinlich fühlen sie sich, als könnten sie Bäume ausreißen. Egal, Hauptsache, sie verschwinden endlich. Owen lässt die offenbar schwere Tasche in den Kofferraum plumpsen und knallt die Klappe zu. Die Türen schlagen, der Wagen macht |246| einen Satz und bleibt stehen. Sie lassen ihn noch einmal an, dann verschwinden die Rücklichter in der Ferne. Ich sehe ihnen nach. Wenn sie wiederkommen, bin ich nicht mehr hier, auf keinen Fall.
    Hinter mir ächzt jemand und ich fahre herum, aber es ist bloß Johnny. Er setzt sich auf und hält sich den Schädel. Er sieht sich mit glasigen Augen im Zimmer um, als wüsste er nicht, wo er ist, dann fällt sein Blick auf mich.
    »Hallo«, sagt er. »Hab ich die Party verpennt?«
    »Die anderen sind alle weg«, erwidere ich. »Sie sind der Letzte. Soll ich Ihnen die Treppe runterhelfen?«
    »Wie bin ich bloß hier gelandet?« Johnny reibt sich die Augen. Ich spare mir die Antwort.
    »Danke, dass Sie Owen aus dem Zimmer geworfen haben«, sage ich leise. Wenn Johnny nicht gewesen wäre   … lassen wir das.
    Aber Johnny winkt verlegen ab. »Ach, nicht der Rede wert.« Er will aufstehen, kommt aber nicht auf die Beine und lässt sich gegen die Wand fallen. »Wenn du noch mal Hilfe brauchst, kannst du auf mich zählen, Lexi. Bist nämlich ein   … ein feines Mädel.« Er gibt sich mächtig Mühe, nüchtern zu wirken. »Bin ich hier in deinem Zimmer?« Er sieht sich erschrocken um.
    »Sie wollten gerade gehen«, entgegne ich.
    »Tut mir echt leid, Lexi«, nuschelt er und unternimmt einen zweiten Anlauf aufzustehen, ist aber so wacklig auf den Beinen, dass er vornüberkippt.

Weitere Kostenlose Bücher