Verfolgt
|267| ehe sich noch jemand verletzt. Ob es hier noch mehr solche Fallen gibt? Hat Owen sie aufgestellt? Zuzutrauen wäre es ihm. Vielleicht war die schwere Tasche, die er mitgenommen hat, ja voll mit diesen Teufelsdingern. Wenn das Ding wie eine große Mausefalle funktioniert, brauche ich einen dicken Stock, um es auszulösen. Angst habe ich trotzdem. Ich sehe mich nach einem Ast um und entdecke ein kaputtes Brett. Das geht genauso gut. Ich lege die Taschenlampe in eine Mauerlücke, sodass sie die Falle anleuchtet, und fasse das Brett an einem Ende. Dann schiebe ich es in die Falle.
ZACK! Die Eisenzähne packen das Brett und reißen es mir aus der Hand. Das Holz bricht mittendurch, das eine Ende fällt auf die Erde. Ich werde richtig durchgeschüttelt. Ich muss umkehren. Sofort. Womöglich sind die Scheißdinger überall ausgelegt. Ich bekomme es mit der Angst zu tun. Mit gebrochenem Bein kann ich Kos auch nicht helfen. Das ist ja das reinste Minenfeld!
Ich schaue hinauf zu den Sternen. Irgendwo hier ist Kos.
Ich schlage den Weg zu den Werkstätten ein, wobei ich nach weiteren Fallen Ausschau halte, da trägt mir ein Windstoß wieder Stimmen zu. Owen kommt näher. Ich knipse sofort die Taschenlampe aus. Allmählich komme ich mir selbst wie eine Gejagte vor. Ich husche geduckt um das Gebäude herum. An einem der verrammelten Fenster ist die Bretterverkleidung halb heruntergerissen, aber drinnen ist es zu dunkel, um etwas erkennen zu |268| können. Die Männerstimmen werden immer lauter, sie sind nicht mehr weit entfernt. Ich verstecke mich hinter einem Bretterstapel und unterdrücke einen Aufschrei, als eine Ratte hervorspringt und über die Wiese flitzt. Owen und die Neasdons sind auf der anderen Seite des Gebäudes. Sie sprechen im Flüsterton, sind aber trotzdem nicht besonders leise.
»Hey, Kröte will da lang.«
»Da isser bestimmt nicht. Dafür isses heute zu kalt. Er ist bestimmt im alten Sanatorium.«
»Dann können wir’s gleich vergessen.«
Es hört sich an, als seien sie inzwischen wieder ein bisschen nüchterner.
»Armes Häschen, bist du krank …«
Das ist Owen.
»Dass du nicht mehr hüpfen kannst …«
Ich spähe durch eine Lücke zwischen den aufgeschichteten Brettern. Die Männer erscheinen in meinem Blickfeld. Owen geht voran, dann kommt Lucas und zum Schluss Matty. Kröte zieht an der Leine und ich mache mich noch kleiner. Der Hund darf mich nicht wittern.
»Wir hätten Lexi mitnehmen sollen. Die weiß doch, wo sich der Typ versteckt«, lässt sich jetzt Lucas hören.
»Und dann? Red keinen Stuss«, erwidert Owen ärgerlich. »Schließlich heirate ich demnächst ihre Mutter.« Er bleibt stehen, kramt in seiner Tasche und holt etwas Glänzendes heraus. Bestimmt eine von seinen Fallen. Wo hat er dieses ganze Zeug eigentlich her?
»Wo sollen wir denn noch suchen?«, nörgelt Matty. |269| »Der Wald ist groß. Woher willst du wissen, dass er dir in die Falle läuft?«
Ich schlage erschrocken die Hand vor den Mund.
»Ein paar von seinen Verstecken habe ich schon entdeckt. Er benutzt immer dieselben Wege, wie ein Hase. Er rechnet nicht damit, dass wir Fallen ausgelegt haben. Außerdem haben wir ja noch Kröte.«
Ich halte den Atem an. O Gott. Wo bist du, Kos?
Owen hält die Falle hoch. »Zwei von diesen Schätzchen hab ich gestern schon aufgestellt. Wenn wir ihn heute nicht fangen, dann jedenfalls sehr bald. Lexi kennt ihn. Früher oder später wird er ihr alles erzählen. Und dann hat neulich noch dieser junge Bursche hier rumgeschnüffelt.«
Kurze Stille, dann fragt Matty: »Und wenn wir ihn haben, was machen wir dann mit ihm?«
Ich horche gespannt.
»Soll das ein Witz sein?«, fragt Owen unwirsch zurück. »Ich bin jetzt schon drei Jahre auf der Suche nach dem kleinen Scheißer. Hör zu, Matty, ich will ihn ja nicht umbringen. Ich will ihm bloß eine Lehre erteilen und rausfinden, was er über die Verrückte weiß, das ist alles. Ich will einfach nur wissen, woran ich bin. Darum ist es mir die ganze Zeit gegangen. Ich muss mein Leben weiterleben und habe es satt, dass mir die Sache immer noch im Nacken sitzt. Hat er uns nun dabei beobachtet oder nicht?«
»Ich will nicht wieder in was reingezogen werden, Owen«, entgegnet Matty. »Nicht noch mal.«
|270| »Du steckst schon bis zum Hals mit drin, das weißt du selber. Wir wollen alle nicht, dass der Kleine zur Polizei geht.«
Damit ziehen sie ab. Ich würde gern noch mehr erfahren, aber ich traue mich nicht, ihnen gleich
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