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Verfolgt

Verfolgt

Titel: Verfolgt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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aber rein gar nichts. Vor dem Haupteingang halte ich an. Wozu sich verstecken? |264| Ein Stück weiter steht Owens Wagen. Ich bin nicht ganz sicher, aber ich glaube, es sitzt niemand drin.
    »Tut mir echt leid, Lexi   …«, fängt Johnny wieder an.
    »Passen Sie auf, dass Sie nicht erschossen werden«, sage ich bloß, öffne meinen Sicherheitsgurt und steige aus. Noch würde ich nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass Johnny auf meiner Seite ist.
    »Warte doch, Lexi!«
    Ich lasse die Tür offen und laufe durchs mondbeschienene Gras.
    »Lexi!«
    Aber ich habe ihn bald abgehängt.
    Das Klinikgebäude sieht wie immer leer und verlassen aus. In den Fenstern brennt nirgends Licht, es ist totenstill. Der Mond scheint hell und ich finde mich gut zurecht. Ich gehe um das Haus herum. Ich gebe mir Mühe, keinen Krach zu machen, aber ich trete auf etwas, worauf ein lautes Splittern ertönt wie von zerbrechendem Plastik. Danach hallen mir sogar meine eigenen Atemzüge dröhnend laut in den Ohren. Ich bleibe stehen. Redet da jemand im Wald? Ja, man hört Stimmen, aber ganz weit weg. Verstehen kann ich nichts. Im Film hätte ich jetzt so eine Kamera dabei, die die Wärmeausstrahlung von Owen und den beiden Neasdons ortet und mir die drei als kleine rote Punkte anzeigt. Aber das hier ist kein Film, es ist die Wirklichkeit. Und ich habe kein anderes Hilfsmittel als den Verstand einer Sechzehnjährigen.
    Hoffentlich sitzt Kos in dem großen Schlafsaal am Kamin, |265| schön warm in Decken eingemummelt. Oder meinetwegen in seiner miefigen Baracke. Am besten schaue ich dort zuerst nach. Aber ich sehe schon von Weitem, dass es in der Baracke dunkel ist, und nach Rauch riecht es auch nicht. Die Tür steht einen Spalt offen, und als ich hineingehe, spüre ich gleich, dass niemand da ist, auch wenn es stockfinster ist. Ich gehe wieder raus und schaue zum Klinikgebäude hinüber. Ich habe echt nicht die geringste Lust, es noch einmal zu betreten.
     
    Letzten Monat war ich mit meinen Freundinnen freitagabends im Kino. Am nächsten Tag sollte ich zu meiner Mutter fahren. Nach dem Film sind wir noch in die Kneipe gegangen. Wir haben Moz überredet, die Getränke zu bestellen (alle halten sie für zwanzig). Ein paar Studenten, die übers Wochenende bei ihren Eltern zu Besuch waren, haben uns angequatscht. Der Abend war echt super. Ich hatte meine hochhackigen rosa Schuhe an und mein schwarzes Kleid. Ich weiß noch, dass ich mich geärgert habe, weil mein einer Schuh einen Kratzer hatte. Und heute? Heute stehe ich ungeschminkt und in alten Turnschuhen, das Nachthemd in die Jeans gestopft, mitten im Wald. Ich bin auf der Suche nach einem Wilden. Ich muss ihn vor meinem zukünftigen Stiefvater retten, weil der ihn erschießen will.
    Das Leben ist doch immer für eine Überraschung gut.
    Jetzt stell dich nicht so an, Lexi, rede ich mir gut zu, das ist schließlich nicht die erste brenzlige Situation deines |266| Lebens. Ich gehe zum Hauptgebäude hinüber. Ich kann’s nicht leiden, wenn es dunkel ist. Ich fürchte mich zwar nicht im Dunkeln, aber es ist einfach lästig. Ich sehe gern, wo ich hintrete, und die Taschenlampe möchte ich nicht anknipsen. Ich lege keinen Wert darauf, gesehen zu werden. Etwas Graues flattert über mir auf und ich ziehe den Kopf ein. Wahrscheinlich eine Eule. Ich öffne ein Tor in einer Mauer. Ich rutsche auf heruntergefallenen Ziegeln aus, Schutthaufen knirschen unter meinen Schuhsohlen. Ich gehe zwischen der Villa und einem lang gestreckten, niedrigen Nebengebäude durch. Eine Wolke schiebt sich vor den Mond, es wird noch dunkler. Überall wächst Gestrüpp. Das ist doch idiotisch. Hier finde ich Kos nie. Aber wieder nach Hause gehen und die Hände in den Schoß legen kommt auch nicht infrage. Was mir Johnny erzählt hat, lässt mich nicht los.
    Ich zwänge mich durchs Gebüsch und gelange auf eine freie, gepflasterte Fläche. Der Mond taucht hinter den Wolken auf und ich finde mich wieder besser zurecht. Ich stapfe wieder durch hohes Gras, da fällt mein Blick auf etwas Glänzendes. Ich trete einen Schritt zurück und knipse widerstrebend die Taschenlampe an. Auf der Erde liegt ein Rechteck aus eisernen Zacken, das an einer Eisenplatte befestigt ist, die wiederum an einer im Boden verankerten Kette hängt. Ich gehe erschrocken rückwärts. Das Ding sieht aus wie eine Falle und ich wäre beinahe hineingetappt. Ich hätte den Fuß verlieren können! Ein echt grässliches Gerät. Ich muss es unschädlich machen,

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