Verführ mich nur aus Liebe
ausgerechnet Silvia sie nicht besuchte. Von ihrer madrina erfuhr sie, dass Ernesto – der gute und fürsorgliche Ehemann – Silvia nach Korfu mitgenommen hatte. Dort besaß seine Familie ein Haus, und sie machten Urlaub.
Ein ganzer Monat verging. Ellie fragte sich, wie lange sich die Kreditverhandlungen zwischen Galantana und der Credito Europa Bank noch hinziehen würden. Erst nach deren erfolgreichen Abschluss war auch das Ende ihrer Gefangenschaft im goldenen Käfig abzusehen.
Als die sommerliche Hitze in der Stadt stetig zunahm, vermisste sie vor allem ihre Casa Bianca. Dort wehte immer eine frische Brise vom Meer herüber. Doch es war ihr untersagt worden, auch nur ein Wochenende in ihrem Haus zu verbringen. Für die Zeit ihrer Verlobung war sie an den Palazzo Damiano gebunden. Jede Nacht machte sie sich verzweifelt Mut, dass es bestimmt nicht mehr lange dauern würde. Im Bett holten sie außerdem regelmäßig die unerwünschten Erinnerungen an den sündhaft attraktiven Angelo Manzini ein. Diese erotischen Erinnerungen ließen sie jedes Mal rot werden, wenn der Conte ihr am nächsten Tag wieder leibhaftig seine Aufwartung machte.
Äußerlich gelassen trat Angelo in die Vormittagshitze Roms hinaus. Die schweren Glastüren der Credito Europa Bank glitten lautlos hinter ihm zu. Er nickte dem Chauffeur zu, der ihm die Tür aufhielt. Dann nahm er hinten in der Limousine Platz.
Doch Angelos scheinbare Ruhe täuschte. Innerlich kochte er vor Zorn.
„Wünschen Eure Exzellenz zum Büro zurückgefahren zu werden?“, erkundigte sich Mario, als Angelo weiterhin schwieg.
In Gedanken war Angelo noch bei der soeben beendeten Besprechung gewesen. Nun begegnete er dem Blick seines Fahrers im Rückspiegel. „Nein, fahren Sie mich zu meiner Wohnung.“
Falls Mario sich über diese Anweisung mitten an einem normalen Arbeitstag wunderte, ließ er es sich nicht anmerken. Sein Fahrer setzte ihn vor dem Haupteingang des Apartmenthauses ab und nahm Angelos Hinweis hin, dass er an diesem Tag nicht mehr gebraucht würde.
In der Wohnung war es wunderbar kühl und still. Zu dieser Tageszeit erledigte sein Butler Salvatore üblicherweise die Besorgungen, was Angelo sehr entgegenkam. Er wollte allein sein. Auf dem Weg in den salotto zog er sich Sakko und Krawatte aus und warf beides achtlos über einen Stuhl. Ungeduldig knöpfte er sich die Weste und den Hemdkragen auf und schenkte sich einen großen Whisky ein, den er in wenigen Schlucken austrank. Gleich darauf füllte er das Glas erneut.
Genau das brauchte er jetzt nach dem Termin in der Bank. Die Besprechung hatte unerwartete Neuigkeiten ergeben – oder vielmehr ein Ultimatum …
Noch immer konnte er es kaum glauben. Er war sich so sicher gewesen, dass er so klug auf die Falle reagiert hatte, die ihm in Largossa gestellt worden war. Er hatte geglaubt, dass er nur für eine Weile so tun müsste, als würde er das Mädchen umwerben. Das Mädchen, das genauso benutzt worden war wie er … Elena. Silvias Cousine war ganz anders als seine Exgeliebte. Sie kam ihm beinahe so vor, als würde sie von einem anderen Stern stammen. Doch er war überzeugt davon gewesen: Wenn er sie umwarb, würde er erreichen, was er wollte. Danach würde er frei sein. Und sie würde genauso froh und dankbar sein, ihn gehen zu sehen.
Dio mio, dachte er. Zu spät hatte er sich daran erinnert, was man ihm einmal erzählt hatte: In seinen jüngeren Jahren war Cesare Damiano in Banker-Kreisen „das Krokodil“, genannt worden. Und heute hatte der Principe diesem Spitznamen alle Ehre gemacht. Er hatte Angelo unmissverständlich klargemacht, dass das Kreditgeschäft zwischen seiner Bank und Galantana nur unter einer Bedingung zustande kommen würde. Angelo müsste alles Nötige tun und den guten Ruf der geliebten Patentochter seiner Gattin schützen, der durch die Affäre mit ihm bedroht wäre.
Und ich Dummkopf war völlig ahnungslos! Ich habe nicht einmal geahnt, dass man mir noch eine weitere, ganz andere Falle gestellt hat, dachte Angelo. Natürlich hätte er dem Principe erklären können, dass er hereingelegt und in das falsche Bett gelockt worden war. Doch dann wäre er im Handumdrehen von den Sicherheitskräften der Bank zur Tür hinausbefördert worden. Mit weitreichenden Konsequenzen.
Nein, wenn er Cesare Damianos Geld wollte – und er hatte keine Wahl –, dann musste er in den sauren Apfel beißen. Er musste die kleine Signorina Rühr-mich-nicht-an überreden, ihn zu heiraten. Wobei der
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