Verführ mich nur aus Liebe
gelassen. „Silvia fürchtete, dass sie eine schwere Migräne bekommen würde. Deshalb ist Ernesto mit ihr nach Rom zurückgefahren. Was für ein guter, fürsorglicher Ehemann! Aber keine Sorge: Cesare hat bereits bestimmt, dass wir dich in unserem Wagen zurückbringen. Bis dahin kann dein Umzug in den Palazzo in die Wege geleitet werden. Das ist doch praktisch, meinst du nicht?“
Ellie war da ganz anderer Meinung. Allerdings wusste sie, dass jeder Protest zwecklos war – der Principe Damiano hatte gesprochen. Und seit wann litt Silvia an Migräne?
Ein Aufenthalt im Palazzo Damiano war der beste Anschauungsunterricht dafür, wie man in den höheren gesellschaftlichen Kreisen lebte. Ehrfürchtig schritt Ellie über glänzende Marmorböden von einem riesigen, hohen Raum in den nächsten. Sie schlief auf feinsten Leinenlaken, und das köstliche Essen wurde ihr auf exklusivem Porzellan serviert. Ihre gesamte kleine Wohnung hätte gut und gern in das Schlafzimmer der Suite gepasst, die eigens für sie hergerichtet worden war. Zur Suite gehörten außerdem noch ein hübscher kleiner Salon und ein luxuriöses Bad.
Ihr kleiner Fiat wirkte völlig deplatziert neben der Luxuslimousine des Principe und dem eleganten Alfa Romeo ihrer Patentante, wenn sie ihn auf der kiesbedeckten Auffahrt des Palazzo parkte. Doch auf das alte Auto würde sie sich noch verlassen können, wenn der ganze andere Spuk erst vorbei war, tröstete Ellie sich.
Dasselbe erhoffte sie sich von ihrer Arbeit, auch wenn ihre Verlobung in ihrem Büro wie eine Bombe eingeschlagen war. Einige Kollegen hatten sie mit schrägen Blicken bedacht. Das hatte Ellie in dem Verdacht bestätigt, dass Silvias Affäre mit Angelo Manzini hier längst die Runde gemacht hatte. Zu allem Überfluss hatte einer der Direktoren sie zu sich gebeten und sie geradeheraus gefragt, wann sie vor ihrer Hochzeit die Kündigung einreichen würde. Verblüfft hatte sie geantwortet, dass ihr die Arbeit gefiel und sie sie nicht aufgeben wollte. Mit skeptischem Blick hatte ihr Chef erwidert, dass ihr fidanzato da möglicherweise andere Vorstellungen hätte.
Zu ihrem Leidwesen aber war der Conte Manzini zu einem regelmäßigen Gast im Palazzo geworden. Mehrmals aß er in der Woche zusammen mit Ellie, dem Principe und der Principessa zu Abend. Es fiel Ellie schwer, es sich immer wieder klarzumachen: Diese Besuche waren nur Teil des verabredeten Spiels, und eigentlich wollte er nur den Principe Damiano sprechen. Er schickte ihr auch Blumen. Ihr kleiner Salon war inzwischen voll davon. Und er küsste sie … zumeist auf die Hand oder die Wange. Manchmal küsste er sie aber auch auf den Mund – wann immer andere anwesend waren und sie darum nicht ausweichen konnte.
Neun von zehn Frauen hätten sie gefragt, warum sie es vermied, von einem der attraktivsten Männer Italiens geküsst zu werden. Aber in ihrem Fall erfüllte er ja nur seine Pflicht und tat es nicht aus Leidenschaft … Obwohl sie sich natürlich auch nicht wünschte, von Angelo Manzini begehrt zu werden. Im Gegenteil: Sie gab sich die größte Mühe, die kurzen Momente in seinen Armen zu vergessen.
Tante Dorotea war eine der Ersten aus Angelos Verwandtschaft, die sie im Palazzo aufsuchte. Die würdevolle Dame musterte Ellie von Kopf bis Fuß und nickte dann mit seltsam zufriedener Miene. Was Ellie nicht verstand. Zum Glück hatte sie jedoch außerdem ihre Tochter Tullia mitgebracht. Die fröhliche junge Frau war seit einem Jahr mit einem Rechtsanwalt verheiratet. Unter anderen Umständen hätte Ellie sich gern mit ihr angefreundet.
Eine häufige Besucherin war natürlich die Contessa Cosima. Zu Ellies Entsetzen plauderte sie jedes Mal über Kirchen, Trauungszeremonien und Brautkleider. Ellie wurde das schnell zu viel. Doch sie brachte nicht den Mut auf, es auszusprechen.
Überhaupt war ihre Garderobe zu einem ständigen Thema geworden. Ellie hatte sie eigentlich für völlig ausreichend gehalten, aber ihre Patentante war da offensichtlich anderer Meinung. Unter ihrer Regie füllte sich Ellies Schrank mit Designermodellen, Röcken, Hosen und Tops aus Leinen und Seide sowie einer Auswahl an exklusiven Abendroben. Selbstverständlich gehörten zu jedem Outfit die farblich passenden Schuhe und Handtaschen aus feinstem Leder. All ihre Proteste wehrte die Principessa lächelnd ab. Sie sagte dann, dass es sie freute, ihre geliebte Patentochter so hübsch herausgeputzt zu sehen.
Allmählich wunderte Ellie sich jedoch darüber, dass
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