Verführ mich nur aus Liebe
längst über alle Berge.
Mechanisch beantwortete Angelo die besorgten Fragen des Lastwagenfahrers. Er war nicht verletzt, und der Schaden an seinem Auto war gering. Es hätte viel schlimmer kommen können.
„Und ich habe nicht einmal das Kennzeichen gesehen.“ Der Lastwagenfahrer schüttelte fassungslos den Kopf, bevor er sich verabschiedete. „Dio mio, Frau am Steuer!“
„Ja“, bekräftigte Angelo bitter. „Frau am Steuer.“
Denn er hatte den Wagen wiedererkannt. Er kannte das Kennzeichen genau und wusste auch, wer am Steuer gesessen hatte. Kalte Wut stieg in ihm hoch. Mit grimmiger Entschlossenheit setzte er die Fahrt nach Vostranto fort.
Unendlich erleichtert beobachtete Ellie, wie Giorgio die schwere Haustür hinter ihrem ungebetenen Gast schloss. Kurz darauf heulte der PS-starke Motor auf, als Silvias Wagen mit Vollgas davonfuhr.
„Ich habe Kopfschmerzen, Giorgio. Ich werde mich eine Weile hinlegen.“
Dankend lehnte sie die fürsorglichen Vorschläge des Butlers ab, ihr Tee, Schmerztabletten oder kalte Kompressen für die Stirn zu bringen. Dann ging sie wieder in ihr Schlafzimmer, das sie erst kurz zuvor mit ihrer Cousine verlassen hatte.
Immer noch sah Ellie sie vor sich. Silvia hatte darauf bestanden, sich alles anzusehen – sogar das Bad und das Ankleidezimmer. Dort hatte sie voller Neid Ellies Garderobe begutachtet. Am meisten hatte sie sich aber für das Bett interessiert. Schweigend hatte sie davorgestanden und es lächelnd betrachtet.
„Irgendwie kann ich es mir nicht vorstellen, wie ihr beide es hier miteinander treibt“, sagte Silvia böse. „Ich meine, du wirkst immer noch so … unberührt. Ich frage mich, ob er die Ehe überhaupt mit dir vollzogen hat. Irgendwann wird er es tun, naturalmente. Es ist seine Pflicht seiner Familie gegenüber, für einen Erben zu sorgen. Zumindest dafür kannst du von Nutzen sein. Was hat ihn bislang wohl abgehalten? Vielleicht trauert er ja noch dem nach, was möglich gewesen wäre … mit mir.“
Ellie zwang sich, Silvias spöttischem Blick standzuhalten. „Warum fragst du ihn nicht selbst?“
Ihre Cousine lachte ihr ins Gesicht. „Das muss ich nicht, Elena. Weil er es mir bald genug erzählen wird.“ Sie beugte sich vor. Bewundernd, beinahe zärtlich strich sie über die kostbare, bestickte Bettdecke. „Es ist nämlich längst nicht vorbei zwischen uns, cara. Du musst das verstehen. Weil ich ihn immer noch will. Und ich werde ihn bekommen – genauso wie ich ihn auch in dieser Nacht in Largossa bekommen hätte. Aber zuerst musste er bestraft werden. Ich denke, dass er jetzt genug gelitten hat. Meinst du nicht?“
Lächelnd hatte Silvia sich umgedreht und hatte mit aufreizendem Hüftschwung das Schlafzimmer verlassen. Fassungslos und von den widersprüchlichsten Gefühlen bestürmt war Ellie ihr gefolgt.
Als sie jetzt zu dem großen Himmelbett blickte, sah sie Silvia vor ihrem inneren Auge – wie ihre Cousine die Decke besitzergreifend gestreichelt hatte. Ellie fröstelte plötzlich und verspürte gar keine Lust mehr, sich hinzulegen. Stattdessen ging sie ins Bad. Sie zog sich aus und gönnte sich eine ausgiebige Dusche, um vielleicht so ihre Anspannung loszuwerden.
Schließlich stellte sie das Wasser ab und stieg aus der Duschkabine. Blind tastete sie nach einem Handtuch. Im nächsten Moment wurde ihr von hinten ein Badetuch um die Schultern gelegt. Jemand hob sie hoch, trug sie ins Schlafzimmer und stellte sie dort wieder auf die Füße.
„Buona sera, meine süße, kleine Frau“, sagte Angelo sanft.
Erschrocken rieb sie sich das Wasser aus den Augen. „Was tust du hier?“ Ellie wich zurück und wäre dabei fast auf den Zipfel des Badetuchs getreten. „Wie kannst du es wagen, einfach hier hereinzukommen?“
Sofort erstarrte seine Miene. „Und wie kannst du es wagen, in meiner Abwesenheit deine intrigante Cousine einzuladen? Hast du ernsthaft geglaubt, ich hätte nichts dagegen? Oder hast du einfach gehofft, dass ich es nicht herausfinden würde?“
Ellie hatte genug. Nach einem absolut miesen Nachmittag sollte sie nun auch noch die Peinlichkeit ertragen, dass Angelo sie zum zweiten Mal nackt gesehen hatte. Das war zu viel! Trotzig blickte sie auf. „Fast deine gesamte Familie hat uns hier schon besucht. Und ich soll nicht einmal meine einzige noch lebende Verwandte sehen dürfen?“ Was war bloß in sie gefahren? Sie wusste selbst nicht, warum sie das gesagt hatte.
„Es überrascht mich, dass du überhaupt den Wunsch
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