Verführ mich undercover!
Glauben gelassen, dass sie ein bisschen begriffsstutzig war.
Stattdessen war sie über ihr dummes Ego gestolpert. Wie ein Schulmädchen, das den Lehrer beeindrucken will, hatte sie mit ihrem Wissen geprahlt. „Bosonigas Monarchie ist stabil“, imitierte sie sich selbst spöttisch im Flüsterton. Warum hielt sie ihm nicht gleich ihr Diplom unter die Nase? Raten Sie mal, warum ich hier bin.
Wieder tauchte sie den Löffel in die Suppe.
Versuchte sie etwa unbewusst, die Story zu sabotieren?
„Melissa?“ Stephanie ließ sich auf den Stuhl neben ihr gleiten und stellte einen weißen Kaffeebecher auf den Tisch.
Um zwei Uhr nachmittags war es ruhig geworden im Küchenhaus. Nur vom Durchgang zur Küche war schwaches Stimmengemurmel zu hören. Kaffee und Haferkekse standen auf dem Buffet bereit für den Fall, dass jemand einen Snack brauchte.
„Hallo“, grüßte Melissa höflich.
Stephanies kastanienbraunes Haar war zu einem Pferdeschwanz hochgebunden, ihrer üblichen Frisur. Die Reitkappe hatte sie abgenommen, doch sie trug noch die weiße Bluse, die engen Reithosen und hohen Stiefel, die zu ihrer Turnieruniform gehörten.
Als Stephanie jetzt glücklich lächelte, dachte Melissa: Sie hat etwas Freches an sich, etwas Kesses. Vielleicht lag es an den Sommersprossen oder daran, dass sie völlig ungeschminkt war, jedenfalls wirkte sie jung und sorglos, beinahe übermütig.
„Ich habe gesehen, wie Jared Ihnen geholfen hat, mit Tango fertig zu werden“, sagte Stephanie jetzt. Ihr Gesicht war freundlich und offen, als sie den Henkel der Tasse zu sich drehte.
Melissas Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Sie mochte Stephanie, und es tat ihr leid, dass sie sie in ihr Versteckspiel hineingezogen hatte.
„Das war wirklich nett von ihm“, bestätigte Melissa. Sorgfältig wählte sie ihre nächsten Worte. „Meine Kenntnisse über Pferde sind …“
Sie seufzte und kam sich ziemlich gemein vor, weil sie Stephanie anlog. „Na ja, ich habe beim Einstellungsgespräch wohl etwas übertrieben.“ Mit gesenktem Kopf wartete sie auf eine Reaktion.
Doch zu ihrer Überraschung winkte Stephanie nur wegwerfend. „Ach, was soll’s.“
Melissa sah sie verblüfft an. „Aber …“
„Man muss kein Genie sein, um Mist zu schaufeln.“
„Sie sind nicht sauer?“
„Nein.“ Stephanie hob ihre Tasse und trank einen Schluck von dem dampfenden Kaffee. „Beim Lebenslauf übertreiben doch alle.“
„Ja, wahrscheinlich“, stimmte Melissa erleichtert zu. Sie wird mich nicht hinauswerfen.
„Und was denken Sie über ihn?“
„Über Tango?“ Wollte Stephanie sie dazu bringen, das Pferd zu reiten?
„Nein, über Jared.“
Stephanies forschender Blick entging Melissa nicht. Oh nein. Das verhieß nichts Gutes. „Na ja, er scheint ziemlich nett zu sein“, erwiderte sie vorsichtig. Tatsächlich fand sie Jared fordernd und sarkastisch. Wenn auch auf eine fesselnde Art.
Seine Schwester nickte fröhlich. „Er ist ein toller Typ. Viele Frauen fühlen sich zu ihm hingezogen. Ich weiß es natürlich nicht genau, weil er mein Bruder ist, aber ich glaube, er ist ein ziemlich heißer Typ.“
Melissa konzentrierte sich auf ihre Suppe. „Er ist ein sehr attraktiver Mann.“
„Sie hätten mal sein Date vom letzten Wochenende sehen sollen. Ihr Bild war in der Zeitung. Eine Anwältin, echt sexy.“
Oh, nein, sie würde nicht eifersüchtig auf eine clevere, gut aussehende Anwältin aus Chicago sein. Jareds Dates gingen sie nicht das Geringste an. Das durfte sie auf keinen Fall vergessen.
„Ich habe ihm gesagt, dass er wieder mit ihr ausgehen soll. Aber er hat kein Interesse. Also ist er völlig ungebunden.“
Melissa verkniff sich ein Lächeln. Stephanie war einfach liebenswert. Vermutlich war sie nur vier oder fünf Jahre jünger als Melissa, doch sie wirkte unschuldig und naiv. Vielleicht lag es daran, dass sie in der heilen Welt des ländlichen Montana aufgewachsen war.
„Offen gesagt, Stephanie, ich glaube, dass Ihr Bruder von mir enttäuscht ist.“
Stephanie schüttelte den Kopf. „Das lässt sich ändern.“
„Wissen Sie, ich bleibe nur ein paar Tage.“ Das Letzte, was Melissa gebrauchen konnte, war, dass Jared sie zu meiden begann. Und genau das würde vermutlich passieren, wenn er die Absichten seiner Schwester erriet.
„Er findet Sie hübsch.“
Die Worte trafen Melissa unvorbereitet.
„Das hat er mir selbst gesagt“, fuhr Stephanie vergnügt fort. „Gleich nachdem er Sie zum ersten Mal gesehen
Weitere Kostenlose Bücher