Verfuehr mich
klopfte.
»Ähm, ähm. Jetzt hört schon auf damit, ihr zwei.« Joe stellte seine leere Bierflasche auf den Küchentresen.
Sicher in Jaz’ Armen geborgen, sah Bliss zu dem Kerl hinüber, der wie eine blonde Version des Mannes aussah, der sie gerade festhielt. »Verpiss dich«, meinte Jaz mit fröhlicher Stimme. Er wiegte Bliss ein wenig hin und her und küsste sie dann auf die Nase.
»Freut mich, dich so glücklich zu sehen, du kleiner Scheißer.« Joes Stimme klang genauso fröhlich wie die seines Bruders. »Bis später. Danke für das Bier, Bliss. Ich komme dann nachher zum Hackbratenessen wieder.«
»Bring eine Gabel mit«, rief Jaz, »ich wasche nämlich nicht extra eine für dich ab!«
Alles Männergequatsche. Bliss erinnerte sich daran, dass ihr jüngerer Bruder ganz genauso mit seinen Freunden gesprochen hatte. Sie kuschelte sich an Jaz’ Brust und winkte Joe zu.
Als die Brüder am nächsten Tag über den Bauplänen für eine Terrassenüberdachung brüteten, lernte Bliss eine andere Seite von Jaz kennen.
Eigentlich war er gar kein Rädchen in irgendeiner großen Firmenmaschinerie, und auch die Rolle des aufstrebenden, jungen Chefs spielte er nur, um so sein Geld zu verdienen. Tief in seinem Inneren war Jaz ein Mann, der praktische Arbeit mochte und auch wusste, wie man sie anzupacken hatte.
Joe legte seinen flachen Zimmermannsbleistift beiseite. »Lass uns anfangen. Wir könnten noch heute das Gerüst errichten. Nur du und ich. Wie in alten Zeiten.«
»Mir wird ganz warm ums Herz«, meinte Jaz und tat so, als würde er sich eine Träne wegwischen.
»Wenn du das Holz hast …«
Sie tauschten ein Lächeln aus. »In den Keller!«, kam es von den beiden Brüdern gleichzeitig.
Als Bliss von ihrem Laptop aufschaute, sah sie, wie die beiden die Treppe der Terrasse hinuntergingen. Sie konnte ihr Lachen und das Poltern hören, als sie das Holz aus den Halterungen an der Decke holten. Auch nachdem sie längst im Keller verschwunden und weder zu sehen noch zu hören waren, ließ es sich trotzdem leicht erraten, was sie taten. Jaz hatte sicher darauf bestanden, die Latten auf ein eventuelles Verziehen zu prüfen, und als dann ein lautes Fluchen zu hören war, wusste Bliss, dass einer von beiden sich einen Holzsplitter eingezogen hatte.
Sie kamen wieder zum Vorschein und wuchteten etliche dicke Dachbalken auf die Terrasse hoch. Dann schleppten sie Milchkannen herauf, die mit kleineren Holzstücken gefüllt waren, zu denen sich schnell eine Auswahl an Werkzeugen gesellte: eine tragbare Kreissäge, ein Riesenbohrer.
Irgendwann schauten ein paar Freunde auf ihrem Weg zum Strand vorbei und feuerten die Claybourn-Brüder mit Baut auf! Baut auf! an.
Joe holte ein Halstuch hervor und winkte den Leuten damit zu. Dann wickelte er es sich im Piratenstil um das blonde Haar und setzte eine Sonnenbrille auf. Er sah aus wie ein großer, böser Rocker. Aber ein sehr netter, großer, böser Rocker.
Von ihrem Platz aus konnte Bliss genauestens beobachten, wie er sich irgendwann sein weites Muskelshirt vom Körper riss und damit den Blick auf ein Tattoo gewährte, das fast seine gesamten, kräftigen Schultern bedeckte und sie noch breiter aussehen ließ, als sie es ohnehin schon waren. Das Muster war keltisch und erinnerte an ineinander verschlungene Flügel, die bis zum Rücken reichten, der ebenfalls sehr muskulös wirkte.
Bliss hatte ein leicht schlechtes Gewissen, dass sie ihn so anstarrte. Aber da niemand etwas davon mitbekam, war es eigentlich auch egal. Man musste Joe Claybourn einfach anschauen.
Er lief auf der Terrasse herum und sortierte die Holzelemente, die in den luftigen Bau integriert werden sollten, der Jaz vorschwebte. Den Blick auf Bliss gerichtet, sortierte er die Holzlatten der Größe nach und winkte ihr dann zu.
»Die Größe spielt eben doch eine Rolle«, rief er in ihre Richtung.
Da kam Jaz mit zwei über die Schulter geworfenen Sägeböcken die Treppe herauf. »Flirtest du da etwa mit meiner Freundin?«
»Ja.«
Jaz stellte die Sägeböcke ab und verpasste Joe zum Schein einen Kinnhaken, der dies aber ignorierte. Bliss meinte, noch nie zwei tollere Exemplare der Sorte Mann gesehen zu haben: weite, tief sitzende Jeans, noch tiefer umgeschnallte Werkzeuggürtel, nackte Brust.
Joe war braun gebrannter als Jaz, er arbeitete ja schließlich auch im Freien. Ihre Körper aber waren sich sehr ähnlich – groß und wunderschön mit einer animalischen Eleganz, die absolut natürlich war. Der
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