Verfuehr mich
Jaz lehnte sich wieder zurück und schloss die Augen.
»Vi hat mir erzählt, Rocco würde ein nordisches Langschiff bauen. Er vertritt die Theorie, dass früher Wikinger auf Pine Island gehaust haben.«
»Willst du mich veralbern?« Jaz öffnete die Augen wieder. Seine Hand hielt immer noch ihren Knöchel fest.
»Lass bitte mal los. Ich möchte einen besseren Blick drauf haben.«
»Ich möchte aber nicht, dass du auf dem Dach herumkletterst.« Er streichelte ihr abwesend über den Knöchel.
»Du solltest es dir auch mal ansehen«, sagte Bliss. »Vielleicht irre ich mich ja aber auch.«
»Wikinger. Drachen. Bist du sicher, dass du keine Halluzinationen hast?«
»Hey, in deinem Königreich geschehen nun mal merkwürdige Dinge. Steh doch auf und sieh selbst.«
»So redet man aber nicht mit einem König.« Er stand trotzdem auf und wischte sich dabei den Schmutz vom Hintern. Dann schaute er konzentriert in Richtung Summer Club .
Bei Vis Haus war tatsächlich ein gerolltes Etwas zu sehen. »Vielleicht hast du ja doch recht. Das könnte ein Drachenkopf sein. Wollen wir mal rüber zum Summer Club gehen und sehen, was da los ist?«
»O ja, gerne.«
»Vorsicht.« Er trat auf einen Balken und reichte ihr die Hand, um sie zu einer der Leitern zu führen. Jaz stieg als Erster herunter, blieb aber auf der untersten Sprosse stehen, bis Bliss sicheren Tritt gefasst hatte.
Bliss kletterte herunter, bis sich ihr Po auf Augenhöhe mit Jaz’ Gesicht befand. Er klopfte auch ihr ein bisschen Schmutz von der Hose und nutzte die Gelegenheit, um ihre Rückseite mit liebevollen Küssen zu bedecken. Bliss kicherte. Der Mann konnte es einfach nicht lassen.
Als sie Joe aus dem Haus kommen hörten, beendete Jaz sofort seine Küsse. Er stieg von der Leiter und hielt sie so lange fest, bis sie wieder zwischen den Claybourn-Brüdern auf der Terrasse stand.
»Wollt ihr auch was Kühles trinken?«, fragte Joe.
»Ja. Und wir dachten, wir laufen mal schnell rüber zum Summer Club . Bliss glaubt, dass Rocco irgendwas vorhat.«
Joe nickte. »Er baut ein Langschiff auf der Terrasse von Violet Lentone. Ich war gestern drüben, um einen Kostenvoranschlag für einen Anbau abzugeben.«
Jaz und Bliss warfen sich einen Blick zu. »Du hattest recht, Bliss. Okay, das muss ich mir ansehen. Kannst du mich eine Stunde entbehren, Brüderchen?«
»Klar.« Joe ging zum Werkzeugkasten und durchwühlte ihn auf der Suche nach irgendetwas. »Rocco hat ein paar meiner Jungs angeheuert. Sie haben ihm geholfen, hinter Vis Haus den Rumpf eines alten Fischerbootes aus dem Schilf zu ziehen. Dann haben sie noch ein paar alte Latten zu einem Deck und einer windschiefen Kajüte zusammengezimmert.«
Bliss spürte, dass sein Zimmermannsstolz ihn davon abhielt, das Projekt allzu ernst zu nehmen. »Ich glaube nicht, dass es auf Langschiffen Decks oder Kajüten gab«, erklärte sie.
Joe kicherte. »Das ist ein Fischerboot. Das wird zehn Minuten, nachdem er es zu Wasser gelassen hat, sinken. Aber er hat seinen Spaß.«
»Den hat Rocco immer«, erklärte Jaz.
Rocco musste das gerollte Bugstück, das sie gesehen hatten, in ein Loch auf dem Deck des Fischerbootes einsetzen. Er hämmerte gerade auf dem Pfeiler herum, um ihn zu fixieren, als Bliss und Jaz die Rampe hochkamen. Das Ding wackelte und neigte sich verdächtig zu einer Seite.
Nun konnte Bliss endlich einen genauen Blick darauf werfen. Der Drachenkopf war neu und an einem langen Stück gebogenem Treibholz befestigt.
»Hey, Mann«, begrüßte Jaz seinen Nachbarn, »das ist ja unglaublich.« Er war weitaus taktvoller als sein Bruder. »Wo hast du das Boot denn her?«
Rocco schlug erneut auf den Drachenkopfbug und legte den Hammer dann beiseite. »Ich habe hinten im Schilf ein Wrack gefunden. Völlig überwuchert. Wurde seinerzeit wahrscheinlich von einem Orkan dorthin getrieben.«
»Und das Holz für das Deck?«, fragte Jaz und ließ seine Hand vorsichtig über die Konstruktion gleiten. Bliss fiel auf, dass die Latten nicht gebraucht aussahen, sondern ganz normale Maße hatten und gut passten.
»Die sind von Vis Dachboden«, erklärte Rocco nonchalant. »Ich glaube, ihr ist gar nicht aufgefallen, dass sie weg sind.«
»Das ist mir sehr wohl aufgefallen«, sagte Vi. »Aber nimm dir nur, was du brauchst, mein Liebster.« Sie trat durch die offene Schiebetür und begrüßte Bliss und Jaz mit einem Kopfnicken. »Hallo, ihr beiden.«
»Hi, Vi. Wie geht’s dir?«
Ihre Chefin verdrehte nur die Augen. Dann gab
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