Verführe niemals Deinen Mann
korrigierte er.
„Es war ja nur eine Nacht“, stellte sie richtig. „Da ist die Wahrscheinlichkeit ja nicht so groß, dass …“
„Wir werden’s merken“, murmelte er, nahm ihre Hand und zog sie in Richtung Straße.
„Wohin willst du?“
„In die nächste Drogerie“, antwortete er. „Eine Großpackung Kondome kaufen.“
Eine Woche später lag Julie am Strand und blickte in den wolkenlosen Himmel. Hoch dort oben sah sie ihren Mann an einem bunten Schirm durch die Lüfte schweben: Travis beim Parasailing. Er war immer noch wie früher als Kind, alles musste er einmal ausprobieren. Nicht nur am Himmel, sondern auch hier auf der Erde. Der Gedanke ließ schon wieder heiße Lust in ihr aufsteigen.
Sie hatten extra die Jumbo-Packung Kondome gekauft, aber der Vorrat war schon merklich zusammengeschmolzen. Warum sollten sie sich an das Kein-Sex-Gelübde halten, wenn sie doch beide mehr als willens und bereit waren, die Nächte in dem riesigen Bett gemeinsam zu verbringen? Allein der Gedanke an die lustvollen Stunden machte sie schon wieder ganz kribbelig. Sie vergrub ihre Zehen im warmen weißen Sand.
Ihr war klar, dass sie tiefer und tiefer in etwas hineingeriet, aber sie konnte nichts dagegen tun. Jeder Frau, sofern sie nicht gerade ein Eisklotz war, wäre es genauso ergangen. Travis King war nun mal ein ganz besonderer Mann. Wenn er verführen wollte, war er unwiderstehlich. Er hatte Julie in seine Welt eingeführt – und sie wusste nicht, wie sie da je wieder herauskommen sollte.
Diese Erkenntnis ließ sie plötzlich erschauern. Himmel, war sie dumm! Das war nun schon das zweite Mal, dass sie geheiratet hatte, um es fast sofort wieder zu bereuen.
Jean Claude war ein Mistkerl, kein Zweifel. Aber die Beziehung mit ihm hatte sie wenigstens auf gleicher Augenhöhe führen können, denn sie stammten aus derselben Schicht. Das war bei Travis anders. Sie kamen aus völlig verschiedenen Welten. Julie war die Tochter der Köchin, das Kind einer Hausangestellten. Und Travis war Millionär, mindestens. So etwas ging selten gut. Außer bei Aschenputtel vielleicht.
Und das war ja noch nicht alles. Ihretwegen hatte er einem Erpresser Geld zahlen müssen. Nein, Julie wusste: Früher oder später würde jede Menge Kummer auf sie zukommen. Denn obwohl alles, alles dagegen sprach, sich in Travis King zu verlieben … geschah es bereits.
„Señora King?“
„Huch! Was?“ Sie wandte ihren Blick von Travis dort oben ab, der langsam tiefer sank, und sah zu dem Hotelangestellten hoch, der vor ihr stand. „Tut mir leid. Was gibt es denn?“
Der Mann in weißer Hose und grün-weißem Tropenhemd lächelte sie an. Travis’ Cousin stellte offenbar nur die reinsten Models als Personal ein!
„Ein Anruf für Sie, Señora“, sagt er und reichte ihr ein Satellitenhandy.
„Danke.“ Sie fragte sich, wer sie hier anrufen sollte. „Hallo?“
„Julie O’Hara King“, sagte ihre Mutter streng. Diesen Tonfall hatte Julie zum letzten Mal gehört, als sie mit sechzehn zu spät nach Hause gekommen war. „Würdest du mir bitte erklären, was dieses überaus unsittliche Foto von dir und Travis auf dem Titel dieser Klatschzeitschrift zu suchen hat, die ich eben im Supermarkt gekauft habe?“
Oh Gott.
„Thomas, ich bringe das in Ordnung, sobald ich … sobald wir nach Hause kommen“, sagte Travis.
Unruhig ging er mit dem Handy am Ohr im Zimmer auf und ab. Sofort nachdem er mit seinem Fallschirmsegler gelandet war, hatte Julie ihm die schlechte Nachricht verkündet. Offenbar war das Skandalfoto aus dem Lokalblatt tatsächlich an eine überregionale amerikanische Zeitschrift verkauft worden. Travis schäumte vor Wut.
Julie konnte es ihm nicht verdenken. Sie selbst hätte sich am liebsten in ein Mauseloch verkrochen. Ihre Mutter hatte das Bild gesehen! Und sicher auch ihre Freunde zu Hause. Und deren Eltern. Und Fremde in ganz Amerika, vielleicht in der ganzen Welt, standen an Zeitschriftenkiosken, in Supermärkten, in Tankstellen – und glotzten begierig auf ihre nur durch einen Balken verborgenen Brüste.
Sie stöhnte auf bei dem Gedanken.
„Meine Rechtsanwälte sind an der Sache dran“, versicherte Travis. Aber Julie hatte das Gefühl, dass diese Worte nicht dazu angetan waren, den mächtigen Weingroßhändler Thomas Henry zu beschwichtigen.
Noch bevor Travis gelandet war, hatte Julie drei weitere Anrufe entgegengenommen. Keiner war so beschämend gewesen wie der ihrer Mutter, aber angenehm konnte man die anderen
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