Verfuehre niemals einen Highlander
gewesen wäre.“
Ein Schatten legte sich über Ians Miene. „Sei du kein Narr. An seinem Tod ist niemand außer mir Schuld.“ Tiefe Traurigkeit klang in seiner Stimme mit. Er trieb das Pferd an und ließ seine Brüder stehen, die schließlich wieder im Gasthof verschwanden.
Fragend sah Selina ihn an. „Was hast du mit Andrew gemacht?“
Tief atmete er ein und ganz langsam wieder aus, so als prüfte er sorgsam, was er sagen wollte. „Ich überredete ihn, in die Neue Welt aufzubrechen. Ich schickte ihn fort, um zu erkunden, ob der Clan dort irgendwo siedeln könnte, falls man uns von hier vertreiben würde.“
„Aufgrund meines Briefes?“
„Ohne deinen Brief hätte ich von der Sache nichts gewusst. Aber wie er mit der jungen Frau umging, das war nicht richtig. Es hat unserem Namen Schande gemacht, und das sagte ich ihm auch.“
Selina zuckte sichtlich zusammen. Hatte er mit ihr nicht gerade das Gleiche gemacht? Oder war es weniger unehrenhaft, eine Albright zu überlisten, als eine völlig Fremde? Drew hatte sich Alice gegenüber abscheulich verhalten, hatte ihr Liebe vorgegaukelt, obwohl er in Wahrheit nur ihr Geld wollte. Er hatte sich als reich ausgegeben, hatte sie verführt, damit sie sich nicht weigern konnte, ihn zu heiraten. Und am schlimmsten war, dass er Gerüchte darüber verstreut hatte, um die Sache ganz sicher zu machen.
Alice hatte sich nicht erpressen lassen, und als Selina erkannte, wer ihrer besten Freundin das Herz gebrochen hatte, schrieb sie an Ian und bat ihn, sich seinen Bruder vorzunehmen. Innerhalb einer Woche hatte Drew die Stadt verlassen.
„Er hat nicht fortgewollt. Ich musste Carrick einschalten; der zwang ihn praktisch auf das Schiff. Als nach mehreren Monaten immer noch keine Nachricht von ihm kam, dachte ich, er sei einfach noch wütend. Dann erhielt ich einen Brief. Drew hatte sich einer Gruppe angeschlossen, die neues Land erkundete. Keiner kam zurück. Drew war immer schon waghalsig. Er konnte keinem Abenteuer widerstehen, schätze ich. Anstatt meinen Auftrag auszuführen, zog er los ins Ungewisse. Ein Bekannter schrieb uns, wie es sich zugetragen hatte. Meine Mutter gibt mir die Schuld an seinem Tod.“
„Das ist ungerecht.“
„Ich hätte ihn nicht wegschicken sollen. Er war mein jüngerer Bruder.“
„Er verhielt sich Alice gegenüber völlig herzlos.“
„Aye, doch mit den besten Absichten. Ich habe übrigens nie jemandem gesagt, dass du diejenige warst, von der ich erfuhr, was er im Schilde führte.“
„Oh.“
„Und du solltest es auch für dich behalten“, sagte er mit grimmiger Miene. „Der Clan würde es dir nie verzeihen.“
15. KAPITEL
D as Geräusch galoppierender Pferde veranlasste Ian, sich umzuschauen. Dann fluchte er.
Auch Selina sah sich um, und ihr sank der Mut beim Anblick der roten Uniformen und der blitzenden Ausrüstung, die klirrend das Näherkommen der Miliz verkündete.
Ian zügelte das Pferd. „Sie sollen besser nicht auf den Gedanken kommen, dass wir vor ihnen flüchten“, meinte er trocken. „Eine Kugel pro Woche ist genug.“
Mehr als genug. Selina stählte sich für das Zusammentreffen.
Die Reiter preschten heran und bildeten einen Kreis um sie. Ihr Anführer lenkte sein Pferd dicht an den Wagen. Natürlich war es Lieutenant Dunstan.
Unter seinen blauen Augen standen dunkle Ringe, und er sah müde aus. In seiner Hand hielt er eine Pistole, die er auf Ians Kopf richtete. Er neigte kurz den Kopf. „Lady Selina. – Ian Gilvry, im Namen des Königs verhafte ich Sie wegen der Straftat einer Entführung. Sie werden ohne Gegenwehr mitkommen oder weitere Anklagen befürchten müssen.“
„Und wen soll ich entführt haben?“, fragte Ian.
Dunstan schaute zu Selina. „Diese Dame da.“
„Diese Dame ist meine Gemahlin.“
Dunstan runzelte die Stirn. Auf seinen Wangenknochen bildeten sich rote Flecken. Er senkte die Pistole ein wenig, schaute abermals zu Selina. „Ist das wahr? Sie sind verheiratet?“
„Ja.“
Er errötete tiefer. Wieder hob er die Pistole. „Weil man sie zwang?“
Das war ihre Chance, einen Ehemann loszuwerden, der sie ohne Zweifel überlistet hatte. Ian sah sie an, wartete offensichtlich darauf, dass sie ihn verleugnen werde. Dabei war es dafür längst zu spät. Inzwischen würde er Zeugen benennen können, die genau schildern würden, wie es gewesen war. Sie schüttelte den Kopf. „Nein.“
Sie sah, wie Ian neben ihr seine Haltung lockerte. Guter Gott, hätte er es auf einen Kampf
Weitere Kostenlose Bücher