Verführer der Nacht
Aufmerksamkeit, ein kurzes Aufwirbeln von Erde links von der Stelle, wo der Vampir lag. Noch während er hinschaute, passierte dasselbe an einem halben Dutzend anderer Stellen, bis er und Vikirnoff von einem losen Kreis umgeben waren. Der Boden brach an etlichen Stellen auf, und Ghoule strömten hervor.
»Mach weiter, Rafael«, sagte Vikirnoff. »Ich halte sie in Schach.« Schon ließ er sich nach unten fallen und stieß mit rasender Geschwindigkeit auf einen Ghoul hinab. Er packte ihn am Kopf und warf die Kreatur um, sodass sie auf die vergiftete Erde krachte.
Während um ihn herum ein erbitterter Kampf zwischen Vikirnoff und den Handlangern des Vampirs tobte, konzentrierte Rafael sich darauf, die letzte Barriere aufzuheben, um an Kirja heranzukommen. Mehrmals hörte er Vikirnoff grunzen, wenn er einen besonders hässlichen Hieb einstecken musste, aber Rafael konzentrierte sich ausschließlich auf seine Aufgabe. In dem Moment, als die Barriere fiel, heulten und kreischten die Ghoule vor Zorn und verdoppelten ihre Anstrengungen, die Jäger zu vernichten. Vikirnoff hielt Rafael das Dutzend der von Kirja geschaffenen Kreaturen vom Leib, um ihm die Zeit zu verschaffen, die er brauchte, um die Erdschichten über dem Ruheplatz des Vampirs zu entfernen.
Und dann verschwand endlich der letzte Rest Erde, und Rafael starrte in Kirjas hasserfüllte Augen.
Einen Moment lang herrschte eine unheimliche Stille. Der Vampir war durch die schreckliche Lethargie seiner Art in der Erde gefangen und konnte sich nicht rühren. Du kannst nicht gewinnen, Rafael. Du bist zum Untergang verurteilt. Seine Stimme schnarrte vor Hass, als Rafael seine Faust in die Brusthöhle des Vampirs stieß und das geschwärzte, verrottete Herz seines Freundes aus Kindertagen herausriss.
Kirja schrie auf, und Rafael zischte. Die Säure des Vampirbluts fraß sich durch Haut und Muskeln bis zu seinen Knochen hindurch. Er schleuderte Kirjas Herz auf den Boden, doch bevor er das Organ in Brand stecken konnte, wühlte es sich tief in die Erde, um zu seinem Besitzer zurückzukehren. Finsterer Hass vibrierte in der Luft, gefolgt von Triumph, als das Herz wieder mit seinem Besitzer vereint war. Fluchend stieß Rafael seine Faust ein zweites Mal in die Brust des Vampirs und starrte in die blutunterlaufenen Augen.
Aber es war nicht mehr Kirja, der hilflos in der Erde lag. Rafael starrte Colby an, ihr schönes Gesicht, ihr üppiges Haar, ihre unglaublich weiche Haut, und hielt inne.
»Rafael«, rief sie leise. »Hilf mir!«
»Colby?« Rafael blinzelte, schüttelte verwirrt den Kopf und zögerte einen entscheidenden Moment lang.
Kirja schlug zu. Rafael schrie, und Colbys Trugbild löste sich auf, als die messerscharfen Krallen des Vampirs sich durch Ra-faels Brust bohrten. Atemlos vor Schmerz konnte er fühlen, wie die Hand des Untoten Muskeln und Sehnen zerriss und nach seinem Herzen langte. Kirja stieß einen triumphierenden Schrei aus, und auch Rafael schrie noch einmal, als die scharfen Nägel des Vampirs an sein Herz stießen.
Schmerzen überfluteten Rafael, entsetzliche Schmerzen, wie er sie in all den Jahrhunderten seines Daseins nie erlebt hatte. Einen qualvollen Augenblick lang verkrampften sich seine Muskeln, und dann schrie er wieder, als Kirjas Krallen an seiner Herzwand rissen.
Blut schoss aus Rafaels Brust. Ihm blieb nicht viel Zeit. Er musste es zu Ende bringen, und zwar schnell.
Entschlossen warf er sich auf Kirja. Der Vampir hatte wieder Colbys Gestalt angenommen, aber diesmal zögerte Rafael nicht. Noch einmal rammte er seine Faust tief in Kirjas verrottende Brust. Das säurehaltige Blut fraß sich durch das Fleisch seiner bereits verwundeten Hand, und er schrie auf. Seine Brust brannte, als die scharfen Krallen des Vampirs seine Herzmuskeln zerfetzten. Blut schoss in einem dichten Schwall hervor, doch Rafael konnte es sich nicht leisten, sein Herz stillstehen zu lassen und seine Körperfunktionen einzustellen, um sich zu retten. Kirja musste vernichtet werden.
Noch mit seinem letzten Atemzug würde Rafael Colby und die Menschen, die sie liebte, verteidigen. Solange Kirja lebte, würde er Macht über Paul haben und Colbys Familie in Gefahr bringen. Es musste ein Ende gemacht werden, hier und jetzt. Diesmal würde er sie nicht mit einer weiteren von vielen egoistischen Entscheidungen enttäuschen. Dieses eine Geschenk würde er ihr machen, auch wenn es ihn das Leben kostete. Sie war eine von der Linie der Drachensucher, und sie war stark,
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