Verführer der Nacht
wieder vorkommen. »Ich habe keine Wahl. Du hast mir keine Wahl gelassen.«
Ihr Kummer traf ihn tief. Wut wäre ihm lieber gewesen.
Er konnte nur zustimmend nicken. Natürlich hatte er ihr keine Wahl gelassen. Es gab für keinen von ihnen eine Wahl. Sie waren füreinander bestimmt. »Du hast nichts dagegen, von mir berührt zu werden.«
»Natürlich habe ich etwas dagegen!« Zorn begann sich in ihr zu regen. Er verdunkelte ihre Augen und ließ winzige Funken um die Bettdecke sprühen.
Sein Temperament machte sich sofort bemerkbar. »Du belügst dich selbst ebenso wie mich.« Seine Hand glitt besitzergreifend über ihre Brust und zupfte leicht an der rosigen Spitze. Er beugte sich zu ihr vor, um sie zu beobachten, das hilflose Verlangen in ihren Augen, ihren Körper, der sich wie von selbst an ihn schmiegte. Bewusst schob er seine Hand zwischen ihre Schenkel und traf auf feuchte Hitze. Er hob den Kopf und schaute sie an. »Dein Körper lügt nicht.«
Colby schlug ihm ins Gesicht, so fest sie konnte. Sie hatte wenig Bewegungsfreiheit, aber das Geräusch war in dem Zimmer sehr laut. »Was du mit mir gemacht hast, war nicht besser als eine Vergewaltigung. Was du dir auch vorlügst, etwas anderes war es nicht. Und du kannst es immer wieder tun, aber solange du nicht meine Einwilligung hast – und die hast du nicht! –, ist es Vergewaltigung, wenn du mich anfasst. Ich verabscheue dich und das, was du mit mir machen kannst. Ich will es nicht. Ich mag dich nicht einmal. Und schon gar nicht mag ich von dir angefasst werden!«
Heißer, brennender Zorn stieg in ihm auf wie eine Fontäne, Zorn, weil sie es wagte, ihn abzulehnen, ihn von sich zu stoßen und ihn einen Vergewaltiger zu nennen. Letzteres traf ihn mehr als alles andere. Neben der Unterstellung, ein Vampir zu sein, war es der schlimmste Vorwurf, den er sich denken konnte. Rafael drückte ihre Handgelenke aufs Bett und presste seinen Mund hart auf ihren. Erhatte es als Strafe gemeint, doch in dem Moment, als er sie berührte und seine Zunge in ihren Mund glitt, drang er auch in ihr Bewusstsein ein.
Da war so viel Schmerz. Colby war verzweifelt. Sie mochte ihn nicht und vertraute ihm nicht. Sie hegte für ihn nicht die zärtlichen Gefühle, die eine Gefährtin empfinden sollte. Betroffen löste sich Rafael von ihr, richtete sich auf und fuhr sich durchs Haar. Sie meinte, was sie sagte. Es war nicht gelogen. Körperlich fühlte sie sich zu ihm hingezogen, mehr aber auch nicht. Er hatte sie in Erregung versetzt, in dem Wissen, dass sie unerfahren war, und in der Annahme, es würde ihr nicht unangenehm sein. Er hatte ihr nicht bei ihrem ersten Mal Schmerzen zufügen wollen, doch sie hatte es überhaupt nicht gewollt. Sie hatte ihn nicht gewollt. Er presste seine Fingerspitzen an seine Schläfen.
Was hatte er getan? Karpatianischen Gefährten war es bestimmt, bis in alle Ewigkeit zusammenzubleiben. Colbys Reaktion war ihm unbegreiflich. Er dachte jeden wachen Moment ausschließlich an sie. Und sie wollte, dass er aus ihrem Leben verschwand.
Rafael! Du weinst.
Nicolas' Stimme erklang in seinem Bewusstsein und machte ihn auf das Brennen in seiner Brust aufmerksam. Als Rafael über seine Wange fuhr, entdeckte er eine blutrote Träne an seinem Finger. Er weinte nicht, er war ein Mann! Ein Karpa-tianer und Vampirjäger. Ich verstehe das alles nicht. Es ist ihr Schmerz, den ich fühle. Ich habe ihr etwas Kostbares genommen.
Ihre Jungfräulichkeit gehörte dir. Nicolas betrachtete das Ganze eher pragmatisch. Sie hat keine andere Wahl, als dich zu akzeptieren. Wandle sie um und bring sie nach Hause, dann wird sie sich allmählich damit abfinden.
Rafael wand sich innerlich. Es ging nicht darum, dass er ihr die Jungfräulichkeit geraubt hatte. Er hatte ihr vielmehr das Recht auf eine eigene Entscheidung genommen. Rafael fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. War er so knapp davor, ein Monster zu werden, dass er sich schon wie eines benahm? Ist es so, Nicolas ? Sind wir beide so nahe dran, zu Vampiren zu werden, dass wir nicht mehr ehrenhaft handeln können ? Wenn das zutrifft, gehören wir nicht länger auf diese Erde.
Colby rollte sich auf die Seite und kehrte ihm den Rücken zu. Ihr Körper brannte und pochte, und ihr war schlecht vor Verlangen nach Rafael. Wie sollte sie den Rest der Nacht überstehen? Den Rest ihres Lebens? Sie konnte ihn in ihrem Mund schmecken und ihn auf ihrer Haut fühlen. Sie sehnte sich danach, ihn wieder zwischen ihren Schenkeln zu
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