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Verführer der Nacht

Titel: Verführer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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dunkel. »Haben Sie vor, mir zu folgen?«
    »Sim, Senhorita – ja. Es ist vielleicht nicht ganz ungefährlich für Sie, einen Ausritt zu unternehmen. Don Rafael hat gesagt, dass Sie unter seinem Schutz stehen. Das ist keine Kleinigkeit. Wie auch immer, die família meines Bruders ist auch meine família. Ich möchte für Ihre Sicherheit sorgen.«
    Colby spielte mit dem Gedanken, ihm zu widersprechen, doch ein Blick auf seine entschlossene Miene zeigte ihr, dass sich dadurch nichts ändern würde. Außerdem war sie neugierig. Sie zeigte auf einen Schecken. »Er ist ein zuverlässiges Pferd. In der Scheune hängt ein Sattel, den Sie benutzen können.« Es war der Sattel ihres Vaters gewesen, aber das sagte sie ihm nicht. Sie hatte noch gar nicht an all das Sattel- und Zaumzeug gedacht, das sie bei dem Brand verloren hatten, einschließlich Ginnys maßgeschneidertem Sattel. Ihre kleine Schwester hatte kein Wort darüber verloren. Wie sollte Colby dieses teure Stück ersetzen?
    Colby unterdrückte den Drang, vor Kummer und Schmerz zu explodieren. Wer hat den Brand gelegt? Rafael war mit ihr in der Sattelkammer gewesen. Und was war mit King, Ginnys Hund? Warum hatte er nicht gebellt? Er hatte nicht gebellt, als Rafael zu ihr gekommen war. Daran erinnerte sie sich genau. Sorgfältig zog sie ihren Hut tiefer in die Stirn und warf einen kurzen Blick in Julios Richtung. Angeblich blieb er hier, um auf die Kinder aufzupassen. Konnte sie ihm trauen?
    Während Juan den Schecken sattelte, saß Colby ab und lief über den Hof und ins Haus. Paul und Ginny lagen in ihren Betten und schliefen. King hatte sich an Ginnys Bettende zusammengerollt. Colby gab dem Hund den strengen Befehl, über die beiden zu wachen. Der Border Collie war gut abgerichtet, und sie wusste, dass er Alarm schlagen würde, falls Julio in die Nähe des Hauses kam. In letzter Minute griff sie nach dem Gewehr, das sie oft mitnahm, wenn sie die Zäune abritt. Manchmal traten die Tiere in ein Eichhörnchenloch im Boden und brachen sich ein Bein, manchmal wurden sie von Klapperschlangen gebissen. Für derartige Notfälle brauchte Colby die Waffe. Das Gewehr in der Hand, lief sie zu ihrem Pferd zurück. Juan saß bereits im Sattel. Er schien der geborene Reiter zu sein. Als er ihr Gewehr sah, zog er eine Augenbraue hoch, äußerte sich aber nicht dazu.
    »Mein Bruder war ein hervorragender Reiter«, sagte er, als ihm die Trauer in Colbys Augen auffiel. »Schon als junger Mann hat er uns fast alle ausgestochen.«
    Colby wandte hastig den Blick ab und schluckte den Kloß in ihrer Kehle hinunter. »Er hat mich immer vor sich in den Sattel gesetzt, als ich noch klein war, und ist zusammen mit mir das ganze Gelände abgeritten. Er hat mir Reiten beigebracht.«
    »Sie vollziehen dasselbe Ritual wie er vor dem Aufsitzen.« Juan lächelte bei der Erinnerung. »Wir haben ihn deshalb immer aufgezogen. Er tätschelte das Pferd am Hals, fuhr mit einer Hand über Brust und Vorderbeine und tätschelte es ein zweites Mal, bevor er sich in den Sattel schwang, meistens ohne die Steigbügel zu benutzen.«
    Colby spürte, wie auch in ihr die Erinnerung wach wurde. Armando war ein erstklassiger Reiter gewesen, und er hatte Pferde geliebt. Diese Liebe hatte er an Colby weitergegeben. »Er war unglaublich mit Pferden«, meinte sie. »Ich habe nie einen besseren Reiter gekannt.«
    »Er würde wollen, dass seine Kinder seine família kennen«, sagte Juan sanft.
    Colby beugte sich vor, um ein Tor zu öffnen. »Was haben Sie erwartet? Dass ich Ihnen anstandslos meine Geschwister überlasse? Wildfremden Leuten? Ist es so falsch, wenn ich nicht will, dass meine Familie in ein fremdes Land gebracht wird? Ganz ehrlich, würden Sie das erlauben?«
    Juan schob seinen Hut in den Nacken. »Nein, Senhorita, ich würde meine família nie Leuten anvertrauen, die ich nicht kenne. Armando hat uns auf seinem Totenbett geschrieben und uns gebeten, uns um seine Kinder zu kümmern. Um alle seine Kinder. Es war sein letzter Wunsch, dass Sie mit uns kommen. Mein Bruder hat unmissverständlich klargemacht, dass er Sie als seine Tochter und Erbin ansieht. Wir sind wegen Ihnen allen hier.«
    »Sie kommen fünf Jahre zu spät. Ich habe Ihrer Familie nach dem Unfall geschrieben, und niemand hat sich gerührt. Und vor drei Jahren, als Vater im Sterben lag, habe ich noch einmal geschrieben. In dem Brief stand nicht ein einziges Wort über mich.« Ihre grünen Augen streiften sein Gesicht und huschten weiter. Sie

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