Verführer oder Gentleman? (German Edition)
Widerstreben.“
„Davor würde ich mich nicht fürchten. Es liegt am Duke. Bevor er von meiner Verwandtschaft mit einem Earl erfuhr, hätte er niemals um meine Hand gebeten.“
„Also ist es dein Stolz, der deine Entscheidung beeinflusst. Das weiß ich zu schätzen, weil ich selber sehr stolz bin. Offenbar ist das ein Wesenszug unserer Familie. Du bedeutest mir sehr viel, mein Mädchen, und an deiner Stelle würde ich mich genauso über Lansdownes plötzlichen, zweifellos verdächtigen Sinneswandel entrüsten. Aber lass dich trotz seiner Beweggründe nicht von deinem Stolz leiten. Er soll dich nicht von deinen wahren Wünschen ablenken. Was immer du beschließt, ich sage dir meine bedingungslose Unterstützung zu.“ Seufzend neigte der Earl sich vor und ergriff Juliets Hand. „Wenn ich nach Schottland fahre, werde ich dich vermissen. Du warst eine zauberhafte Gesellschaft. Daran habe ich mich gewöhnt. Natürlich bin ich selbstsüchtig, das weiß ich. Aber ich trenne mich nur ungern von dir.“
„Das musst du nicht, denn ich werde dich begleiten.“ Juliet stand lächelnd auf und küsste seine Wange.
Hocherfreut beteuerte er, nichts hätte er sehnlicher erhofft. „Ich nehme an, das willst du wirklich …“ Nachdenklich schaute er sie an. „Nun, vielleicht wäre es vorteilhaft, wenn du London gerade jetzt den Rücken kehrst.“
„Was meinst du?“
„Falls die Leute glauben, dass der Duke dich hofiert, würden sie jeden einzelnen deiner Schritte mit Argusaugen beobachten und Kommentare darüber abgeben. Jeden Tag müsstest du unzählige Höflichkeitsbesuche ertragen. In allen Klatschspalten würdest du die Hauptrolle spielen. Ein Teil der Tratscherei wäre keineswegs schmeichelhaft. Allzu viele Dukes gibt es nicht, und die Mütter, die gute Partien für ihre Töchter suchen, würden dich glühend beneiden und verunglimpfen.“
Entsetzt hielt Juliet den Atem an. „Oh, das wäre grauenhaft!“ An so etwas hatte sie gar nicht gedacht. „Ein Grund mehr, warum ich mit dir nach Schottland reisen muss! Dann werden die Klatschmäuler bald merken, wie unsinnig ihr Gerede ist, und verstummen.“
Am nächsten Tag wuchs ihr Unbehagen, weil ein großer weißer Rosenstrauß abgegeben wurde. Ärgerlich starrte Juliet die beiliegende Karte mit Dominics Namenszug an. Warum schickte er ihr Blumen? Das wollte sie nicht. Er sollte sie nicht mit romantischen Gesten umwerben. Sonst begann sie womöglich zu glauben, sie würde ihm etwas bedeuten.
Natürlich liebte er sie nicht – aber der brennende Schmerz in ihrem Herzen bewies ihr, wie verzweifelt sie das Gegenteil ersehnte.
Drei Tage später suchte Dominic das Haus am Piccadilly auf und erfuhr von der Haushälterin, der Earl und Lady Juliet seien nach Schottland abgereist. In absehbarer Zeit würden sie nicht zurückkehren.
Zorniger denn je verließ Dominic das Haus. Halsstarrige kleine Närrin! Wollte sie ihn zur Raserei bringen?
In aller Eile steuerte er das Haus seiner Schwester an, das nahe seinem eigenen in Mayfair lag. Die Stirn düster gefurcht, marschierte er rastlos auf dem Teppich des Salons umher.
„Offenbar bist du schlecht gelaunt, Dominic“, bemerkte Cordelia. „Pass bloß auf meinen Teppich auf! Den darfst du nicht so abnutzen … Was bedrückt dich denn?“, fragte sie ungeduldig. „Hör endlich auf, wie ein Verrückter herumzulaufen!“
Abrupt blieb er vor dem Sessel stehen, in dem sie saß. „Juliet.“
„Was ist mit ihr?“
„Sie hat sich nach Schottland begeben. Wie konnte sie es wagen?“
„Ah, ich verstehe. Das finde ich nicht ungewöhnlich. Begreiflicherweise möchte sie den Landsitz ihrer Ahnen sehen. Hat sie dir nichts von ihren Plänen erzählt?“
„Solche Vertraulichkeiten pflegt sie mir nicht mitzuteilen“, presste er zwischen knirschenden Zähnen hervor.
„Kein Wunder, dass du erzürnt bist – nachdem das Schicksal dir so grausam mitgespielt hat …“
„Wohl kaum das Schicksal“, höhnte er. „Eher eine raffinierte junge Dame, der es Spaß macht, mich bei jeder Gelegenheit zu provozieren.“
„Hast du Juliet einen Heiratsantrag gemacht, Dominic?“
„Ja.“
Da strahlte Cordelia über das ganze Gesicht und sprang auf. „Oh, wundervoll!“
„Ganz und gar nicht! Diese Nervensäge hat mich abgewiesen.“
„Tatsächlich?“ Ihre Brauen zogen sich zusammen. „Hast du Juliet um ihre Hand gebeten? Oder einfach nur verkündet, du wirst sie heiraten? Ach, du lieber Himmel … Klar, das sieht ihr ähnlich.
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