Verführerische Julia
nahm Sally den kleinen Jake mit in ihre Suite. Es war das erste Mal, dass er nicht bei Julia schlief. Während Sally das Ganze als großes Abenteuer betrachtete, war Julia besorgt.
Cameron bestellte Champagner zu den Gourmet-Häppchen, die auf der Hochzeitsfeier übrig geblieben waren. Während er die Flasche öffnete, schlüpfte Julia aus ihrem Brautkleid und zog sich etwas Bequemeres an.
Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte, hielt sie abrupt inne und sah Cameron panisch an. „Hat Sally auch an die Feuchttücher gedacht?“
„Ich weiß nicht …“
„Am besten sehe ich mal schnell nach.“ Sie machte auf dem Absatz kehrt und verschwand in ihrem Schlafzimmer, war aber schon einige Sekunde später wieder zurück. „Sieht ganz so aus, als hätte sie sie mitgenommen.“
„Julia, jetzt entspann dich mal.“ Lächelnd drückte er ihr ein Glas Champagner in die Hand.
„Du hast ja recht, ich führe mich wirklich albern auf.“ Nachdem sie einen Schluck getrunken hatte, setzte sie sich auf die Couch, sprang aber sofort wieder auf. „O nein, ich habe vergessen, die Flaschenbürste mit einzupacken!“
„Glaubst du wirklich, dass Sally Fläschchen abspülen wird?“
Seufzend sank Julia wieder auf das Sofa. „Natürlich nicht. O Gott, es ist zum Verrücktwerden.“ Nach einem weiteren großen Schluck Champagner gelang es ihr, sich wenigstens ein bisschen zu entspannen. „Wahrscheinlich vermisse ich Jake einfach zu sehr.“
Lässig stützte sich Cameron mit dem Ellenbogen auf dem Kaminsims ab. „Immerhin hast du ihn in den letzten zwölf Monaten die ganze Zeit bei dir gehabt. Frag mal, wie es mir geht! Ich habe ihn ja jetzt erst …“
Als er bemerkte, wie sich Julias Blick verdunkelte, brach er betreten ab. Am liebsten hätte er seine Worte sofort wieder zurückgenommen, aber es war zu spät. Julia funkelte ihn wütend an. „Willst du mir etwa immer noch die Schuld dafür geben, dass du nichts von Jakes Existenz gewusst hast?“
„Nein, nein“, erwiderte er beschwichtigend.
Doch Julia war schon aufgesprungen und knuffte ihm aufgebracht in den Arm. „Du hättest nur ein einziges Mal ans Telefon zu gehen brauchen. Aber dafür war sich der Herr ja zu schade.“
„Du hast vollkommen recht, Julia. Nur, damals hatte ich einfach den Eindruck, dass du … na ja, ein bisschen durchgeknallt warst.“
Julia erstarrte und blickte empört zu ihm auf. „Durchgeknallt? Ich war nicht durchgeknallt! Ich war … einfach nur sehr engagiert.“
In diesem Augenblick wurde ihm klar, dass sie noch nie wirklich über all die E-Mails gesprochen hatten, und auch nicht darüber, warum er nie geantwortet hatte. Vielleicht war ihre Hochzeitsnacht nicht unbedingt der richtige Zeitpunkt, um sich das Thema vorzuknöpfen, doch früher oder später mussten sie sich sowieso damit auseinandersetzen. Seufzend sagte er: „Julia, du hast mir vier E-Mails an einem einzigen Tag geschickt! Findest du nicht, dass das ein bisschen durchgeknallt wirkt?“
Abwehrend verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Dann hast du meine E-Mails also gesehen?“
„Ja, das habe ich“, erwiderte er nüchtern. „Die erste, in der du mich aufgefordert hast, dich anzurufen, habe ich sogar geöffnet. Und kurz darauf hätte ich mich auch fast bei dir gemeldet. Aber dann habe ich gesehen, dass du mir am selben Tag noch drei weitere Mails geschickt hast. Und da dachte ich … na ja, eben, dass du …“
„Dass ich durchgeknallt bin“, warf sie ein und begann, unruhig auf und ab zu laufen.
Er zuckte mit den Achseln. „Schätze schon! Aber das ist doch alles Vergangenheit. Komm, lass uns das alles vergessen und den Abend genießen.“
Doch Julia war ganz offensichtlich nicht bereit, das Thema ruhen zu lassen. Erschrocken stellte Cameron fest, dass ihre Wut anscheinend verpufft war und sie stattdessen einfach nur sehr verzweifelt aussah. „Cameron, ich war schwanger und vollkommen allein. Findest du es wirklich verwunderlich, dass ich ein bisschen durchgeknallt war?“
„Ich mache dir doch auch überhaupt keinen Vorwurf“, erklärte er ruhig. „Aber ich möchte, dass du weißt, wie die Situation aus meiner Perspektive aussah. Im Nachhinein könnte ich mir natürlich dafür in den Hintern beißen, dass ich dich nicht angerufen habe. Aber damals fühlte sich die Entscheidung absolut richtig an. Ich wollte mich schützen!“
„Na klar, weil dir die Frauen scharenweise hinterherlaufen und dir keine ruhige Minute lassen.“
Er hatte nicht vor,
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